Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

176 würdig ist, daß man auch die eigentliche Monstranz mit Heiltümern verzierte 418 ) . In der Verehrung der Reliquien und Andenken an hl. Stätten oder Personen lebte eine ältere Ausdrucksform der Frömmig·keit ihr unge- brochenes Leben bis zur Zeit der Glaubensspaltung, ohne daß für das Land ob der Enns besondere Formen oder Auswüchse nachzuweisen wären. Allgemein läßt sich sagen, daß die Trennung der Reliquienver- ehrung von der Heiligenverehrung· und die starke Erweiterung des Be- g riffes Reliquien im Sinne von relig-iösen Andenken der altehrwürdigen Verehrung echter Reliquien nicht zum Vorteile g·ereichte. Neben be- rechtigter Liebe zu den Heiligen machten sich Sammelwut und Schau- lust, Unkritik und Aberglaube breit und prägten dieser Ausdrucksform der Frömmigkeit Merkmale der Veräußerlichung auf. Dies wird auch derjenige fes tstellen müss en, der weiß, welche primitive Gegenstände im Herzen des einfachen Volkes Funken schlagen, und daß volkstüm- liche Frömmigkeit nicht immer die Wege der Liturgie geht. IV. Die sozial-karitativen Stiftungen. 1. Grundsätzliches. Zu den wertvollsten Erscheinung·en im Land ob der Enns an der Wende des 15. zum 16. Jahrhundert gehören die sozial - karitativen Einrichtungen auf dem Gebiete der Armen-, Kranken- und Altersver- sorgung·. Das durch die sozialen Kämpfe der Gegenwart geschärfte Auge gewahrt Auffassungen und Anstalten, die leider der Geist der Absolutismus verschüttete, bis sie durch die Aufklärung t eilweise wieder zum Leben erweckt wurden, um dann neuerdings in den Hinter- grund g·edrängt zu werden. Man muß sich klar sein, daß es sich bei diesen verschiedenen Haltungen in erster Linie .um verschiedene Wer- tungen der Menschenwürde und der Menschenrechte und erst in zweiter Linie um schwankende Zustände handelte. Im tiefsten Grund liegt auch in der Sozialentwicklung der auf allen Gebieten feststellbare Prozeß, Loslösung von der Kirche, vom Christentum, von jeder Religion vor. In der Zeit von 1490-1525 lag der Löwenanteil aller Soz ialeinrichtun- gen bei der noch ungespalteten Kirche. Nach der Glaubensspaltung ging der Fürsorgegedanke zunächst in die Hände beider Bekenntnisse über, gedieh anfänglich sogar unter dem Druck gegenseitigen Wett- bewerbes, verdorrte jedoch mit dem Schwinden des positiven Christen- tums und seiner Auswirkungen auf die Gesellschaft weitg·ehend, bis die Aufklärung unter der Flagge der Humanität die verlodernde 41 8 ) 1461 Juni 7 übergab z. B. Ritter J örg Perkheimer, Pfleger zu Wolfsegg, der sich in der Kirche von Schöndorf eine Kapelle gebaut ha tte, dem Richter und Rat von Vöcklabruck eine Monstranz von vergoldetem Silber mit einem breiten Glase, worin sich etliche Stück Heiltümer befanden. Auf dem Fufl der Monstranz war das Wapp e n des Perkheimers und seiner Hausfrau aufgelegt. Die Stadtväter soll ten die Monstranz verwahren unter der Bedingung, daß dieselbe jährli ch zur K irchweihe nach Schöndorf gebracht werde. Stülz J., Vöck labru ck, S. 37 f. Die Monstranz verschwand in der Reformationszeit und tauchte erst 1609 ,vieder auf.

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