Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

175 die S c h a t z k a m m e r n der Kloster- und Stadtkirchen in Museen und geistliche Raritäten kam m er n verwandelte. Sie sind viel- fach die R e i s e s e h e n s w ü r d i g k e i t e n der damaligen Zeit. Die Tagebücher der Reisenden vergessen nie die Besichtigung des „Heil- tums" und der Kleinodien berühmter Kirchen. Die Vermehrung dieser Schätze ist also auch unter dem Gesichtspunkt der Anziehungskraft für Fremde und vornehme Gäste zu betrachten. Wie allgemein das Interesse am „Heiltum" war, zeigt die Spanienreise der erbländischen Ständevertreter im Jahre 1520 412 ) . Sogar der Tadikale und später als Führer der Ständerevolution hingerichtete Wiener Bürgermeister Dr. Copinitz verzeichnet in seinem Tagebuch bei Venedig: ,,Uns ist das Heiltum gezeigt worden und Kleinod, so sie fast köstlich haben", und bei Rom neben dem Fußkuß, den sie ,Leo X. leisteten: ,,Die Ve- ronica ist uns zeigt worden und ander fast viel Heiltum" 413 ). Solche· Eintragungen offenbaren die ganze Mächtigkeit der Heiltumsverehrung auf das Gemüt ;jener Zeit. Dieser tiefen Verehrung entspricht auch die Obsorge um die Reliquien in den Testamenten und E r b v e r t r ä g e n adeliger Vögte und Kirchherren. Christoph von Zelking Iegte testamentarisch (1490 Oktober 28) fest,' daß keiner seiner Söhne, deren Witwen und Erben, gefaßte oder ungefaßt e, vergoldete oder unvergoldete Heiltümer von Schloß Weinberg, von St. Wolfgang zu Kefermarkt oder von einer (Vogtei) Kirche weggeben dürfe. Das gleiche beschließt der Erblasser, gewitzigt durch eine Witwe zu Zel- king, deren Freunde zahlreiche Kelche und Heiltümer aus der Schloß- kirche weggeführt hatten, für Schloß und Pfarrkirche Zelking und alle seine Vogteikirchen in Österreich unter der Enns 414 ). In der Erbeinigung zwischen Siegmund Ludwig von Pollheim und Cyriak von Pollheim zu Wartenburg, Wels 1519 Andreastag, vermachte Siegmund Ludwig dem Cyriak seinen Teil an allem Heiltum, Meßgewand, Kelchen und anderer Zier bei den Kapellen Pollham und Parz 415 ) . Gewiß spielt bei dieser Obsorge auch die Tatsache mit, daß die Reliqui en infolge der kost- baren Fassungen Wertgegenstände waren. Den Höhepunkt der Re- liquienverehrung· bildeten die „H e i 1t u m s p r o z e s s i o n e n", feier- liche Umzüge, bei denen Schaureliquien mitgetragen wurden. Das Münzbacher Pfarrurbar von 1517 z. B. unterscheidet Ausgänge der Pfarrmenig mit Heiltum oder Kreuzu 0 ) . Die ·Dienstordnung der Lauren- tiuskirche in Enns von 1500 vermerkt am Festtag eine Reliquienüber- tragung unter Vorantritt zweier Knaben mit brennenden Kerzen zum Altar der Maria Magdalena, wo die Messe zu Ehren der hl. Dreifaltig- keit gelesen wurde 417 ). Gerade mit Rücksicht auf diese Umgänge er- hielten manche Reliquien die kostbaren Fassungen. Reliquienbehälter in Form von Monstranzen oder -Ciborien waren keine Seltenheit. Merk- 4 1 ') Eder K., Die Stände des Landes ob der Enns, 1519- 1525, 11. Sonderheft der Heimatgaue, S. 23 ff. 410 ) Bucholtz F., Geschichte Ferdinand I., Bd. I, S. 488. 414 ) Oberchristi F., Der gotische Fliigelaltar zu Kefermarkt!, S. 8. 415 ) Hoheneck J ., Geneal ogie, Bd. II, S. 84. 416 ) Diözesanarchi v, Bd. XLII. 417 ) Schiffmann K., Eine Dienstordnung nsw., AGDL., Bd. I (1904) , S. 151.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2