Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

171 eine ganze Anzahl örtlich verschiedener Kirchen zur Seite, so daß die Patrozinien und Dedikationstage zu verdreifachen, ja zu verzehn- fachen sind. Zur reibungslosen Feier all dieser Tage war dem.nach ein genauer Plan notwendig, bei dessen Erstellung auch wirtschaftliche Verhältnisse ihr Wort mitsprachen 300 ) . Bedeuteten Patrozinium und Kirchweihe Eckpfeiler in der Hei- ligenverehrung einer Pfarre, so brachten die AI t a r p a t r o z i n i e n eine erdrückende Fülle von neuen Möglichkeiten des Heiligenkultes. Drei Altäre waren die Ausstattung einer geringen Kirche. Größere Kirchen hatten fünf und sieben, große Stadtpfarrkirchen wie Steyr über 20 Al- täre. Ähnliches gilt von den Klosterkirchen. Selbst wenn man nur das Patrozinium des führenden Heiligen eines Altares feierte, so kann man sich vom Umfang der kirchlichen Heiligenverehrung in der Zeit von 1490-1525 eine Vorstellung machen, denn das Gesagte gilt für alle Kirchen und Kapellen eines Ortes 400 ). Ohne Zweifel trug diese Anhäu- fung den Keim zur Ermüdung und Übersättigung in sich, so daß der rasche Umschwung in der Heiligenverehrung psychologisch durchaus verständlich ist. Die v o 1k s t ü m 1i c h e W u r z e 1 d e r H e i 1i g e n- v e r e h r u n g konnte freili ch auch nach der Verbreitung des Luther- tums nie abgetrennt werden. Um die Scharen auf den Altären, Kon- solen, Wänden und Fenstern, die ehedem das Opfer des Neuen Bundes auf dem hl. Tisch umbrandeten, war es stiller geworden, viele Ge- stalten waren verschwunden, aber der Grundgedanke, der Glaube an die Vorbilder und Fürbitter, war geblieben. Jede tiefeinschneidende Zeitnot brachte der alten Heiligenverehrung neuen Auftrieb. Folgender Fall ist lehrreich für di e starke Verwurzelung des Glaubens an ein- zelne Schutzpatrone. 1603 ist gewiß noch kein Jahr des Sieges der Gegenreformation. Als 1602 der Landeshauptmann Hans Jakob Frei- herr von Löbl, der entschiedene Gegner des obderennsischen Protestan- tismus, gestorben war, hatte er mit seiner gegenreformatorischen Aktion im Anschluß an den zweiten Bauernkrieg sicherlich noch keinen Sieg errungen. Der neue Kurs der Regierung ging· vielmehr bei gleichbleiben- der Haltung des größten Teiles der Bevölkerung von statten. Umso mehr fällt es dann auf, daß 1603 die Bürgerschaft von Linz zum Dank für die glücklich überstandene Pest einen silbernen Sebastiansaltar stiftete und eine Sebastiansbruderschaft errichtetet 01 ). Der Abschnitt über den Heiligenkult kann nicht geschlossen werden ohne einen Hinweis auf die große B e d e u tun g d e s K i r- c h e n ja h r es für die Verehrung und Anrufung heiliger Patrone. Die Heortologie, welche uns über die zahlreichen Feste aller Gradabstufun- 39 ' ) Die Konsekrationsurkunde der Kirche St. Ulrich bei Steyr von 1493 September 29 bestimmte den Dedikationstag auf den Sonntag nach dem Markt in Steyt (.,dominica proxima post nundinas in Civitate Steyr"). Register des Stif tes Garsten, Hs. 3 im Diözesanarchiv, BI. 65 . • 00 ) Im Rever s des Hans Lueger, des Begründers der Kapelle im Bruder- haus von Steyr aus dem Jahre 1511 Juni 3 heißt es, daß der Pfarrer von Steyr alle Patrozinien dieser Filiale verrichten solle, wenn er woll e. Register des Stiftes Garsten, BI. 106'. • 01 ) Beiträge zur Chronik der Stadtpfarre in Linz, LQSch., Bd. XV (1862), s. 469.

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