Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

163 ausbedungenen Bitten für die Stifter sind außer den Sonntagen mit Vorliebe auf Marientage festgesetzt. Als Altar für die Zelebration ist oft der Frauenaltar verlangt. Einen weiteren Beitrag für die Kenntnis der Marienverehrung des Landes liefert die G l o c k e n k u n d e. In- folge des dreimaligen Aveläutens besteht ein innerer Zusammenhang zwischen Glocken und Liebfrauenverehrung. Die Erforschung der Na- men, Abbildungen und Umschriften der Glocken ist nicht nur volks- kundlich, sondern vorzüglich vom Standpunkt der Volksfrömmigkeit aus eine überaus dankenswerte Aufgabe. Es zeigt sich, wie sich ein gemeinsames Band um die Namengebung der Kinder in der Taufe, die Patrone der Kirchen und :Altäre, die religiöse Tages- und Wochenheili- gung bis zu den Glocken hinauf schlingt . Anrufung und Bildnis der lieben Frau fehlt in keinem Geläute 382 ). Mit tausenJ Fäden ,war also das Volk des Landes ob der Enns mit der Liebfrauenverehrung ver- bunden. Das Luthertum veränderte das religiöse Denken auch auf diesem Gebiete. Wie schon erwähnt, richtete sich der erste literarische Angriff im Land ob der Enns gegen die alte Kirche 1524 auch gegen die Marienverehrung. Es ist jedoch beachtenswert, daß die immer mehr sich vergröbernde Polemik im 16. Jahrhundert wohl zahlreiche Aus- fälle gegen die Messe als Götzendienst, den Papst als Antichrist, die Priester als blinde Führer und einen Teil der Sakramente als Menschen- tand machte, daß aber die Angriffe gegen die Marienverehrung ver- hältnismäßig nicht so stark hervortreten. Wohl eiferten Apostaten, wie der berüchtigte Benedikt Gstettner, Prädikant auf der Sarleins- bacher Filiale St. Leonhard 1595, daß die Pfaffen nichts predigten, als man solle die Heiligen anbeten, sonderlich beatam Mariam 383 ), aber das Echo des Volkes in dieser Frage scheint nicht übermäßig groß ge- wesen zu sein. Die marianischen Stiftungen erloschen freilich und aus der jahrzehntelangen Konfessionsmengerei schälte sich allmählich beim größten Teil des Volkes die lutherische Geisteshaltung heraus. Doch sind zwei Tatsachen festzuhalten. Nie erlosch die Marienverehrung in Österreich ob der Enns g·anz, die katholische Erneuerungsbewegung konnte noch an bestimmte Reste anknüpfen und diese zur Aufbauarbeit verwerten. Und es gab im Land keine Bilderstürme mit der Vernichtung des religiösen Kunsterbes der Vorzeit. Daher gleitet noch heute der mütterliche Blick der Madonna vom Schrein des Pacherschen Marien- altars in St. Wolfgang auf den Besucher und beglückt auch im Zeit- alter des Weltverkehres und der Maschine, lange nach der Not und dem Sturm der ,Glaubensspaltung, das verweltlichste Menschenkind. 382 ) Die schon erwähnten 3 Glocken des Propstes Siegmund Zerer von Schlägl (1522-1533) sahen so aus: Die erste (,,Zererin") trug oben die Umschrift: Ave Maria, gratia plena, Dominus tecum, bened. Unten: Sigismundus Praepositus Plagensis me fieri fecit . Anno Dni 1530. Laus tibi Deus, die Bilder des hl. Gabriel und Sigismund mit dem Wappen. Auf der großen Michaelsglocke stand: Sigis - mundus Probst zum Schlögl hatt Lossen güessen mich 1531. 0. s. Michael ora pro - - Oben Ave Maria gratia plena, Dominus tecum. Bildnisse: Maria mit Kind, hl. Agnes mit dem Wappen des Propstes, darunter< ein Lamm, St. Michael und Mag- dalena. Au f der dritten (,,Aveglocke") stand: Veritas vim patitur. Anno Dni 1532. Bildnisse: der Gekreuzigte und Petrus. All e drei 'Gl ocken haben a l so eine Be- ziehung zur Marienverehrung. ' 88 ) Czerny A., Der zweite Bauernaufstand in Oberösterreich 1595-1597, S. 62. 11*

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