Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

148 sammenhänge mit der Errichtung oder dem Ausbau von Kirchtürmen wie mit der am Ausgang des 'Mittelalters üblich gewordenen religiösen Tagesauffassung. Zu dem seit 1300 eingebürgerten Angelusläuten am Abend, entstanden aus dem Glockenzeichen zur Abdeckung des /Feuers, entwickelte sich unter dem Einflusse steigender Marienverehrung seit Anfang des 15. Jahrhunderts das Glockenzeichen am Morgen und nach 1400 das Freitagsgeläute zur Erinnerung an den Tod des Heilandes 314 ). Zu Beginn des 16. Jahrhunderts besteht bereits das heutige dreimalige Tagesgeläute. Wie überall ist auch für das Land ob der Enns die Ver- wendung der Glocke als Sturm- oder Alarmsig·nal bei Überfällen durch Raubritter (,,Heckenreiter") und entlassene Landsknechte (,,Gart- knechte") bezeugt. Aus Furcht vor dem Niederbrennen der Höfe wagen es allerdings die bedrängten Bewohner oft nicht, den Glockenstreich zu geben. Beim allgemeinen Aufgebot in den Bauernkriegen, wie bei drohender Türkengefahr spielte der Glockenstreich neben dem „An- sagen" und den „Kreidefeuern" eine Hauptrolle. Diese Rolle der Glocken als Verständigung·smittel in Notzeiten, wie ihr inniger Zu- sammenhang mit dem Volksleben und religiösen Brauchtum führte zu zahlreichen Glocken- und Läutes tiftungen in der Zeit von 1490-1525 315 ). Ein innerer Zusammenhang besteht zwischen der Stiftung von C h o r g e s t ü h 1 und von O r g e 1 11 310 ) . Das eigentliche Chorgebet wurde in Klöstern, Städten, aber auch in Märkten von der Priesterschaft gemeinsam verrichtet. Daneben bestehen zahlreiche liturgische An- dachten, besonders die Totenvigilien und Vespern vor den vielen Feiertagen, zu denen sich der Klerus im Chor versammelte. In den Stiftung·surkunden neuer Benefizien heißt es regelmäßig, daß sich der Benefiziat an Festen, zu Umzügen und Vigilien im Chorrock bei "') Eine obderennsische Glockenkunde bea1·bei tet Kanonikus F l orian Ober- christi. Vergl. die Aufsätze „Glocken", HG., Bd. IV (1D23), S . 91 ff. und 382 ff., „Glockenwanderungen", HG., Bd. VI (1D25), S. 57 ff., ,,übel' Glocken", HG., Bd . X (1929), s. 279 ff. • 10 ) Beispiele : 1498 läßt Dechant Leonha rd Loder von Freistadt die große Glocke fiir Rainbach bei Frei s tadt gießen. Eine der kunstgeschi chtli ch wert- vollsten Glocken des La ndes, die große Glocke von Kirchberg bei Kremsmünster, stammt, wie a uch die k leine Gl ocke, a us dem J ahre 1508. Engelhart G., Die Glocken von Kirchberg bei Kremsmünster; HG., Bd. IV (1923), S. 95. Die große Glocke von Kefermarkt stammt aus 151G. Im Jahre 1517 Mai 31 genehmigte Papst Leo X. die Läutestiftung des Bürgers Wolfgang' Ahamer von Vöck labruck, daß jeden Donnerstag abends (Todesangst Christi), Freitag (Scheidung) und Sams- tag (Ehren MarHi) die Glocke geHiutet werde. 1521 August 3 erfolgte eine Zu- stiftuug. Fiir das „Wull-Liiuteu" (vermöge der Bulle) an di esem Tag und am Vorabend aller Frauenfeste werden 48 d ausgeworfen. Die Urkunden im Stadt- archiv Vöcklabruck. 1522 wurde die Stiftung fiir ein Bruderha us verwendet. Stülz J., Vöcklabruck, S. 44. Neue Glocken begegnen auch noch nach E inriß der Glauben sspaltung. So ließ Propst Siegmund Zerer von Schlägl (1522-1533) in den Jahren 1530- 1532 drei Gl ocken für die Stiftskirche gießen: die große (1531), die mittl ere oder „Zererin" (1530) und die Aveglocke (1532). Letztere trug die Inschrift „Veritas virn patitur", wohl eine Anspielung auf die Glaubensspaltung. Oberchristi F., Glockenkunde der Pfarre Aigen, MB., Bd. XV, S. 110. 816 ) Kremsmüns ter z. B: erhielt unter Abt Johannes I. Schi-ein 1513 eine Orgel und 1515 ein neues Chorgestühl. Fitr die Orgel zahlte das K l oster au Gregor Enuser G70 Pfund, fiir das Gestühl au den' Passauer Meister Hans Frei- dank 416 Taler. Dorn T., a. a. 0 ., S. 29.

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