Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

123 R e c h t s s t e 11 u n g· der Meßstiftungen gehört die Beachtung ge- wisser Förmlichkeiten bei der Tätigung des „Geschäftes" und die Auf- sicht über die Erfüllung der Stiftungen nach Vollzug der Rechtshand- lung. In ersterer Hinsicht sind bei Lebenden die Willenserklärung des Stifters in der rechtsgiltig abgefaßten und ausgestatteten Stiftungs- urkunde, die Übergabe der Dotation an den Zechschrein oder die Pfarr- pfründe, nötigenfalls die Erlaubnis des Vogtes oder des Stadtmagistra- tes sowie die Gegenäußerung oder Bestätigung des Pfarrers, bei Le- gaten Testierfreiheit des Erblassers sowie Beachtung der Rechte der Schuldner und der nahen Blutsverwandten erforderlich. Die Anfech- tung von Legaten zu Meßstiftungen kommt nur ausnahmsweise vor. Die noch der katholischen Zeit angehörige Stimme des Innsbrucker Ausschußlandtags von 1518 hebt die große Zahl der Meßstiftungen hervor, tadelt dagegen in scharfer Form die Nachlässigkeit und Un- treue in der Erfüllung der Meßverpflichtungen. Die Forderung nach ausreichenden Sicherungen der Stiftungen durch Anlage von Stiftungs- listen und doppelte Führung derselben zwecks Kontrolle wirft auf die Lebenskraft und Dauer der Stiftungen im allgemeinen kein günstiges Licht. Der Ruf nach besserer Rechtsstellung der bereits getätigten Stiftungen durch urkundliche Sicherung und genaue Überwachung darf indes nicht einfach so gedeutet werden, als hätte böser Wille und Schlendrian die Stiftungen ganz willkürlich beseitigt. Die erhaltenen Pfarrurbare aus der Zeit vor 1525 und nicht zuletzt die Visitation von 1544 reden für das Land ob der Enns eine andere Sprache. Vom jähen Abbruch der Meßstiftungen um 1522 war bereits oben die Rede. Luthers Polemik gegen den „Götzendienst" der Messe und gegen die Werk- heiligkeit knickte ni cht nur den Stiftungstrieb, sondern die Ein- -.,yurzelung der Glaubensspaltung bedeutete auch den Tod der alten Stiftungen. Schon 1544 sind die Stiftungen überall zusammengeschmol- zen, viele gänzlich abgekommen, andere zusammengelegt. Die weit fortgeschrittene Verprotestantisierung in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts breitete ein Leichentuch über das einst so blühende Gefilde der Meßstiftungen. Bereits der erste Versuch der Gegenrefor- mation, 1598 bis 1602, griff auf die Pfarrurbare und Stiftsbriefe zurück und suchte, gestützt auf die Verbriefung der Stiftungen, das katholische Leben von ehedem wieder zu wecken. Diese grundsätzliche Maßnahme lehrt wenigstens das eine, daß die vorreformatorischen Meßstiftungen im Land ob der Enns rechtlich in gutem Stand gewesen sein müssen. II. DasGotteshaus (KirchenbautenundKirchenausstattung). Erster Teil. Die Kirchenbautätigkeit von 1490 bis 1525. 1. Grundlagen und zusammenhänge. In der Geschichte des Kirchenbaus im Land ob der Enns müssen die zweite Hälfte des 15. und das erste Viertel des 16. Jahrhunderts als H ö h e p u n k t u n d B l ü t e z e i t d e r B a u t ä t i g k e i t be- zeichnet werden. Seit dem allgemeinen Übergang von den alten Holz- bauten zu Steingebäuden im Frühmittelalter ist kein so gewaltiger

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