Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

113 Testierfreiheit des geistlichen Erblassers. Schwere Zusammenstöße zwischen den Vögten und den Dekanen waren die unausbleibliche Folge. Führte der drohende Zusammenbruch der alten Kirche von selbst eine übermäßige Machterweiterung der Vögte herbei, so traf der Gegenstoß der politischen Gegenreformation im lutherischen Adel auch dessen Vogteigerechtsame. Der grimmigste Kampf aber ging um In- ventur, Sperre und Posseß des erbgelassenen Priestergutes. Auch ·die Klöster übten auf den inkorporierten Pfarren das Spoliationsrecht aus und das regelmäßig nachgesuchte Privileg, die Stiftspfarren mit Sä- kular- oder Regularklerikern besetzen zu dürfen, begünstigte diese viel- fach schädliche Gepflogenheit. Die Vögte änderten in manchen Fällen die Spoliation in eine Steuer oder in Meßverpflichtungen um, während sich die Kirche mit einer Abgabe an das Gotteshaus oder den Bischof (=Ferto) begnügte und dafür dem Kleriker Tes tierfreiheit gab. Im all- gemeinen sind diese Umwandlungen Zeichen guter Beziehungen zwischen den Vögten und ihren Pfarrern und für die Frage nach dem Verhältnis -zwischen Klerus und Laien wi chtig. Der Verzicht auf die Spoliation, also auf eine unter Umständen bedeutende Geldsumme gegen Meß- verpflichtungen, beleuchtet den Stiftungstrieb in schöner Wiese von der r eligiösen Seite. Ein großzügiger Verzicht auf die Ausübung des Spoliationsrechtes Brfolgte 1484 durch H e inri c h und Christoph von Li c ht e n- s t e in zu Nikolsburg, Besitzer der Herrschaften Steyregg, Reichen- stein u. a . Die zwei Ritter hatten als Herren und Vögte der Kirchen- lehen den vogtuntertänigen Pfarrern die Erlaubnis g·ewährt, ihren Nachlaß nach dem Schlüssel: ein Drittel der Kirche, ein Drittel zu fre ier Verschaffung, ein Drittel notdürftigen Verwandten, zu vergaben. Als Gegenleistung waren 2 J ahrtage (Montag nach ·dem Auffahrtstag und Montag nach St. Martin) in Steyregg oder auf einem anderen Lichtensteinischem Schloß im Land ob der Enns ausbedungen, wohin <lie Pfarrer über Anforderung· und auf eigene Kosten zu kommen hatten. Den Revers (1484 April 26) unterzeichneten folgende 21 Pfarrer und Vikare 47 ) : In der Herrschaft Ruttenstein Merth Seczleich, Pfarrer -zu Königswiesen, Michael Grießpeckh, Pfarrer zu Weissenbach, Hans S tainprucker, Pfarrer zu Pierbach, Wolfgang Römer, Pfarrer zu Schönau. In der Herrschaft Reichenstein: Wolf Oleutter, Pfarrer zu Wartperg, Siegmund Vimger, Kaplan zu Reichenstein, Hans Wasner, Pfarrer zu Weitersfelden. In der Herrschaft Steyregg : Wolfgang Hohen- rainer, Pfarrer zu Naarn, Hans Speiler, Pfarrer zu St. Pantaleon, Georg Hirsch!, Pfarrer zu Altenburg, Lienhard Striettel, Pfarrer zu Haselbach, Christoph Hohenberger, Pfarrer zu St. Peter in der Au, Hans Schmidt, Pfarrer zu München bei Ebelsberg. In der Herrschaft Waxenberg: Georg Diemb, Pfarrer zu Gramastetten, Friedrich Hammerschmied, · Pfarrer zu Leonfelden, Lienhart Vogelhuber, Pfarrer zu Weissen- bach, Ruprecht Müller, Pfarrer zu Oberneukirchen, J akob Groman- stätter, Pfarrer zu St. Johann, Friedrich Lang, Pfarrer zu Ottensheim, ") Handel-Mazzetti V., Die Kapelle in Haselbach u sw., LMB., Bd. LXVI (1908), s. 39 f. 8

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