Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

103 kündig·ung und Gebeten für den Verstorbenen. Erweiterte Formen sind Vigil, ein Seelenamt, ein Lobamt (Formular Mariä Scheidung) und zwei bis zwölf Stillmessen. Beliebte Formen sind ferner die schon in den apo- stolischen Konstitutionen erwähnte Requiemmesse am 3., 7. und 30. Tag nach dem Tode 13 ) und der gregorianische Dreißiger , dreißig Messen, die an ebensovielen Tagen ohne Unterbrechung gelesen werden und ihren Namen nach Gregor d. Gr. tragen. Beide Formen vereinigen sich auch 14 ). Reiche Stiftungen, besonders in Städten, testieren Totenmessen in die Yerschiedenen Kirchen des Ortes, in das Stadtkloster, in die Kirchen der näheren Umgebung und verschiedener Wallfahrtsorte. In den Testa- menten r eicher Bürger und Adeliger fällt die g r o ß e A n z a h 1 d e r S e ~ 1e n m e s s e n auf. Beim Tode des reichen Ennser Bürgers Wolfgang Kellner 1495 wurden 3000 Messen gelesen 1 ") . 1519 bes timmte die Witwe Margareta Egensteiner in Wels 26 Pf. d zu einer Tages- und Wochenmesse für sich selbst und zwar durch ein J ahr hindurch 10 ) . 1473 stiftete Margareta von Schallenberg, Gemahlin des Pilgrim Walch zu Prandegg- 1000 Seelenmessen zur ihrem Seelgerät 11 ). Nach dem Tode Kaiser Friedrich III. in Linz 1492 hielten 6 Bischöfe, 13 Äbte und viele Domherren 30 Tage hindurch Vigil ien und Totenmessen. Vom 27. August, dem Tag des Abtransportes der Leiche nach Wien bis zur feierlichen Beisetzung· in der herzoglichen Gruft, das ist in 15 Wochen weniger 3 Tage wurden 8422 Messen gelesen. Am Tage der feierlichen Beisetzung (6. Dezember) und am folgenden Tage zelebrierten die Priest ei- außerdem noch 682 Messen 18 ) . Gewöhnli ch ist das Seelgerät mit gewissen F e i e r 1i c h k e i t e n wie Aufstellung der Tumba, Be- kleidung mit Tüchern und Verteilung· dieser an Priester und Arme zu einer Gewandspende, Beleuchtung, Glockengeläute, Musik, Verkündi- gung, Gebet, Grabgang und manchmal mit einer Geld- oder Brotspende an di e Armen ausgestattet. · Das Andenken an den Verstorbenen, dessen Name in den häufig angeordneten Gebeten nach dem Evangelium während der Messe fort- lebt, fri schen vorzüglich die An n i versa r i e 11 oder „Jahr- t a g e" auf. Sie sind in der Regel auf den Umkreis eines bes timmten Tages, häufig des Namenstages oder eines vom Verstorbenen besonders verehrten Heiligen fes tgesetzt. Die Angaben lauten z. B. acht Tage vor oder nach Michael, vier Tag·e vor oder nach Judica, Montag nach Epi- phanie oder bald da rauf. Als weiteste Begrenzung finden sich 14, als engste drei Tage vor oder nach dem gewünschten Tag. Das Aussehen der Jahrtage ist wie das des eigentlichen Seelgeräts verschieden. 13 ) Nach alttestamentlich en und a ntiken Vorb ildern gilt der 30. Tag a l s Abschluß der strengen Trauerzeit. 14 ) So vermacht z. B. Konra d Guster 1508 November 22 se in Hab und Gut Kremsmüns ter gegen Bestattung, Messe am 1., 7. und 30. , 30 Vigi li en und Seelen- ämter mit Katafalk und 12 Kerzen . Stiftsarchiv Kremsmünster , Stiftungen. 10 ) Sehmieder P., Lorch und Enns, LMB., Bd . XXX (1871), S. 33. 18 ) Tes tament von 1519 Juni 21 bei Meindl K. , Wel s, Bel. II, S. 78. 11 ) Iloheneck, Geneal ogie , Bd. II, S. 269. 1 8 ) Prechtl II., Der Lebensabend Friedrich III., UBLT. (1902), Nr. 7. Der Auf- satr. enthält unrichtige liturgi sche Bemerkungen.

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