Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

100 Im allgemeinen zeigen die Stiftsbriefe folgendes Gesicht . Die An- rufung der hl. Dreifaltigkeit (invocatio) fehlt in der Regel. Die Intitu- latio umfaßt Name und Titel des Ausstellers oder der ausstellenden Personen und Körperschaften. Bei den letzteren ist zwischen Stadt-, Markt- und Bruderschaftsstiftungen zu unterscheiden. Es stellen ent- weder „Bürgermeister, Richter und Rat" oder „Richter und Rat" oder der Zechmeister und die Ältesten die Urkunde aus. Die allg·emeine Be- gründung verweist formelhaft auf die Zergänglichkeit und Unsicherheit des gegenwärtigen Lebens und den künftigen, den guten Werken ent- sprechenden Lohn im anderen Leben, den der Stifter bedacht habe. Das köstlichste gute Werk sei das Werk der hl. Messe, daher habe der Aus- steller diese Stiftung gemacht. Mit diesen Worten ist zur rechtlichen Verfügung übergeleitet. Der Kern des Textes beginnt mit dem Zweck der Stiftung und gibt als solchen die Ehre Gottes, die Verherrlichung der seligen Jungfrau Maria und des ganzen himmlichen Heeres, meist noch dazu eine Anzahl von Heiligen und den Trost der Vorfahren des Stifters und aller gläubigen Seelen an. Bei Stiftung von Tag·esmessen ist häufig die Bewilligung des Pfarrers und des Vogtes in den Text auf- genommen0). Der Pflichtenkreis des Benefiziaten ist genau umschrieben. Es ist die Anzahl der Messen, die ,Kirche, oder falls mehrere zu besuchen sind, alle Kirchen, der Altar und vielfach die Zeit der Zelebration (6 Uhr oder 7 Uhr) angeg·eben°) . Die Sicherungen der Pfarrechte umfassen das Gebot, an Sonn- und Feiertagen im Chorrock bei Ämtern und Vespern zu Chor zu stehen und mit den Prozessionen umzugehen sowie ver- schiedene Auflagen 7 ), und das Verbot, ohne Wissen und Willen des Pfarrers Beichte zu hören, das Sakrament zu reichen, besondere Messen und Gottesdienste aufzunehmen 8 ), ferner das Verbot, falls die Stiftung· in eine Nebenkirche im Pfarrort gemacht ist, ein Amt zu singen, das Evangelium zu verlesen und die hl. Zeiten zu verkündigen"). Handelt es sich um eine Filialkirche, die bestiftet wurde, so sind die Feiertage, für die Pfarrkirchenzwang und daher das Verbot einer Messe in der Filiale besteht, genau aufgezählt. Einen breiten Raum nehmen die einzelnen Punkte der Dotation ein. Es sind der Reihe nach die verstiftete Geld- summe, die Jahresgilten aus den vergabten Liegenschaften, der Zehent, ') Im Stiftsbrief der täglichen Mes se für Neumarkt a. II. vom Jahre 1536 heißt es z. B.: ,,Mit Wissen des Dechantes Sebastian Pron, derzeit Pfarrer zu Taufkirchen a. d. 'l'rattnach und Kallham und Georgs, Graf von Schaunberg, Vogt." Kollationierte Abschrift in der StSoöLR., Bel. LXIV (Kallham). 6 ) Der neue Benefiziat der Peterszeche in Enns (1518 gestiftet) hat 4 Messen auf dem Petrusaltar der Frauenkirche in Enns, 1 Messe in der Kirche St. Johauu der Einsiedel bei Enns zu halten. Linzer Ordinariatsarchiv, PA., Fasz. Enns. 7 ) In Neumarkt a. IT. z. B. ist der Kaplan verpflichtet, dem Vikar von Kall- ham zu Grabgängen bei Anniversarien wöchentlich mit einer Messe auszuhelfen. An allen Zwölfbotentagen und den nicht genannten Sonn- und Feiertagen hat er seine Messe in der F lorianikirche so früh zu lesen, daß niemand an der Predigt in der Pfarrkirche gehindert werde. Die Opfergefälle gehören dem Pfarrer und den Gesell en. 8 ) ,,Damit dem Pfarrer und seinem Vikar in ihrem Opfer und Gilten daraus kein Schaden entstehe", heißt es in der Benefiziumsstiftung des Hans Vatters - hamor für Kallham (1493). StSoöLR., Bel. LXIV (Kallham). ') So beim Spitalkaplan von Leonfelden 1514. Reisacher 111., Das Dekanat St. Johann, S. 202 f.

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