Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

97 f i.i h l s zu s a tz der süddeutschen und österreichischen Art hervor. Die Ausstattung der Stiftungen und die Sprache der Stiftsbriefe ver- raten, wie viele Einzelheiten der Religiositätsäußerungen, eine starke Gefühlsbetonung. Bereitwilligkeit zum Schenken, Freude am Geben und der rasche Entschluß, alles daranzustrecken, spricht aus vielen .Stiftungen. Die Kehrseite dieser Gutherzigkeit, das rasche Umschlag·en in das Gegenteil , wenn das Gefühl selement gereizt oder verletzt wird, zeigte sich aufs klarste bei Beginn der Glaubensspaltung. Der erste Sturmangriff der religiösen Neuerung warf sich mit voller Wucht auf diese seelischen Bezirke und drang von dieser Seite her in andere Gebiete ein. Der Haß einer rasend gewordenen Polemik und die leiden- schaftliche Erreg·ung breiter Volksmassen erklären sich teilweise aus Gefühl sverätzung. Neben der Überz eugung von der Notwendigkeit einer Kirchenreform schwingt dieses irrationitle Element in stärkster Weise mit. Es ist undenkbar, daß Bauern und Handwerker, die Holz- knechte und Arbeiter beim Salz- und Ei senwesen die religiöse Neuerung nur aus der Hand der Adeligen, vielfach ihrer harten Herren, ,entgegen- genommen hätten. Luther hatte vielmehr aus seiner Vertrautheit mit dem Volksleben und mit der vollen Mächtigkeit seines Wortes die Hintergründe seelischen Geschehens getroffen und für seine Sache ge- wonnen. So hatte er von Anfang an die mächtig zusammengeballte Enttäuschung und Verbit terung über schwere kirchliche Schäden, wie die Hoffnung auf Besserung als Kampfgefährten an seine Seite ge- zwungen. Bei Beachtung dieser psychologischen Momente wird man nicht Gefahr laufen, die folgenden Abschnitte über die Ausdrucksformen der Frömmigkeit fal sch zu deuten. Es gilt zuerst die große Fülle von Einzel- erscheinungen zu ordnen und dann die einzelnen Bauteile so zusammen- zufügen, daß der behandelte Zeitabschnitt im Rahmen der Landes- geschichte und im größeren Zusammenhang der österreichischen und mitteleuropäischen Geschichte richtig eingesetzt ist. B. Die Ausdrucksformen der Frömmigkeit im Land ob der Enns unter besonderer Berück- sichtigung des Stiftungswesens. Die Untersuchung über die Ausdrucksformen der Frömmig·lrnit hat ihren Ausgang vom Mittelpunkt des religiösen Lebens, der hl. Messe, zu nehmen. Die Eucharistiefeier wird sich als die „Herzmitte" der ka- tholischen Gottesverehrung erweisen. Die grundsätzliche Behandlung <le1 Meßstiftungen von 1490-1525 soll die Stellung der Messe in Li- t urgie und Volksbrauch erhärten, die l\tießreges ten derselben Zeit einen Einblick in den Umfang dieses wichtigs ten Stiftungszweiges gewähren. Im engs ten Zusammenhange mit der :Messe steht das G o t t e s h a u s. Das zweite Kapitel beschäfti gt sich daher mit der Kirchenbautätigkeit, <len Alta rstiftungen und Widmungen für die Kircheneinrichtung· und 7

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