Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

96 derte zahlreiche Opfer 3 ) . Die Überzeugung von der Erschütterung aller Grundlagen in Kirche und Staat war allgemein. Die heranjagenden apokalyptischen Reiter warfen ihre Schatten voraus. Daher trägt die Frömmigkeit jener J ahre einen melancholischen Zug. In g·anz ergreifen- der Weise ist diese schwermütig·e Trauer im Kopf des Christophorus des Kefermarkter Altares verewigt. Auch der volle Garten des Stiftungs- wesens darf über diese ·Erschütterung nicht hinwegtäuschen. Es ist der Reichtum der Nachblüte, dessen Farben jäh verwelken werden . Andere Eigenarten der Religiosität des ausgehenden Mittelalters sind allgemeiner Natur und nur deshalb kurz berührt, weil sie sich auch für das Land ob der Enns feststellen lassen. Auf Schritt und Tritt be- gegnet vor allem die E i n h e i t z w i s c h e n R e 1i g i o n u n d L e b e n. über Beruf und Arbeit, Erholung und Spiel, Natur und Kunst, Kirche und Haus wölbt sich derselbe Himmel des Glaubens. Der Zeit und Ewigkeit umspannende Gedanke von der G e m e i n- s c h a f t d e r He i 1i g e n schlägt sich in zahlreichen Allerseelen- und Allerheiligenaltären ni eder. Was Dürer in seinem weltbekannten Aller- heiligenbild fes tgehalten, erscheint im Land ob der Enns ip. der Errich- tung der Allerheiligenkapelle und Aufstellung· des Allerheiligenaltares in Altmünster verwirklicht. Als Weihbischof Bernhard Meurl von Passau 1523 Jänner 23 den Altar, wohl eine Stiftung des Vikar Siegmund Neun- felcler konsekrierte und Ablaß spendete 4 ), ha tte die Zerreißung der Glaubenseinheit bereits begonnen. Die S inn enf r e udi g k e i t der Z e it bedingte nicht nur die Bilderbücher der Schnitzaltäre, die Bilder- flächen der Kirchenwände und die Leuchtbilder der Glasgemälde, son- dern auch die starke Dramatisierung der Kulthandlungen und das Be- wegungsmoment in denselben. Sehr deutlich tritt der s t a r k e Ge- ' ) Der wei tgereis t e Lorenz Mitternauer, 1518 a ls B enefiziat in Wel s bezeugt, notieri in seinen Au fzeic hnungen : .,Anno 98 super XHII C. or ta est inetuabilis plaga nova, scarra a med i cis nuncupa t a (vulgo a l aycis m a I e f r an c o y s u o min a t a) v isa in b om inibus, in animalibns brutis scil icet porcis, vaccis, in piscibus, quos ego sepe vidi. Hec egritudo non f uit in bominum memor ia . Et multi fuerunt, qui curare voluerunt; sed b ec curacio f uit iustabili s , quia cito rebabuerunt aut curati ultimum di em cito (querulose ac miserrime) cla userunt. Et he c plaga durat per longum tempus et nullus medicus originaliter scire potuit, unrl e or t um ba be ret." Schi ffma nn K., Annalis ti sche Aufzeichnungen, AGDL., Bd. II (1905), S. 262 f. Nach Koch , Chronologische Gesch ichte, Bd. III, S. 1, tra t die Seuche schon 1495 in Osterreich a.uf . Zahlrei che .Ärzte boten ihre Dienste zur Bekämpfung der „Fra nzosen" an . Nachs t e hend de1· Brief eines Dr. J ohannes Gureltbius , Bresla u 1561 Oktober 20 a n den Magistrat von Enns. .,Mir ist keiu Zweifel, E. w. betrachten oft die fallende Nat ur , welche von 'l'a g zu Tag abnimmt und geriugert wird; auch viel neuer Krankheiten zu unseren Zeiten gefunden werden, von denen die alten medi ci nichts gewußt. Unter diese wird gezählt die schnöde Krankheit, welche v o n d e n D e u t s c h e n ,d i e Fr a n z o s e n' gen e n n et und is t also gemeine, daß sie nicht alleine die Insel Catuit, Spanien und Frankrei ch, sondern auch schie r ganz Deutschland eingenommen. Derbalben bin ich verursacht viel en zugut solche schnöde Krankheit method ice zu tract iern und unter E . w. Schutz und Schirm ein Ta g geben, ganz untertänig bittend, E . w. woll ten mit sol cher Verehrung, wie wohl geringe, vorgut nebroen und wohl gefa llen lassen, mich lieben und for dern. Darroit verl e ibe Gott E. w. ein langes Leben und ruhig Regiment. Gegeben zu Breslau den 20. 'l'ag Octobris Anno 1561. E. w. w. Johannes Gurrelthius Doktor." Landesa r chiv, Ennser Akten, ßd. X. 4 ) Da s Original der Konsekrati onsurkuude im Pfarra rchiv Altmüns ter.

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