Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

91 können und solche, die nicht ergänzt werden können. Der Verfasser der vorliegenden Arbeit schritt erst zur Darstellung, nachdem · er auf Grund langjährig·er mühevoller Forschungen die unerläßlichen Um- rißlinien für das Bild gewonnen hatte, das zu entwerfen er sich als Aufg·abe gesteckt hatte. Ein Werk wie das vorliegende ist nie „fertig" oder „abgeschlossen", jede Ortsmonographie kann ein kleines neues Steinchen beibringen, aber der Verfasser mußte die Überzeugung haben, daß weder die Einzelforschung über eine der nachstehend be- handelten Frag·en noch irgendwelche bis jetzt verborgen gebliebene Archivalien an der wesentlichen Linienführung etwas ändern können. Sonst hätte er das Buch nicht schreiben dürfen. Bis zur Reife dieser Überzeugung galt es daher trotz vielseitigen Drängens mit der Ver- arbeitung und Herausgabe zu warten. Vorhandene Lücken in der · Quellenlage wird die Arbeit fortlaufend aufzeigen und sich sorgfältig vor dem Fehler hüten, sie durch allgemeine Wendungen und Anleihen aus der allgemeinen Geschichte zu überdecken. Besser ein echtes altes Bild mit Abblätterungen und Verdunkelung·en als eine schlechte Über- malung. Eine zweite Schwierigkeit liegt in der E i n e n g· u n g d e r b e- h an de 1 t e n Zeit auf 3 5 Jahre. J e ausgedehnter ein Abschnitt ist, desto günstiger ist die Quellenlage, desto leichter läßt sich darüber schreiben. Viel wertvolles Quellenmaterial mußte bei Seite gelassen werden, weil es außerhalb der gesteckten Grenzen lag. Wenn aus- nahmsweise tiefer hinabgegriffen oder weiter hinausgeschritten wurde, geschah dies nur um notwendiger innerer Zusammenhänge willen, sonst suchte sich die Arbeit strenge innerhalb des angegebenen Zeitabschnittes zu bewegen. Sie konnte daher die einzelnen Erscheinungen des religiös- kirchlichen Lebens nur auf einer kurzen Strecke verfolgen und zwar in der Regel in der dem jähen Abbruch vorausgehenden Hoch- oder Höchstlage. Denn es sind nicht 35 beliebige Jahre, die herausgegriffen werden mußten, sondern Jahre eines ganz großen Zeitumbruches. 1490 bis 1525 heißt Ausgang Friedrich III., Zeitalter Maximilian I. und An- fänge Karl V. und l!"'erdinand II. Spätmittelalter und neuere Zeit ver- schlingen sich zu einer schwer löslichen Einheit. Neben Formen und Ausdrucksformen, die noch mittelalterlichem Nährboden entstammen, schießen üppig neue Gewächse in die Halme. Besonders die Reste der damaligen Kunstschöpfungen atmen dieses Neue, Andere der jungen heraufziehenden Zeitperiode aus und haben den Drang des neuen Lebensgefühles in eigenartigen Gegensätzen und Reizen eingefangen. Solche 35 Jahre, in denen eine alte Welt versank und ganz neue Mächte auf den Plan traten, in denen sich das Rad der Zeit viel rascher drehte als ehedem, das Weltbild weitete und der heraufziehende Morgen eine brausende Gärung der Geister bewirkte, die alles ergriff, richtig zu erfassen und lebensvoll darzustellen, ist eine doppelt schwere Aufgabe. Zu diesen Schwierigkeiten gesellen sich solche in der Deutung· und Auswertung der geschichtlichen Üb e rrest e dieser Epoche. Die Denkformen und das Lebensgefühl dieser verg·angenen

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