Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

87 zahl von Gesell- und Hilfspriestern am Sitz der Mutterpfarre, die in- folge der regelmäßigen Gottesdienste zu einem ziemlich anstrengenden Wanderleben verurteilt waren. Für die gerechte Beurteilung der Zahl und der Tätigkeit der vorreformatorischen Kleriker ist dieser Hin- weis wichtig. über den 'Pfarrklerus selbst wird die Arbeit unten noch eingehend berichten. 4. Das Bild der Pfarren des Landes zeigt indes keineswegs die Or- ganisation der Seelsorge auf, der äußere Rahmen wäre ganz unvoll- ständig ohne die eigentlichen Filialen. Die T o c h t e r k i r c h e n sind zahlreich vorhanden, Wert und Berechtigung· derselben zeigen am besten die zahlreichen Verselbständigen und Ausbrüche im Verlaufe des 16. Jahrhunderts. Der Abschnitt über die Kirchenbauten zwischen 1490-1525 wird wohl zahlreiche Fälle von Umbauten und Vergröße- rungen, dagegen unter den Neubauten kein Beispiel einer Kirche bringen, die als notwendiger Nutzbau aufzuführen war. Drei Viertel aller Filialen gehören bereits dem späteren Mittelalter ·an, was neu entstand, waren Andachts- und Votivbauten. Der Baufrühling·, der in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wie anderwärts auch im ob- derennsischen Lande herrschte, bezieht sich fast ausschließlich auf Aus- und Umbauten. Man kann in den Kirchenbauten den Anstieg von kleinen Nebenkirchen zu größeren Filialen verfolg·en und eine Betrach- tungsweise, die solche Vorgänge als Lebenserscheinungen betrachtet, wird diese Kirchenerweiterungen als Jahresringe im Wachstum der betreffenden Orte auffassen. Das ganze damit in Verbindung stehende Stiftungswesen beleuchtet von innen her diese Annahme. Jedenfalls zeigt das Filialwesen mit den Pfarren zusammen eine gründliche und ausreichende Organisation der Seelsorge. Weder von einer Kirchen- not noch vom Mangel von Seelsorgs- und Kultstätten kann die Rede sein. Im Gegenteil, wenn man dazu noch die große Zahl der Z u- u n d N e b e n k i r c h e n, d e r S c h l o ß- u n d O r t s c h a f t s- k a p e 11 e n ins Aug·e faßt, so darf man eher von einer überfülle der Gotteshäuser reden. Nicht nur die ganze Gläubig·keit, sondern auch die Kirchlichkeit jener Zeit spricht aus dieser überreichen Bau- uncl Stiftungstätigkeit. Wie warme Luft vor einem großen Witterung·s- umschlag Blüten, zauberte jene Zeit eine solche Fülle von Bau- uncl Kunstschöpfungen aus dem Boden, trieb zu einer so unheimlich wir- kenden Hast und zu einem so erstaunlichen Wetteifer im guten an, daß wir heute erkennen, der Seg·en, der auch das kleine Land ob der Enns befruchtete, war Anteil vom überwältigenden Reichtum der Nach- blüte eines sterbenden Zeitalters . Es ist . das g es ich er t s t e Er- g e b n i s d i e s e s A b s c h n i t t e s, d a ß e i n e m a n g e 1h a f t e ä u ß e r e O r g a n i s a t i ·o n d e r S e e l s o r g e a n d e n k o m- m end e n Ereignissen und Zusammenbrüchen keine S c h u l d t r u g. Die PM. verzeichnet nicht weniger als 113 Ku r a t- s t i f tun gen außer den Pfarren, wozu diese Arbeit nach 15 Neu- gründung·en in Städten, 8 in größeren Orten und 5 in Burgkapellen, zusammen ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit 28 Neuerrichtungen nachtragen konnte. Es bestand also auch kein Priester mange 1, s o n d e r n o h n e Z w e i f e l ü b e r f ü 11 e a n G e i s t l i c h e n.

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