Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

85 Umgekehrt war der Bewegungskrieg in dem Augenblick zum Stehen gebracht, als reformfreudige Prälaten die Führung der maßg·ebenden Klöster übernahmen. Kein Bischof hätte den Untergang der katho- lischen Kirche im Land ob der Enns verhindern können und auch die politische Religionserneuerung des Landesfürsten auf der Grundlage des „cuius regio eius religio" hätte allein ohne eine innere von den Klöstern aus geförderte katholische Erneuerungsbewegung auf die Dauer kaum den katholischen Besitzstand erhalten. Dieser Kampf um jedes einzelne Kloster ist es, der die Reformationsgeschichte des Landes so ungleich und unübersichtlich macht, doch ist die Verteilung der An- griffspunkte auf ein breites politisches Kräftefeld und der Mangel eines Mittelpunktes eine der wichtigsten Eigenarten der obderennsischen Re- formationskämpfe . Die Arbeit hob bereits hervor, daß die fünfzehn alten Landklöster ebensoviele Grundherrschaft en und die Vorsteher im Prälatenstand der erste Stand in der Landschaft waren. Dies bedeutete für die Verteidi- gung der katholischen Angelegenheiten einen Machtzuwachs, doch stehen diesem Nutzen ernste Nachteile gegenüber. Der erste heißt U n t e r t an e n- u n d G r u n d h o l d e n v e r h ä 1t n i s. Das Kloster war nicht nur kirchlicher Mittelpunkt, sondern auch Herrschaft, der Abt im doppelten Sinne „Herr". Das mußte im Zeitalter schwerer so- zialer Krisen und der Religionskämpfe zu tief g·ehenden Geg·ensätzen führen. Di e Vertretung in der ständischen Körperschaft zwang sodann die Prälaten nach der Zuwendung der drei weltlichen Stände zur A. C. in die schwierige L a g e d e s Z w e i f r o n t e n k r i e g e s. Zunächst schlingen Landsässigkeit, Heimatliebe und der Wille zur Erkämpfung der staatsrechtlichen Selbständigkeit des Landes ein gemeinsames Band um alle Landstände. Der Prälatenstand hält mit den drei welt- lichen Ständen die Hand am Schwertknauf, um die Freiheiten und Rechte des Landes zu verteidigen, wenn notwendig auch gegen den Landesfürsten und g·egen den Bischof. Eine naturwüchsige Liebe zum Heimatland spricht aus vielen Worten und Taten. Andrerseits hat die Glaubensspaltung das Ständekorpus zersprengt und der Prälatenstand steht gegen die drei lutherischen Stände. Nicht alle seine Mitglieder be- währten sich im Sturm der Zeit, es gab Verräter und Absetzungen. Doch wird man den meisten Prälaten zubilligen müssen, da.ß die herr- schenden Zeitideen geistig·e Lähmungserscheinungen hervorriefen und die Forderungen der Regierung einem Sengen und Brennen im eigenen Fleische gleichkamen. Schließlich sei angemerkt, daß der leidenschaft- liche mit unsäglicher Erbitterung besonders um die Städte geführte Kampf der Konfessionen samt seinen kulturellen Begleiterscheinungen viel zur Verlagerung des kirchlichen Schwergewichtes aus den Klöstern in die Städte beitrug, obwohl nach dem großen Ring·en der Geister der Frühling des Barocks in die Stifte einbrach. Das alte vortridenti- nische Gepräge des kirchlichen Lebens des Landes mit seinem Erd- und Waldgeruch gehörte der Geschichte an. 3. Die Untersuchung über das Pf a r r n e t z ergab 176 Kirchen nach der PM. , die als Pfarrkirchen bezeichnet werden können und zwi-

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