Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

82 überholt, sich verselbständigt tmd so die Altpfarren zu Filialen herab- g·edrückt. Passau hatte alle Mühe, ein ähnliches Los als Kleinbistum abzuwehren und den Ausbruch des österreichischen Anteiles, der den weitaus größten Teil des Bistumssprengels ausmachte, zu verhindern. Es kämpfte· diesen Kampf schon lange mit dem ganzen Einsatz des Hochstiftes als Hausmacht. Alle wirtschaftlichen Unternehmung·en, Käufe und Beteiligungen des Hochstiftes in Österreich erfolgten unter dem Gesichtspunkt der Sicherung des Großbistums. Jede Vergrößerung der Hausmacht suchte der Gefahr einer Zerreißung oder eines Aus- einanderbrechens der Bistumsteile an der Landesgrenze vorzubeugen. Dieser Sachverhalt wirkte sich für Österreich ob und unter der Enns nicht in ganz gleicher Weise aus. Österreich unter der Enns hatte in Wien den Sitz des Hofes und der Regierung· und damit ein natür- liches Gegengewicht geg·en Passau. Außerdem verblieb auch nach der Errichtung des exempten Bistums Wiens der Passauer Offizial mit seiner Kanzlei in Wien. Das Entscheidende jedoch war, daß sich zwi- schen dem Land und dem Hochstift ein anderes Land einschob, eben Österreich ob der Enns. Dieses Land bekam alle Schwierigkeiten und Reibereien, die sich aus der Verschiedenheit der Landes- und Diözesan- grenzen ergaben, in verschärftem Maße zu verspüren. F ü r ö s t e r- r eich ob der Enns war das Hochstift in erster Linie A n r a i n e r u n d R i v a 1 e a n d e r w e s t 1 i c h e n L a n d e s- g 1· e n z e, d e r B i s c h o f I n h a b e r e i n e s g e i s t I i c h e n T e r- r i t o r i ums und Aus 1 ä n der, sodann mächtiger Herrschafts- besitzer im Land und Einleger im ständischen Giltbuch und dann erst Bischof. Das Hochstift bewies in der Vortreibung seiner Grenzen nach der österreichischen Seite hin große Kraft und ,Ausdauer. Die Kämpfe um das Gebiet der Niederkößla südlich der Donau und die Sicherungs- versuche Passaus im Gebiet zwischen Ranna und Großer Mühl zeigen etwas von fli eßenden Landesgrenzen. Eine Anzahl vo11 Herrschaften im Land sichern dem Hochstift das Mitbestimmungsrecht auch über innere Landesangelegenheiten, als Einleger im Giltbuch hat es in Fi- nanzfragen des Landes mitzusprechen. Vorzüglich stellt Burg· und Herr- schaft Ebelsberg in der Mitte des Stadtgeviertes Linz-Enns-Wels- Steyr und des Klostergeviertes Florian - Kremsmünster - Gleink - Garsten ein wahres Bollwerk Passaus im Herzen µes Landes dar. Dazu treten z w e i k i r c h 1 i c h e R e i b u n g s f 1 ä c h e n, die sich aus der )Jesonderen Lage des Landes ob der Enns beim Ausbruch der Glaubens- spaltung ergaben. Die Stände waren in den letzten Jahren Maxi- milians I. im nächsten Kampf um die staatsrechtliche Anerkennung ihres Landes als eines selbständigen, in der Reihung der Erblande nach Land unter der Enns einzusetzenden Fürstentums begriffen. Ein eigenes kirchliches Offizialat in Linz wäre um diese Zeit sicher mit Freude als Anerkennung der Selbständig·keit begrüßt worden. Die k i r c h- 1 ich e n Verwa ltun gsgeschäfte des Landes ob der E n n s b e s o r g· t e i n d e s e i n O f f i z i a 1 i n P a s s a u. Das Hinauswandern aller kirchlichen Angelegenheiten über die Landes- grenze hatte schon früher zu langwierigen Fehden geführt, es mußte jetzt auch als Aberkennung staatlicher Selbständigkeit empfunden

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