Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

74 Benefizien die allgemeine rechtliche Lage der katholischen Kirche im Land ob der Enns bei Ausbruch der Glaubensspaltung noch keines- wegs genügend gezeichnet. Es ist vielmehr das dichte Netz der Unterfilialen (Zukirchen), Nebenkirchen und Schloßkapellen ohne stän- dig·pn Seelsorg·er ins Auge zu fassen, das nicht nur den lutherischen Ideen die ersten Stützpunkte bot, sondern bei fortschreitender Zer- reißung der Glaubenseinheit die Grundlag·e für eine neue Pfarr- und Seelsorgeorganisation im Sinne der A. C. wurde. Der Zustand der ver- ödeten Pfarrkirche und der massenhaft besuchten Neben- oder Schloß- ldrche ist auch für Österreich ob der Enns in der zweiten Hälfte de'.; 16. Jahrhunderts der gewöhnliche. Er beweist übrigens, daß an der Pfarrkirche noch der katholische Kurs eingehalten w.ircl. 9. Unterfilialen (,,Zukirchen"), Nebenkirchen und Schloßkapellen ohne eigenen Benefiziaten. Der besondere Zweck der vorliegenden Arbeit, die keine topo- graphische Einzeluntersuchung sein will, sondern die Pfarrtopographie nur zum Verständnis der eindringenden Glaubensspaltung· vorführt , verlangt sorgsame Berücksichtigm1g auch der kleineren Kirchen, welche in den ausgedehnten Altpfarren in großer Zahl bes tanden. Es handelt sich um eine große Gruppe von Kirchen und Kapellen, die zwar keinen eigenen Benefiziaten unterhalten, jedoch Stützpunkte der Seelsorge sind und von der Pfarre aus durch Kapläne oder Gesellen versehen wurden. Ausdrück.lieh sei vermerkt, daß auch jene Fiiialen hier· aus- scheiden, welche in geringerer Entfernung von der Mutterkirche ge- leg·en, zwar keinen eigenen Seelsorger an Ort und Stelle haben, aber von der Mutterpfarre aus reg'elmäßig und so häufig pastoriert werden, daß sie eher als abhängige Pfarrkirchen oder zumindest als Vollfilialen anzusehen sind. Bei ihnen ersetzt der Exkurrendo-Kaplan den Pfarrer. Viele dieser Filialen haben jedoch Unter f i 1 i a 1 e n o d e r Zu- k i r c h e n, in denen gleichfalls, jedoch seltener, Gottesdienst gehalten wird. Der günstigste Fall für eine solche Zukirche ist eine Wochenmesse, sonst finden nur am Patroziniumstag und an Stiftungstagen Messen statt. Ob solche Zukirchen mit Tauf- uncl Begräbnisrecht ausg·estattet sind, hängt von ihrer Entfernung· von der Hauptfiliale oder der Mutter- ldrche ab. Da diese Zukirchen am Rand des Pfarrbereiches liegen und sich in der Regel größere Ortschaften ang·elagert haben, macht s1e die zunehmende Bevölkerung ausbruchsreif. Die späteren durch die wirt- schaftliche Entwicklung notwendig gewordenen Pfarregulierungen stoßen sie gänzlich ab. Gerade an diesem Merkmal erkennt man die Z u k i r c h e von einer N e b e n k i r c h e. Ich fass e die Zukirche (Unterfiliale) als notwendigen Stützpunkt der Seelsorge auf; während die Nebenkirche unter dem Gesichtswinkel der Seelsorge kein notwendiger Bau ist. Sie erwächst aus früh eren Eigenkirchen, aus Gelübden oder der Freude einzelner Ortschaften oder Familien am eigenen Gottes- haus. Ihre Wurzel ist die private Frömmigkeit, nicht die organisatori- sche Notwendig·keit der Seelsorge. Ihr späteres Los ist daher nicht die Ausges taltung' zur Pfarrkirche, sondern Verfall und Abbruch . Als

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