Versteigerungskatalog der Lambergschen Bestecksammlung, April 1912

Procacchi 1601 in Ancona und des Paul Fürst 1652 in Nürnberg. Die höchste Ausbildung hatte die Transchierkunst in Italien und Frankreich und hier wieder im XVI. Jahrhundert erfahren. Das Gerät eines venezianischen Vorschneiders zählt um diese Zeit vier Messer und drei Gabeln von verschiedener Länge, und in den italienischen Marken werden für das Zerlegen einer Gans 20 und des indianischen Hahnes 22 streng vorgeschriebene Schnitte mittels verschieden geformter Messer gefordert, wobei der Braten in freier Luft auf der Gabel zerlegt werden mußte. Solche Beispiele für die schon ausartende Strenge in der Trincierkunst ließen sich noch viele anführen. Das deutsche Vorschneidebesteck bestand noch im XVII. Jahrhundert aus sechs Messern und fünf Gabeln. Seine wichtigsten Teile waren das große Auf- schneidemesser, das kleine Zerlegmesser, das Kredenzmesser mit breiter, am Ende abgerundeter Klinge ohne Schneide, weiters die Zerleggabel und die kleinere Vor- legegabel. Diese Geräte wurden in der Regel in einem großen Lederköcher vereinigt. Aus dem Zerlegmesser des Vorschneiders ist schon im frühen Mittelalter das eigentliche Tischmesser hervorgegangen. Man überließ dem Gaste das Zer- kleinern der Fleischstücke und legte zu diesem Zwecke mehrere kleinere Messer zur allgemeinen Benützung auf die Tafel. Die Klingen dieser Messer hatten geraden Rücken und leicht geschwungene Schneide. Das frühgotische Tischmesser erscheint mit blattförmiger, das spätgotische mit auffallend schmaler und spitzer, im XVI. Jahrhundert wieder mit breiterer Klinge. Die künstlerische Ausbildung der Griffe beginnt bereits in der romanischen Kunstepoche, wie wir aus Miniaturen ersehen können; in der spätromanischen und frühgotischen Periode scheint sie auf Bein angewiesen gewesen zu sein (Katalog-Nr. 69). Die Spätgotik bevorzugt die Bronze (Katalog-Nr. 5, 8, 10 und 27). Im XVI. Jahrhundert ist das Belegen der Griffe mit Holz und Hornschalen, in denen kleine Bronzescheiben oder Ranken mit Schellen aus Messingdraht ein- gelassen sind, für deutsche Arbeiten charakteristisch (Katalog-Nr. 26, 28, 361 und 567). Nach 1550 werden die Hefte aus »Silber, Kupfer, Messing und Zinn bereitet, auch überguldet oder mit dinngeschlagenem Silber überlegt, auch wohl von Achat, Bern- oder Agt-Stein, ingleichen auch von Horn, Hirsch-Geweyhen und Elfen-Bein, Rosen-, Eben- und Brasilien-Holz gemacht, welche die Messerer auf mancherley Art sehr zierlich und künstlich einzulegen wissen.« VIII

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2