Versteigerungskatalog der Lambergschen Bestecksammlung, April 1912

Alpenländern mit Vorliebe auch Steinbockhorn verwendet. Für das westliche Deutsch- land, für Frankreich und die Niederlande wurden am Ausgang des XVI. Jahr- hunderts die Goldschmiede und Kupferstecher Jan Theodor de Bry, Crispin de Passe der Ältere, Michael le Blon und Hendric Janssens die Begründer einer neuen Form. (Ausführliches darüber in »Kunst und Kunsthandwerk, XV. Jahrgang 1912, Heft 1. - Die Bestecksammlung im Schloß Steyr«). Bezeichnend für diese neue Formgebung ist die reich durchbrochene Bekrönung der Griffe, welche aus Silber hergestellt und von den Goldschmieden mit feinen Gravierungen versehen wurden (Katalog-Nr. 122, 128, 129, 148 und 149). Im XIX. Jahrhundert hat das Kunstgewerbe seine Beteiligung an der weiteren Ausbildung des Besteckes im großen und ganzen aufgegeben und dem deutschen und englischen Stahl die Sorge für die Qualität der Klingen überlassen. Der Löffel des Mittelalters war in der Regel aus Holz und hatte einen kurzen Stiel, welcher mit der vollen Hand gefaßt wurde. Am Ausgange des XV. Jahrhunderts wurden Löffel auch aus Perlmutter, Serpentinstein und Silber gefertigt. Stiel und Laffe (der zum Laffen oder Schlürfen dienende wesentliche Teil des Löffels) wurden später aus verschiedenem Material hergestellt, ersterer meistens aus Silber, letzterer aus Holz. Um die Mitte des XVI. Jahrhunderts entstehen jene von Figuren bekrönten Löffel, an welchen die Sammlung Lamberg so auf- fallend reich ist. (Katalog-Nr. 62, 63, 64 und 179). Die Vorliebe für die plastische Behandlung des Buchsholzes artet in den Hostienlöffeln der Spätrenaissance aus (Katalog-Nr. 67, 181 und 182). Vielfach werden die Silberlöffel der Hochrenaissance als zwei oder dreizinkige Gabeln mit aufsteckbarer Löffelschale gefertigt, so daß wir die erste Form eines Taschenbesteckes vor uns haben (Katalog-Nr. 90). Am Ausgang des XVII. Jahrhunderts tritt an Stelle des dünnen kantigen oder runden Stieles der breite flache Löffelstiel und von da ab datiert die heute übliche Haltung dieses Tischgerätes. Die Stadt Steyr, wo die Sammlung entstanden ist und von wo naturgemäß der große Anteil an bäuerlichen Bestecken der Kollektion zugeflossen ist, war der alte Hauptsitz der Klingenindustrie Süddeutschlands. In den meisten Ortschaften der Umgebung Steyrs, wie in Trattenbach, Kleinraming, Steinbach, Neuzeug und Dambach geht die Klingenindustrie bis auf die Zeit der Römerherrschaft in Noricum zurück. Die römischen Legionen in Enns und Wien bekamen von dort aus die Ergänzung ihrer Bewaffnung. Im späten Mittelalter bezogen hier Nürnberg, Wien, x

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