Die Landesfürstlichen Urbare Nieder- und Oberösterreichs

LXXXII Einleitung. sagt er, „deren Finanzen noch zum großen Teile auf demselben Boden standen wie die des deutschen Reiches in der ersten Hälfte des Mittelalters. Der Staat glich mehr einer kolossalen Domäne als einem Staatswesen moderner Art. Setzten sich die Einkünfte des Karolingischen Reiches und der Her zogtümer Osterreich und Bayern auch im 13. Jahrhundert noch wesentlich aus Domänenerträgen und indirekten Steuern zusammen, so hatte die habsburgische Verwaltung im Elsaß nur einige unbedeutende Zölle und Märkte, das alte Domanialgut war größtenteils zersplittert, dafür war aber umso energischer die direkte Steuer ausgebildet. Wie fast auf allen Gebieten," so schließt Schulte diese bedeutsame Hypothese, „eilt auch hier der Süd westen Deutschlands dem Norden und Osten weit vorauf. Sieht man näher zu, so ergibt sich, daß jenes Zurücktreten der Steuern doch von einer solchen Eigenart ist, die so weitgehende Schlüsse von vornherein bedenklich erscheinen läßt. Die Steuern werden nämlich nur in den Niederösterreich betreffenden Teilen dieser Urbare gar nicht, wohl aber in den heute oberösterreichischen Gebieten verzeichnet. Diese Beobachtung allein weist schon darauf hin, daß die Nichterwähnung der Steuern im niederösterreichischen Urbar auf andere Gründe zurückzuführen sei. Keinesfalls darf daraus mit Schulte geschlossen werden, daß es dort überhaupt keine Steuern gegeben habe.''^ An einer Stelle nun wird doch auch im niederösterreichischen Urbar eine Steuer erwähnt. Und eben die Art und Weise, wie dies geschieht, deutet meines Erachtens auf die Er klärung selbst hin. Nach Aufzählung der Zinse heißt es: et dant steuram.^ Es wird also nicht die Steuer selbst, etwa so wie der vorausgehende Zins seiner Höhe nach angeführt, sondern nur die Tatsache der Steuerleistung vermerkt. Man wollte also die Steuer selbst auch hier, wo sich ganz aus nahmsweise ein Hinweis auf sie findet, ebensowenig wie dies sonst ge schah, ihrem Erträgnisse nach registrieren. Offenbar — das ist der nächste Schluß — geschah dies anderweitig,war es gar nicht Sache dieses Urbares, auch die Steuern zu verzeichnen. Bestätigt wird diese Annahme nun durch das, was wir über die Ver waltung der Steuern in Österreich an der tiand der Urkunden feststellen können. Die Steuern wurden in Niederösterreich nicht von den mit der Urharverwaltung betrauten Domänenamtleuten (officiales) eingehoben, son dern von den Richtern (iudices). Das bezeugen schon die ältesten Erwäh nungen der direkten landesfürstlichen Steuern daselbst. Im Georgenberger 'A. a. O. S. 552. ^ Auch die weitere Beobachtung Schultes (a. a. O.S. 552), daß man im Westen im Falle der Notwendigkeit von Verpfändungen sich die Steuern zu erhalten suchte und lieber Eigengut zu Pfand gab, trifft ebenso für Österreich zu. Man werfe doch nur einen Blick auf die umfangreichen Pfandrotel aus der Zeit Friedrichs des Schöner^ (1310—1314). AÖG.2, 513ff. ^ Vgl. im Text S.62 Nr. 246 (Michelhausen).

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