Die Stimme Österreichs - Heft 50 - 1952 - Steyr

·i 1 Lr -- I r ~G- '?'-9 Fresko über dem Tor zur Schloßauffahrt von Maler Otto Götzinger Steyr nad1 dem Kriege Von Bürgermeister Ingenieur Leopold Steinbrecher Mit vielen anderen Orten Oberösterreichs teilte Steyr das Schicksal, den zweiten Weltkrieg und sein Ende besonders arg verspürt zu haben. Das Kriegsende brachte der Stadt eine Zweiteilung: die am linken Ennsufer gelegenen Stadtteile be- kamen eine amerikanische, die am rechten Enns- ufer befindlichen eine russische Besatzung. Diese Teilung erforderte bis zum Abzug der russischen Truppen eine zweifache Stadtverwaltung. Verpflegung und Unterbringung einer großen Anzahl von verängstigten und gehetzten Flücht- lingen, Fremdarbeitern und rückflutenden Soldaten stellten die Verwaltung vor fast übermenschliche Anforderungen. Innerhalb kürzester Frist trat eine sprunghafte Erhöhung der zu versorgenden Bevöl- kerung auf 103.000 Personen ein, wobei erwähnt sei, daß Steyr 1937 nur 23.672 Bewohner zählte. Neben der Beschaffung der allernotwendigsten Lebensmittel für diese zahlreiche Bewohnerschaft galt die besondere Sorge vor allem der Beseitigung der durch Fliegerangriffe entstandenen Schäden. Jedes vierte Gebäude der Stadt hatte irgend welchen Schaden erlitten. Nicht weniger als 14.000 Kubikmeter Schutt, die einer Menge von 29 voll- beladenen Lastzügen zu je 25 Waggons entsprechen, bedeckten Straßen und Plätze; sie mußten weg- geräumt und abtransportiert werden. Weiter galt es, die zerstörten und geplünderten Industriean- lagen wieder in Betrieb zu setzen. Diese Wieder- inbetriebsetzung der Industrien ist ein Ruhmesblatt der Steyrer Arbeiter und Angestellten, die es, im Verein mit der ganzen Bevölkerung, verstanden, neue Grundlagen für den Fortbestand und die Wei- terentwicklung ihrer Betriebe zu schaffen. Gelang es einigermaßen, die unmittelbarsten und drückendsten Wunden des Krieges zu schließen, so blieb als eine besonders drückende Sorge die Woh- nungsbeschaffung. Steyr, das nach offiziellen Stati- stiken schon vor dem Krieg die schlechtesten Wohn- verhältnisse Osterreichs besaß, sieht sich vor die fast unlösbare Aufgabe gestellt, für eine zusätzliche Bevölkerung von fast 14.000 Menschen, die als Strandgut der Ereignisse in Steyr geblieben waren, Wohnungen zu schaffen. In den ersten Nachkriegs- jahren war der Wiederaufbau durch großen Mangel an Arbeitskräften und Baumaterial gehemmt. Trotz- dem konnten bis heute 308 Wohnungen neu erbaut, 142 wiederaufgebaut und 266 instand gesetzt, zu- sammen also 716 Wohnungen bezugsreif gemacht werden. Außerdem befinden sich gegenwärtig 89 Wohnungen in Bau, von denen bereits 35 im Roh- bau fertig sind. Gemeinde, Genossenschaften und Private haben zusammengewirkt, um dieses Resultat zu erzielen. Auch durch Abgabe von billigem Bau- DJESTIMME 7 ÖSTERREICHS

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