Die Stimme Österreichs - Heft 50 - 1952 - Steyr
der Stadt betrugen im Jahre 1628 nicht weniger als 1,132.417 Gulden. Zur Hebung des erschöpften Eisenwesens wurde im August 1625 die Innerberger Hauptgewerkschaft gegründet, die Rad- und Hammerwerke sowie die Steyrer Eisenhandlungsgesellschaft vereinigte. Doch nur einige Jahrzehnte gedieh halbwegs das neuorganisierte Gewerkschaftswesen. Geldmangel, Absatzstockung, Uneinigkeit der Mitglieder, die wirtschaftliche Notlage der Stadt und andere Um- stände brachten die Hauptgewerkschaft fast an den Rand des Abgrunds, so daß 1669 und 1678 neuerlich Reformen notwendig wurden. Aber nicht allein die „Feuerarb iler" verspürlen diesen Rückgang, auch die übrigen Gewerbe erlilten dadurch ungeheuren Schaden. fn d n lC'lzl<'n Jahrzchnlen dieses mühseligen Jahrhuncl<'rls rwarben einige auslii.nclische Ge- werbelreib •nde das ßürgPrrecl1l., neue Ilandwerks- und Ilandelsberufc lralen in Erscheinung, so Tabak- krämer, Kaffeesieder, Malerialislen, Buch-, Bilder- und Kupferdrucker. Die alten Ilandwerksorclnungcn wurden vielfach abgeänderl oder durch neue A rlikel ergänzt, die Meisterprüfungen hinsichtlich der Kosten manchmal sehr erschwert. Etwas günstiger gestaltete sich die Wirtschafts- lage der Stadt in der ersten Hälfte des 18. Jahrhun- derts, obwohl auch in diesem Zeitraum Teuerung, Hochwasserkatastrophen und der verheerende Stadtbrand des Jahres 1727 enorme Auslagen ver- ursachten. Doch Steyr erwirkte beim kaiserlichen Hof einen zweiten Jahrmarkt, die Auszahlung aus- ständiger Gewerkschaftserträgnisse, erhielt 1716 eine Erweiterung des aus dem Jahre 1678 stammen- den Stahlbenefiziums und gelangte später, zur Zeit Maria Theresias, wieder zu einigem Wohlstand. Da- mals erbaute die Stadt nach den Plänen des genia- len Baumeisters Gotthard Hayberger das schönste barocke Ratsgebäude Osterreichs. Durch verschiedene Umstände gezwungen, schied Steyr im Jahre 1798 aus der Hauptgewerkschaft aus. Die Stadt verkaufte ihre Einlage um 685.000 Gulden an die k. k. privilegierte Wiener Kanal- und Berg- baugesellschaft. Nach Uberwindung des wirlschafllichen Tiefslan- des, den die Kriegsjahre zu Beginn des 19. Jahr- hunclerls mil sich gebrachl halten, kam wieder eine Zeit reger gewerblicher Täligkeit, die schon im Jahre 1826 zu einer Ausstellung von Stahl- und Eisenwaren im Rathaus führte. Im Herbst 1839 wurde eine Zweiggruppe des Industrie- und Ge- werbevereines ins Leben gerufen. Sie zählte anfangs bei 450 Mitglieder und konnte nach drei Jahren ebenfalls eine größere Gewerbeausstellung ver- anstalten. Uberaus große Fortschritte aber zeigte die in- dustrielle Entwicklung, deren Grundlage das alt- bewährte Steyrer Handwerk bildete. Schon um 1840 erzeugte Leopold Werndl in seinen Werkstätten in Letten Gewehrbestandteile und Bajonette. Josef Werndl führte das Werk seines Vaters weiter und schuf, nachdem er in Amerika seine Kenntnisse ver- tieft und mit dem Werkmeister Karl Holub das Armeegewehr, Modell 1867, konstruiert hatte, eine blühende Waffenindustrie. Bald entstanden aus- gedehnte Fabrikanlagen, um die zahlreichen Auf- träge aus den verschiedensten Staaten bewältigen zu können. Zahlreiche Eisenarbeiter, Meister und Gesellen fanden hier ihren Lebensunterhalt. Die alten Handwerksverbände büßten ihre Geltung voll- ständig ein. 30 DIE STIMME ÖSTERREICHS Aus dem Unternehmen Werndls, seit 1869 „Oster- reichische Waffenfabriks-Gesellschaft", entwickel- ten sich in der Folgezeit die weltberühmten Steyr- Werke. Nach Erbauung der geräumigen Werkhallen auf den Plattnergründen in Ennsdorf wurde im Jahre 1919 die Herstellung von Kraftfahrzeugen und später die Kugellagerproduktion in Angriff genom- men. Neben diesem gewaltigen Fabrikbetrieb gelang- ten im Laufe der Jahre noch zahlreiche andere, zu- meist metallverarbeitende Industrien, zur Ent- faltung. Erwähnt seien nur die 1875 gegründeten Hack-Werke, deren Anfänge bis 1727 zurückreichen. Wie die Steyr-Werke sind auch sie für den Export und dadurch für die Wirtschaft unseres Staates von überragender Bedeutung. Die enge Verbundenheit der Stadt mit dem Eisen und die Geschicklichkeit der alten Meister tritt uns schließlich noch im Kunsthandwerk entgegen. Be- lrächtlich ist die Zahl der kunstvoll gestalteten Schmiedearbeiten vergangener Jahrhunderte. Eine bisher kaum erreichte Meisterschaft lassen jedoch die prächtigen Werke des Stahlschnittmeisters Michael Blümelhuber erkennen, dessen Kunst in der Steyrer Bundesgewerbeschule eine dauernde Pflegeslätte gefunden hat. Zeilen höchster Blüte sahen im Laufe der Jahr- hunderle Ilandel, Gewerbe und Industrie der alten Eisensladt. Gar häufig aber brachten Kriegs- und Naturereignisse äußerst schwere Rückschläge. Doch Sparsamkeit, Fleiß und Können der Stadtbewohner überwanden immer wieder solche Krisenjahre. Ihre Schaffenskraft konnte selbst der zweite Weltkrieg, der schwerste Wunden hinterließ, nicht zermürben. Die überaus reichhaltigen Gewerbeausstellungen der letzten Jahre haben dies eindeutig bewiesen. Textilwaren- und Teppichhaus '1ubolf toslinoet Inhaber: Heinrich Tulzer Gte~r, Gtnbtl)lat 20,22 ielel)bon 40 Stoffe für Herren- und Damenbekleidung, Loden, Bettwäsche, Inlett, Leibwäsche 1 Spezialgeschäft für Wohnraum- 1 Innenausstattung _ Dekorations- und Vorhangstoffe, Möbel- stoffe, Matratzengradl, Teppiche, Läufer, Vorleger, Bettumrandungen, Woll- und Steppdecken, Linoleum
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