Die Roten am Land

Während der beiden Faschismen war Karl Spielbüchler - jetzt noch dazu für seine Frau Elfriede und die beiden Kinder mitverantwortlich - lange Zeit arbeitslos gewesen. Er mußte samt seiner Familie von der Kleinlandwirtschaft seiner Eltern miternährt werden, wo er auch arbeitete, sodaß er die Nöte des Kleinbauernstandes in der Praxis kennenlernte. Deswegen war es auch Wunsch der SPÖ, daß Spielbüchler nach dem Zweiten Weltkrieg als oberösterreichischer Vertreter der Landarbeiter und Kleinbauern in den Nationalrat einzog. Der „ Verband der Kleinbauern und Pächter" in Oberösterreich Daß den Bauern von der SPÖ damals so selbstverständlich eine Vertretung im Nationalrat zugebilligt wurde, war wiederum mit ein Verdienst von Leopold Reiter. Er hatte sich schon früher in der Gewerkschaft der Land- und Forstarbeiter um die Belange der Kleinbesitzer angenommen und war führend dabei, als sich am 12. Juli 1925 der 11Verband der Kleinbauern und Pächter" in Oberösterreich aus dieser Gewerkschaft heraus gründete. Leopold Reiter wurde stellvertretender Obmann dieses Verbandes und blieb dies bis zu dessen zwangsweiser Auflösung in der Folge der Februarereignisse 1934 - die Organisation hatte sich mittlerweile in 11Verband der freien Arbeitsbauern" umbenannt. Franz Wiesmair, Josef Breitenbaumer und Leopold Reiter - diese Namen sind sowohl mit der Gründung der Arbeitsbauern-Organisation 1925, mit deren Aktivitäten in der Ersten Republik, mit den ersten Zusammenkünften nach dem Zweiten Weltkrieg und mit der Wiedergründung des Verbandes 1946 verbunden. Die polizeiliche Anmeldung des Vereins nach dem Kriege erfolgte mit 8. April 1947 (polizeiliches Genehmigungsdatum), und als Proponenten und provisorischer Vereinsvorstand sind nur diese drei Namen protokollarisch vermerkt. Als der Verband seine offizielle Wiedergeburt erfuhr, war Leopold Reiter freilich bereits zwei Wochen verstorben. Leopold Reiter war ein sehr aktiver Funktionär gewesen, und ein Pionier der Verbreitung sozialdemokratischen Gedankenguts in ländlichen Gebieten. So war er während der Ersten Republik Gemeinderat in Spital am Pyhrn und als Gemeindeausschußmitglied (heute Gemeindevorstand) der zuständige Referent für Straßenbau und -erhaltung. In seinem persönlichen und politischen Handeln ging Reiter so korrekt und mit soviel Sachkompetenz vor - besonders was den Einsatz neuer Techniken und Arbeitsweisen in der Landwirtschaft betraf-, daß er sich zwar keine innige Zuneigung, aber Anerkennung und Respekt auch beim politischen Gegner verschaffen konnte. 86 Selbstverständlich war Leopold Reiter Ortsobmann der Freien Arbeitsbauern in Spital am Pyhrn, von der Gründung bis zum zwangsweisen Ende 1934. In dieser Funktion baute er mit anderen Bauern einen ersten Maschinenring auf, der sich durch Mitgliedsbeiträge erhielt. 11Wollte ein Nicht-Vereinsmitglied eine Maschine leihen, mußte es warten bis die Mitglieder befriedigt waren und eine höhere Miete zahlen." Im Unterschied zu den heutigen Maschinenringen gab es keine Zentralverwaltungsstelle für die Geräte, sondern jeweils ein Mitglied war für Wartung und Verwaltung einer Maschine zuständig, wodurch sehr kostengünstig gearbeitet werden konnte. Als großer Erfolg der Spitaler Arbeitsbauern wurde weiter gewertet, daß es Reiter gelang, in der örtlichen Konsumgenossenschaft eine kollegiale Fleischhauerei der Kleinbauern zu errichten und dadurch eine alte sozialistische Forderung zu verwirklichen: die direkte Verbindung von Produzenten und Konsumenten. Reiters besonderes ortspolitisches Wirken galt aber der Vertretung der Bauern als Pächter und Servitutsberechtigte. Es war nur selbstverständlich, daß er der Ortsgruppenobmann des Servitutsberechtigtenverbandes und Exekutivkomiteemitglied des Alpenländischen Verbandes der Servitutsberechtigten 11ALVESER" war. Dieser Verband umfaßte das Gebiet des steiermärkischen, salzburgischen und oberösterreichischen Salzkammergutes und hatte seinen Sitz in Gmunden und Bad Goisern. Er war überparteilich organisiert und wurde auch während der faschistischen Perioden nicht aufgelöst - beziehungsweise nach kurzzeitiger Aufhebung wieder bestätigt-, erfuhr jedoch allerlei Einschränkungen. In diesem Verband ging Reiter bis 1938 im Verein mit dem ehemaligen Landbündler Hutgrabner gegen Absichten des konservativen Bauernbundes, die die Rechte der Servitutsberechtigten geschmälert hätten, vehement vor. Genauso agierten beide - und das ist besonders interessant hinsichtlich Hutgrabner, der mittlerweile Kreisbauernführer geworden war - auf Angriffe gegen die Interessen der Pächter und Servitutsberechtigten zwischen 1938 und 1945. Daß aber Leopold Reiter seiner Gesinnung auch für einen momentanen Vorteil nicht untreu wurde, geht daraus hervor, daß er der einzige Zahlstellenleiter der 11ALVESER" war, der zwischen 1934 und 1945 weder als Mitglied des Bauernbundes noch als Pg. (Parteigenosse) jemals angeschrieben oder eingeladen wurde, sondern stets als 11lieber Freund". Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde unter sozialdemokratischer Führung und mit Beteiligung aller antinationalsozialistischen Kräfte in Spital am Pyhrn eine 11Ordnungstruppe" ins Leben gerufen. Sie kennzeichnete sich mit rot-weiß-roten Armbinden und sah es als ihre

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