Die Roten am Land

W ie schwierig es war, sich sozialdemokratisch zu organisieren, zeigte sich in kleineren Dörfern vor allem dann, wenn ein mächtiger Arbeitgeber das Monopol auf dem Beschäftigungsmarkt hatte - etwa in Sierning-Letten, wenige Kilometer von der Stadt Steyr entfernt, die neben Linz zur Hochburg der sozialdemokratischen Arbeiterbewegungen in Oberösterreich wurde . 50 Josef Stockinger Arbeiter in1 Industrie-Dorf: Sin1ulanten, AufvViegler, Socialisten Arbeitsbedingungen und Arbeiterschaft im Zweigwerk Letten der Osterreichischen Waffenfabriksgesellschaft Die Ortschaft Letten, ein Teil der Gemeinde Sierning wenige Kilometer westlich der Industriestadt Steyr und umgeben von den im 19. Jahrhundert bedeutenden Messererbetrieben in Neuzeug, Grünburg und Steinbach, bildet den „Abschluß der industriellen Niederlassungen entlang des Steyrtales, eingebettet in das Plateau eines sich weithin erstreckenden Flachlandes, auf dem sich die stattlichen Anwesen der Landwirtschaft zerstreut ausdehnen".1 Leopold Werndl kaufte 1844 die Wasserwerke in Oberletten und errichtete hier - die Tradition der Waffenerzeugung fortsetzend - Schmiede-, Walz-, und Schleifwerkstätten. Sein Sohn Josef Werndl begann um 1850, die veralteten Familienbetriebe in Steyr und Letten mit modernen Bearbeitungsmaschinen auszustatten und nach amerikanischem Vorbild industrielle Fertigungsmethoden einzuführen. Große staatliche Aufträge für das von der „Österreichischen Waffenfabriks AG" in Steyr entwickelte Hinterladergewehr führten nach 1867 zu einem Aus- und Umbau der Fabriksanlagen in Letten. Die Beschäftigtenzahl war wegen der Krisenanfälligkeit der Rüstungsproduktion großen Schwankungen unterworfen: In den Jahren vor 1885 waren durchschnittlich 100 Arbeiter, bis zum Ersten Weltkrieg maximal 500 Arbeiter mit der Herstellung von Gewehrbestandteilen beschäftigt.2

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