als Mittel zur Unterdrückung und Verdummung des Volkes mißbraucht" werde - jedes Recht auf 11Erlösung" der Arbeiterklasse ab . Weiters vertrat Filzer die Ansicht, daß „die heutigen Lehren der Kirche den echten Satzungen der Christuslehre nicht getreu geblieben sind", und versuchte dies anhand geschichtlicher Beispiele und Bibelzitate zu beweisen . Diese Aussagen erregten bei der chris tlichsozialen Zuhörerschaft Mißfallen. Daraufhin ergriff der eigens aus Hall angereiste Beneficia t Engel das Wort und wies Filzers Gedanken heftig zurück. Engel appellierte - in der Hoffnung, daß es im „glaubensstarken Tirol kein(en) Boden für die revolutionären Bestrebungen der Sozi" geben werde - vor allem an den „Patriotismus" der Zuhörer. Für die sozialistische ,,Volkszeitung" war allerdings Johann Filzer der Sieger dieses Wortduells: ,, . . . und wer Ohren ha tte zu hören und fä hig war zu denken, mußte überzeugt sein, daß der rothe Bauer aus Kitzbühel in Socialwissenschaften und in Anwendung geschichtlicher Ereignisse Herrn Engel weit über is t und daß d ie Behauptungen des Letzteren klar widerlegt, oder auf das richtige Maß zugeschnitten wu rden."13 Trotz seiner umfangreichen Agitationstä tigkei t gelang es Filzer nicht, in die oberste Führungsschicht der Tiroler Sozialdemokratie vorzustoßen. Anläßlich der „VIII. Landesconferenz der sozialdemokratischen Partei für Tirol und Vorarlberg", welche am 30. Oktober 1898 in Innsbruck stattfand, wurde er zwar ins Konferenzpräsidium, jedoch nicht in die Landesparteileitung gewählt.14 Ein Jahr später war Johann Filzer in Vorarlberg als Landesparteisekretär im Gespräch . Aber auch dieses Amt blieb ihm vorenthalten: Die dortigen Genossen sahen in ihm einen 11sympathischen ,Spinner ', dem man die Leitung der Organisa tion nicht anvertrauen wollte"15 . Johann Filzer als Arbeiter und Agitator in Vorarlberg In den 1890er Jahren arbeitete Johann Filzer zeitweise in Vorarlberg- zunächst beim Bau des Neuen Rheins, später in einer Zündholzfabrik-, versuchte aber auch, politisch tätig zu sein. Zwar geben die diversen Meldungen über Aktivitä ten des „Genossen Filzer ", dessen Vornamen sowohl mit „Josef" als auch mit „Johann" an, Titel und Inhalte der erwähnten Veranstaltungen lassen aber den Schluß zu, daß es sich um ein und dieselbe Person handelt. So erwähnte das 11Vorarlberger Volksblatt " im Oktober 1898 - im Bericht von einer Versammlung, die in Hard bei Bregenz zum Thema „Lebensmittel-Vertheuerung und .. . Niedergang des Bauerns tandes und dessen Ursachen " stattgefunden ha tte - als Redner einen gewissen ,,Josef Filzer, gebürtig von Kirchdorf in Tirol, wohnhaft in I-Iard".16 Zwei Monate später führte dasselbe Bla tt, in einem Bericht über eine Volksversammlung in Hohenems am 6. Dezember, einen „Bauern aus Kitzbühl in Tirol, Namens Filzer," als Referenten an.17 Das „Vorarlberger Volksblatt" hob zwar stets den schwachen Besuch dieser Veranstaltungen sowie die Phrasenhaftigkeit der Ausführungen hervor, war sich aber über die Wirkung der Agitation Filzers auf die Bevölkerung doch nicht so ganz im klaren, sodaß es ihm sicherheitshalber immer wieder unmißverständliche Drohungen nachschickte: ,,Dem Filzer ra then wir daher in Güte, seine soziali stische Weisheit für sich zu behalten und in unseren Mauern in gebührender Bescheidenheit zu verharren. Denn tro tz seiner ,Weisheit ' imponi ert er der Bevölkerung von Hard absolut nicht. Sie braucht den Filzer gewiß nicht . Diese paa r Zeilen möge er sich bes tens zu Gemü the füh ren."18 Filzers politische Tätigkei t in Vorarlberg gipfelte in der Abfassung eines sozialistischen Programmes, welches anläßlich einer Bauernkonferenz am 16. April 1899 in Fußach am Bodensee beschlossen wurde. Der Inhalt dieses 11Fußacher Programms" lehnte sich an das Parteiprogramm der Sozialdemokra tischen Arbei terpartei Österreichs an . Es enthielt die Forderung des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts, das Verlangen nach gerechter Steuerver teilung, wobei das Einkommen progressiv zu besteuern sei, sowie nach Abschaffung aller indirekten Steuern und Zölle auf lebensnotwend ige Güter. Ferner sollte der Staa t für eine ausreichende Invalidenund Altersversorgung, den obliga torischen, weltlichen und unentgeltlichen Volksschulunterricht sowie für eine unentgeltliche Rechtspflege und für kos tenlosen Rechtsbeistand bei Berufungen in Strafsachen sorgen . Verlang t wurde auch die Einführung der unentgeltlichen ärztlichen Hilfe, einschließlich der Geburtshilfe und der Heilmittel. Das Programm schloß mit der Forderung nach Abrüstung des Heeres und Errichtung einer Volkswehr an dessen Stelle sowie mit dem Verlangen, alle Gesetze abzuschaffen, durch welche die freie Meinungsäußerung und das Recht der Vereinigung und Versammlung eingeschränkt oder unterdrückt würden .19 Im - von Kirche und Christlichsozialen dominierten - „Ländle" konnte dieses Programm kaum Breitenw irkung erzielen . Immer wieder machte sich das "Vorarlberger Volksblatt" über den schwachen Besuch der sozialistischen Versammlungen und damit auch über deren geringe Bedeutung lustig. Zu einer Volksversammlung, die am 29. Mai 1899 in Höchst bei Bregenz im Gas thaus „Zum Schiff" stattgefunden ha tte, wußte das Bla tt sichtlich zu25
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