schließlich sogar die ers te Partei auf dem Gebiet der damaligen Monarchie, die sich ausdrücklich als Par tei der arbeitenden Bevölkerung vers tand - die 11 Vorarlbergische Partei der Gleichberechtigung". Die Bezeichnung 11 Partei" stand allerdings in keinem Verhältnis zur Zahl der Mitglieder. Dennoch hofften die drei Männer, ihre 11 Partei" werde über kurz oder lang die stärkste des Landes.9 Wenden wir uns kurz den programmatischen Vors tellungen Felders und Moosbruggers zu : „Gleichheit der Menschen is t das Princip unserer gesammten Kultur. Gleichheit des Rechts ist nur eine Consequenz desselben. Es is t daher ein ehrenhafter Zug unserer Zeit, Gleichberechtigung für Alle kräfti g anzus treben, d ie unter Ei nern Rechtszus tand (in Einern Staa t) zusammenleben . . ." Diese aufrührerisch anmutenden Wor te schrieb Kaspar Moosbrugger in der programmatischen Schrift der Partei 11Ruf aus Vorarlberg uni Gleichberechtigung"10 . Eine Konsequenz d araus war für Moosbrugger die Forderung nach 11Associationen der Arbeiter zu eigenen Unternehmungen (Produktiv-Associationen)", deren Gründung vom Staa t zu unterstützen sei .11 Wie konnten solche Gedanken in einem. abgeschlossenen, bäuerlich geprägten Tal entstehen? Felder, Moosbrugger und mit ihnen etliche andere Bewohner des Bregenzerwaldes wurden nicht zuletz t durch die vielen 11 Fremdler", wie man die saisonalen Auswanderer nannte, mit der 11sozialen Frage" und den modernen sozialreformerischen Ideen bekanntgemacht. So finden sich im Nachlaß Felders viele 11 Fremdlerbriefe", 12 wie jener Josef Natters aus Geneuille vom 1. Juli 1866. Natter beschreibt darin die Wohnsituation der Arbei terinnen und Arbeiter - und zieht politische Konsequenzen: ,, Bei uns wü rde man Bedauern mit Ziegen oder Schweinen haben, die man in solche Ställe hinein thun müßte. Doch Du weiß t das gut genug, aber man muß es gesehen haben, ehe man sich eine richtige Vorstellung davon machen kann. Wenigs tens auf mich ha t dieser Anblick einen viel s tärkeren Eindruck gemacht, al s alle s tatistischen Zahlen. Doch zeigen diese doch d ie fürchterliche Menge an, die in solchen Zuständ en lebt. Da thut Abhilfe wahrlich noth u. jeder Mensch mit gesundem Verstand soll denen danken, di e sich bemühen, di esem Übelstand e abzuhelfen, u . das Seinige dazu beitragen. Ich habe aufs Neue den Vorsa tz gemacht, für d ie Grundsä tze unseres verehr ten u. leider zu fr üh verblichenen Meisters zu leben und zu sterben. Eben darum freut 's mich so, daß di e Wälder noch zur rechten Zeit dem Übel zu steuern anfangen . . ."13 Der 11 Meis ter " war niemand anderer als Ferdinand Lassalle, und die Freude Natters über die 11Steuerung" des Übels im Bregenzerwald bezieht sich auf Felders Idee einer Käsegenossenschaft. Damit wären wir bei der dritten Antwort - neben d er frühkommunistischen und der liberalbürgerlichen - auf die soziale Frage im Bregenzerwald: der hauptsächlich an Lassalle orientierten Genossenschaftsidee. Diese Idee unterschied sich prinzipiell von den Vorstellungen des Liberalen Josef Feuers tein. Der Käsehandel wurde damals vom Gemeindevors teher von Schnepfau, dem Adlerwirt Gallus Moosbrugger, und seinen Brüdern beherrscht. Er besaß die größte Käsehandlung Vorarlbergs und unterhielt Geschäftsbeziehungen vor allem nach Mailand. Gallus Moosbrugger beherrschte zugleich den Impor t aller wesentlichen Güter in den Bregenzerwald und hatte somit praktisch ein Impor t- und Exportmonopol errichtet.14 Das sollte durch die Gründung von Genossenschaften gebrochen werden . Felder und Kaspar Moosbrugger wollten mit ihren 11 Productions-Genossenschaften" auch das Bewußtsein der Bauern verändern. Im November 1866 verschickten sie ihre Programmbroschüre an alle Landtagsabgeordneten und Gemeindevors teher Vorarlbergs . Anfang 1867 ließ Moosbrugger anonym seine Schrift 11Klarstellung der Vorarlbergschen Partei der Gleichberechtigung" erscheinen . Von ihr meinte der Bregenzer Polizeikommissär Johann Hammer: „Diese Klarstellung ist rein nur den Schr iften und Tendenzen der Roth-Republikaner Lasalle und Proudhon entnommen und daher dem Ge iste unseres Vora rlberger Volkes verd erblich, wiewohl ich anderseits die feste Überzeugung mir auszusprechen getraue, daß in der großen Maße desselben d iese Tendenz-Druckschrift gewiß keine güns tige Aufnahme findet. "15 Die beiden Schriften Moosbruggers führ ten - da ha tte Hammer recht - zu keinen größeren positiven organisatorischen Konsequenzen für d ie 11 Partei". Doch immerhin gab es Diskussionen: Während das katholisch-konserva tive 11Vorarlberger Volksblatt " die Schriften mit Spott und Hohn übergoß, 16 sah die liberale 11Feldkircher Zeitung" durchaus Gemeinsamkeiten und hielt 11 eine gegenseitige Vers tändigung über die anzustrebenden Ziele nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern sogar durch die Sache selbst begründet ... "17 „Die Fackel des Aufruhrs . .. in diese Gemeinde getragen" Im Bregenzerwald selbst gingen die Wogen hoch: Die Geistlichkeit predig te in einer bislang nicht gekannten Aggressivitä t gegen Felder und Moosbrugger. Auch der liberale Landtagsabgeordnete und Or tsvorsteher von Bezau Josef Feuerstein mußte sich von der Kanzel herunter die kleri15
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