Die Roten am Land

Nach der Niederlage der Sozialdemokratie in den Februarkämpfen und der Errichtung der austrofaschistischen Diktatur schieden sich die Wege vieler Sozialdemokraten. Ein Teil ging zu den Kommunisten - die KP erlebte einen merkbaren organisatorischen Aufschwung, wobei das rasche Anwachsen der Mitgliederzahlen der illegalen Arbeit nicht immer förderlich war und oft zur Aufdekkung durch die Behörden führte . Dennoch: Nach 1934 ist die KP auch in den westlichen Bundesländern zeitweilig zu einem bemerkenswerten Faktor der Arbeiterbewegung geworden. Es gab die Anpassung an die politischen Verhältnisse; und es gab den Übergang zu jener oppositionellen Strömung, die in Wort und Tat am radikalsten auftrat: zu den Nationalsozialisten. Keine gute Zeit für gradlinige Biographien ... 148 Franz Steinmaßl ScheidevVege Der Februar 1934 und die Folgen: Drei politische Lebensbilder aus dem Unteren Mühlviertel Die sozialdemokratische Arbeiterbewegung bildete auch vor 1933/34 nicht jenes geschlossene „Lager", wie es sowohl ihre führenden Repräsentanten als auch der politische Gegner glauben machen woll(t)en. Gerade in den ländlichen Gebieten, etwa im Mühlviertel, reichte die Spannweite von einer solid-loyalen Zusa1n1nenarbeit mit den Christlichsozialen in den Gemeinden bis zu den radikalen Klassenkampfparolen, insbesondere beim Republikanischen Schutzbund und den jüngeren Parteimitgliedern. Konnte unter den Bedingungen der Legalität aber doch noch eine weitgehend geschlossene, wenn auch nicht einheitliche Bewegung aufrechterhalten werden, so sind die Auflösungserscheinungen nach dem Februar 1934 nicht zu übersehen. Diese gehen in drei Richtungen, die auch durch die nachfolgenden Lebensbilder dargestellt werden sollen: in die linke Illegalität, zur Vaterländischen Front beziehungsweise Heimwehr und auch zu den Nationalsozialisten. Die drei in der Folge geschilderten Einzelschicksale sind keineswegs Einzelfälle: Sie sind, soweit dies individuelle Schicksale sein können, repräsentativ für Strömungen, die wir in der Arbeiterbewegung, nicht nur im Bezirk Freistadt in Oberösterreich, antreffen. Es hat aber auch noch eine vierte Entwicklung gegeben, die sich freilich der Darstellung weitgehend entzieht: das Verstummen. Aus den bitteren Erfahrungen von 1933/34 heraus haben zahlreiche Funktionäre, Mitglieder und Instinktsozialisten die politische Arbeit überhaupt eingestellt, haben den Kopf eingezogen und ihr Überleben unter den harten materiellen Bedingungen der dreißiger Jahre durch mehr oder minder deutliche Anpassung an die Verhältnisse abzusichern gesucht.

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