Fragen der Sittlichkeit, der Körperlichkeit und letztlich der gesellschaftlichen Rolle der Frau schufen einen weiteren tiefen Bruch zwischen dem katholisch-konservativen und dem sozialdemokratisch-liberalen Lager. In den großen Städten war diese Kluft im Alltagsleben wenig bemerkbar, doch in den Dörfern und Kleinstädten bedeutete sie einen spürbaren kulturellen Bruch: ,,Modernisierer" gegen „ Traditionalisten" - das Kampffeld reichte von der Ehe bis zum Sport. .. 120 / / KATHOLISCHE LEITSÄTZE UND WEISUNGEN ZU VERSCHIEDENEN MODERNEN SITTLICHKEITSFRAGEN Schreiben des österreichischen Episkopats, Jänner 1926 (Wiener Diözesanblatt, 10. Juli 1926) Die Entsittlichung unseres Volkes schreitet unheimlich voran.... Das Turnen muß nach Geschlechtern getrennt geschehen und der Turnunterricht 1nuß von Lehrkräften des gleichen Geschlechtes wie die Turnenden erteilt werden. Die Turnkleidung darf das Schamgefühl nicht verletzen. Badeanzug beim Turnunterricht ist für Knaben wie für Mädchen nicht zu dulden. Nacktübungen jeglicher Art sind zu verwerfen. - Für die Mädchen ist jede Turnkleidung abzulehnen, die die Körperfonnen aufdringlich betont oder sonst für weibliche Eigenart unangemessen ist. Mädchenturnen soll nur in Hallen oder auf Plätzen veranstaltet werden, wo die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist. ... Vor dem gemeinsamen Wandern von Jungen und Mäd- // chen wird eindringlich gewarnt ...
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