Der Kuckuck vom 17. Jänner 1932

Forlseh.un(!" von Seite 12 „Hörnn Sie aui! Hären Sie auf! Was habeu Sie über meine Frau gesagt'!" „Über Merete 0 Über die kann doch kein M ensch nicht was sagen. Die ist tloch die Güte selbst und die Schönheit und die Unschuld - was wollen Sie denn, das w ird man doch noch .sagen <liirfen, die hat uie was Unrechtes nicht getan, über die spricht kein Mensch etwas, und wenn -.je auch diesmal kein Kind nicht bckornmt, das ist doch. auch uoch kein Unglück nicht, so was ändert sich. das k~rnn man nie wissen, und was meine Tante selig war, die kriegte ihr erstes nach siebzehn Jahren und überhaupt - , lierr ßildt. Herr Bildt, so gehen Sie doch fort, Sie verbrennen mir ja, Sie drücken mir ganz an den heißen Herd!'' ..Was haben Sie über mich gesagt?" Uott sei Dank, Schlüssel im Schloß, der Oberst. Daisy kmtrrt. Ach du lieber Himmel. was soll der Oberst jetzt denken. „ Herr ßildt, mein Herr ist da. Wenn der einen Mann hier trifit. in der Küche - •· .. Was haben Sie über uns gesagt"" „Das kost' mir meine Stellung, heut abend noch muß ich raus aus dem Haus; nein, nein, nein. das verzeiht er mir nie, Barmherzigkeit. Herr Bildt, Barmherzig– keit!'' Und sie ialtet die kleinen, dicken, roten Hände. Was kann man machen mit solch einer Kreatur'' Mogens Bildt taumelt hinter ihr die Hintertreppe runter durch den dämmrigen Hoi. Da zerstört sie einem das Lehen, das Licht, die Luit 1rnd die Sonne und hat nur Angst, daß ihr Herr was d.avon erfährt. Was hat sie gesagt, was hat sie nur )('esagt'' Er muß das wissen! Er wird wiederkommen. Was hat sie gesagt? Oie Jeanette aber schließt zitternd die Tür zur Hintertreppe ab. Das tut sie sonst nie. Dieser Bildt war kein Geist. Aber dann tausendmal lieber noch die kleine Webern, ob sie jetzt aus Fleisch und Blut war oder nicht. Dieser Bildt sah aus wie einer - \.Vcnn der cinl.!m mal an die Uun:cl spran~. das gab mehr als einen Kratzer. Und lici lloch sonst immer ·rum wie ein grol!er Junge, der die Schule schwänzt, niemals ernst. immer so mit Locken. Meretc kann sich freuen, wenn sie jetzt zurückkommt. Na ja, aus Knahen werden eben Männer. Und sie holt , ich ein Tuch aus ihrem Zimmer. Ihr ist so ka lt. Die Zähne schlagen aufeinander. Wenn das nur nicht Fieber ist. Schüttelfrost. Da - es läutet schon wieder. Eine Sekunde lang nur. oder hat sie sich geirrt> Na, nnr jedenfalls rasch hinaus, damit nicht der Oberst - Nein, niemand steht vor der Tür. Aber im Vorzimmer liegt weiß und schmal ein Brief. Hochwohlgeboren Fräulein Anna Borsig. Keine Marke drauf. Wir war der nur her– eingekommen" Unten bei der Tür. Fräulein Anna Borsig. Was soll denn das heißen. Hoch- Die Jeanette nimmt den Briet mit spitzen fingern, legt ihn aui den Küchen– tisch, holt ihre Brille (die der Oberst noch nie gesehen hat) und liest: ,.Teuerste Freundin! Ich bitte Dich, nimm meine Worte ernst. Ich beschwöre Dich, sd1'ia:; c meine Warnungcu nicht in den Wind. Noch irrst Du uuschuldig, wie Du ja auch bist. in alle den Geiahren, die Oich umlauern. die auf Schritt und Tritt nach Dir lechzen. Ahnst Du denn wirklich nicht, daß der Haß und die \Vut einer g-anze11 Staclr über Dir schweben, daß die Hände schon erhoben sind, die mit Steinen nacil Dir werfen wollen? Daß sich Messer zücken, daß Verschwörer an dunklen Mauern streife11. J~anette. flieh! flieh, so rasch, als Ou kannst. \,\loh! hasl Du sie nid1t geschrieben, die Worte der Wahrheit, die so sehr Wahrheit sind, daß sie zur Wahr– heit wurden, aber die einzige Person, die dies beweisen kann, ist durch ein düsteres Schicksal zum Schweigen gebunden. Ihr bleibt nichts übrig. als Dich zu warnen, als Dich anzuflehen, als Dich auf den Knien zu bitten: flieh! flieh! flieh! Lall Dein Kind irn Stich, es ist ja ohne– hin der grenzenlosen Geilheit eines lüsternen Greises veriallen, nun kannst Du es ihm nie mehr entreißen, es ist in seinen Krallen, es kommt dorthin, wo schon das Fräulein Corinna ist. Laß Deinen Oberst im Stich, er sieht ja doch mit keinem Auge nach Dir, Du bist nur gut genug, um seinen Dreck hinter ihm a11izuräumen. Laß Deine Träume im Stich, arme Jcanette. Deine Wünsche und Deine Hoffnungen. Laß alles im Stich, alles, alles, denn es gilt Dein Leben. Habe ich mich je getäuscht? Hat nicht alles sich bewahrheitet, was je in meinen Briefen stand? Bedenk es wohl! Deine Dir wohlgesinnte und vor Angst um Dich zitternde Veritas." Das war ja eine nette Gemeinheit! Und wohlgesinnt und hochwohlgeboren und dabei lauter so scheußliche Sachen. Wie? Was? Seinen Dreck hinter ihm auf- räumen. Diesem feine11 Me11sd1c11. der hat doch überhaupt keinen Dreck. Was das nur iür Ausdrücke sind! Und fliehen soll sie'! Ja, wohin denn fliehen ? Das ist sicher ei ne. die sie um ihre Stelle be– neidet. Eine, die selbst gern zun1 Oberst möchte. Ja freilich. Und was da nur von Petra steht. Doktor C,rips will sie ohue– hin adoptieren, was An~tändigercs gibt es doch iiberhau1H nicht. Und \\:arum soll das Mädel denn nicht sei11 Gliick 111achc11. Mit de111 Vermögen kriegt sie ·nen Re– staurateur oder ·nen icinen Ues<.:Mifrs– rnann. Ist ja alll!s nur Neid. Neid und Bosheit. Und die Gciahrcn - " ·ie heill t es nur, die Gefahren lcchzt!n, wa~ das \Viedcr für ei11 \.Von sein soll, di e tu t skh noch groll mit ihrem Cicbildetsein - die Gefahren, das ist doch auch nur die reine Niedertracht. Das möchte der passen, dieser, dieser. wie heiHt sie doch nu r, Veritas. \Vem1 sie, die Jeanette, er- schlagen wird, dann ist ihre Stelle irei, bitte sehr, meine Liebe. Aber so haben wir nicht ~cwettet. No..:h lange niL:ht. Die Jea11ette springt aui. Hallcluia ! Jetzt weilt sie. wie sie sich retten kann. Hat sie doch endlich aud1 so einen Anonymen. Jetzt braucht sie nur morgen vorm ittag zu Niclsen zu gehen: ,.Also, da habt ihr es, jetzt könnt ihr alle sehen, was für Lafien ihr seid. jetzt hab' id1 selbst so ne Schweinerei i,;ckrici:t.'' Halleluja, was Besseres konnte ihr gar nicht passieren. Sie w ird gleich zum Obe rst KChen, um sich iür morgen frei zu bitten. 'Eine wich– tige Privatangelegenheit. PrivatanKe– legenheit. das klingt fein. Er wird AuKen machen. Oberst Webern sieht von seinem „Amtsavis" auf, schiebt die Brille aui die Stirn, hält die Hand vor die Augen, als ob ihn die Hängelampe blendete, und sagt (was hat er denn, er ist ja ganz heiser) und sagt also: „Gut, daß Sie kommen. Jeanctte, ich habe Ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen." (Was das wohl wieder sein wird?) „Ich gedenke nämlich - wollen Sie ~kh nk:ht setzen, Jcarn::.tle, bitte, ganz wie Sie wollen - ich gcdc11kc..:, auf lii11~crc Zeit zu verreisen, nach l)cul~dlland oc.k r au...:11 nach Cngland vicllcidll, und da hat es docll keinen Sinn. kurz und gut. kh meine, sclhstverstä11dlid1 bekommen Sie das hesre Zt.:u:.;nis, und iiberhaupt eine Person von Ihren hihigkeitt n - '· .,Jcsusr· ,,Nein, nein. Jcanettc. Sie dürfen da~ wirklich nh.:ht ialsch auffassen, aher Sie müssen doch einsehen, was soll k:h de11 11 111it einem H~1ushalt. wenn ich vc rrebe - ·· Verreisen, von was will denn der verreisen, er hat doch kein Ueld nicht. und überhaupt. das i st j a ve rrückt, dH!-– ist ja w ahnsinnig, das i.st ja ganz und grir nicht 111öglich. Die Jeancttc reillt tlen Mund aui. Kei n Wort Kein heraus. „ U11d aullerdem - so setzen Sie , ich doch - also ganz wie Sie wollen, wir können ja aucli morgen darüber sprechen oder tibcrmorgen. Wir werden uns schon_ einigen. Das ist ja keine solche Ange– legenheit. Bringen Sie recht bald das Abendessen. Daisy dar! heute nur Milch– br~i hckornmen:· Nein, die Jc..inette bringt nicht das Essen. sie denkt nicht dran; heut kann. ..illcs verkochen und anbrennen. sie geht nicht mal in tlie Küche hinein, sie schießt in ihr Zimmer, ('Jott, wenn sie jetzt nur nicht Kleich in Ohnmacht fällt, das kleine, r0tc Lämpc.:hen brennt so trüb, auf dem rullhoden rinKsum liegt noch die scl1mutzige vV~ischc, aui ihrem Bett seine Hemden, sieben Taghemden, Nachthem– den weniger. Gott, Gott, sie wirft sich 'rein in diese Hemden, sie wühlt das Ge– sicht in diese Hemden. Uott, Uott! Aber nein, es ist ja nicht möglich und was nicht möglich ist. kann auch nicht sein. Sicher war das Ganze nur ein Scherz, ein Spall, ein Witz. oder, ja, ich hab's, oder er will mich auf die Probe stellen, will seheu, ob ich zu ihm gehöre, fiir immer um! cwiK. ob ich sein W eib hin vor Gott. wenn auch noch nicht vor den Menschen. Und morgen wird er sagen, Jeanette. wird er sagen. meine Jca nctte, wie l1ast du es nur einen Augenblick lang glauben können. weißt tlu dl!nn nicllt. was ich mit diesen \.Vorten sagen wollte, ver- stehst du mich denn noch immer nicht? Herr des Himmels. die Kartoffeln! Ein Glück, dalJ sie so viel Wasser aufgestellt hat. Die Milch freilich, die ist übergelauicn. Es stinkt erbärmlich. Sie wird für Daisy noch einen Viertelli ter holen müssen. Aber so was kann passieren. Es war eben wirklich ein bißchen viel heute wohlgeboren, aber sonst keine Adresse. · Rassische Arbeiterin Unionbild - nachmittag. Erst die kleine Webern oder, was noch schlimmer wäre, ihr Geist (soll man dem Oberst da– von erzählen oder nicht?); jedenfalls kann so ein Besuch einem schon auf die Nerven gehen, und der andere erst. der verrückte Lehrer, der Mensch sah ja aus, als wäre er nicht recht bei Trost. Was wollte er er nur, was hatte der denn mit Klara Tör– ring zu schaffen, was ging ihn die Geschichte auf dem Marktplatz an? ----------- ------- ------- -------------- • 1 Schöne weiße Zähne: Chlorodont 1 1 1 1 1 die h er rlich er .,.. f r isrhend srhme<l<e n de P fe ff ermin z -Za h npa s t e. Tube 5. 0.90 und S. 1.40. Mundwasser : flasrhe 5. 1,80 und S. 3.- . Zahnbürste: 5.1.75, für Kinder S. 1.20 I - - ------------------------------------------- - - 14

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