Der Kuckuck vom 17. Jänner 1932
,o bin ich doch gar nicht. Morgen beim Frühstück besprechen wir erst alles ernstlich." Ach, es nutzt nichts, wenn sie ihn jetzt auch auf die Glatze küßt und so ver– gnügt zum Zimmer raushüpft ; mit dem Mädel ist was los, mit dem Mädel ist was geschehen, das läßt er sich nicht nehmen. Hol's der Teufel, sie wird doch an, ctas alberne Gefasel nicht glauben. Sie wäre die erste nicht. Da war doch die Frau von diesem Doktor, diesem Grips, die ist gleich daran zugrunde gegangen, und daß die Bild!, die verrückte Person, ihrem Mann plötzlich auf und davon ist, Gott weiß wohin, ist auch schon kein Geheim– nis mehr, das weiß ein jeder, wenn Bessie auch nicht den Mund darüber aufmacht. Heut war sie übrigens bestimmt auf der Insel drüben, drum ist sie gar so außer Rand und Band. Aber das ist nicht alles. noch lange nicht alles. Da steckt was da– hinter, am Ende - aber nein, sie ist doch sonst so klug und vernünftig - Unsinn, sie hätte doch auch fragen können - am Ende glaubt sie gar, es ist was Ernstes dran an den Gerüchten. Verflucht noch mal, wie soll ich ihr nur erklären, daß ich den Kerl nicht sehen will, unter keinen Umständen sehen will, und wenn er noch mal mein t1aus betritt, ich jag' die Hunde aui ihn. Aber wie soll ich ihr nur erklären, daß das nichts mit Testamenten und Erb– geschichten zu tun hat. daß das alles in Ordnung ist; daß dieses Schwein, diese Kanaille aber der erste war, den ich mit ihrer Mutter - Schluß damit. Nicht daran zu denken! So was werde ich ihr nie, nie, nie sagen, und wenn sie kein Vertrauen zu mir hat - ach Gott, ach Gott, wie schwer ist doch das alles ! Die Jeanette fiel glatt vom Stengel, als sie die Tür öffnete (erst dachte sie, das kann nur der Postbote sein, oder ein interessantes Telegramm, oder Petra, die hat ja überhaupt keine Arbeit mehr, oder vielleicht gar Fräulein Jensen, die tut jetzt doch immer so besorgt), und vor ihr steht die Tochter von Christiansholm, das gnädige Fräulein, das sie noch auf den Armen getragen und dem sie noch selbst unterm Brunnen die Pfötchen gewaschen hat. .,Ist der t1err Oberst zu t1ause?·' ..Nein", sagt die Jeanette und wischt die fetten Finger in die Schürze und knickst. Das also ist sie. Das ist die Person, vor der eine ganze Stadt erzittert. Diese Schlitzäuglcin, diese lächerliche kleine Nase und der mächtige Busen. ,,Wollen gnädiges Fräulein eintreten?" „ Ach danke, ich komme später mal w ieder." Nein, wie gut, daß t1err Oberst Alexis Webern nicht zu t1ause war. Was hätte sie ihm auch sagen sollen, nachdem sie dieses dicke Frauenzimmer einmal wirk– lich und wahrhaftig vor sich gesehen hatte. Ihn bitten, sie wegzuschicken? Ihn beschwören, mit einem Machtwort dem Unfug ein Ende zu machen? Ja, was hatte sie denn sonst noch wollen? Wozu war sie denn überhaupt hergekommen? Nur um sich mit eigenen Augen zu über– zeugen, daß diese arme dumme Köchin nicht schuld an den abscheulichen Briefen sein kann? ,,Beß, Beß, du weißt ja schon selbst nimmer, was du tust. Aber etwas tun will ich. So geht das nicht weiter. Etwas tun muß ich. Mogeus - der Mensch ist ja nicht imstande, von selbst was zu tun." Die Jeanette sinkt auf die Kohlenkiste nieder mit gefalteten t1änden. Das t1erz klopft ihr bis in den t1als hinauf. War das wirklich das gnädige Fräulein von Christiansholm? Hier in der Wohnung? . Und wie schön sie auf einmal war, wie groß, wie gereckt, und eine Haut wie Pfirsichkompott. t1err Jesus, so was war ja gar nicht möglich. Die hatte ja gar kein Affengesicht. Die konnte jeden Grafen be– kommen. Und da läutet sie nur so auf einmal an. Was wollte sie denn hier? Am Ende (die Jeanette rennt zum Herd, reißt einen Topf zur Seite), am Ende war sie es gar nicht gewesen. Und das war nur ihre Erscheinung, ihr Geist, während sie selbst schon ertrunken im Schloßteich schwamm. weil der Bräuti- 12 HUMOR UND SATIRE Ich will auf eine Woche nach Paris, was kann das kosten? fünftausend Franken, wenn du allein fährst, die Hälite, wenn dich deine Frau begleitet. (,,Le rire.") D e r K r i m i n a I i s t. ,. Wie kennen Sie Illre Zwillinge eigentlich auseinander?" ..Sehr einfach! An den fingerabdriickeu !"' (,.flie~ende Blätter.") Der Schutzmann Meier VIII traf gegen 5 Uhr morgens auf einen gewissen Herrn Emil Scheunentanz, der sich anschickte, in einem Schneehaufen schlafen zu gehen. ,.Ich will Sie nach Hause bringen", sagte der Menschenfreund, .,wo wol111en Sie denn?'' „Nach Hause?" lallte Scheunentanz. .,We -wenn ich mich recht erinnere, Au-Augu– stenstraße 5." ,,Also los! Sie gehören in Ihr Bett!" .,Ins Bett?" staunte Emil Scheunentanz, ,.und da wollen Sie mich nach Hause brin– gen?" ,,Ja. was denn sonst?" ..Da bri- bringen Sie mich bitte zum Ver- satzamt!" (.,fliegende Blätter.") VOCK u. WIENER RATNAUSKELLER TREDER OfTOKASERER w 1 E N Steinme1:-. Bildh.iuer-. B.iu-, XVl,THALIA- Gr.lbm11I-, Kuns1stdn.irbelren L. SCHAFTNER STRASSE 25 Wien V, Matzldnlldorlerplatz ♦ Telephon A-30-3-38 GALOSCHEN Hotel C."\[l'.Restaumli,m SCHNEESCHUHE Eisenbahnerl,eim U. SAMTLICHE GUMMIARTIKEL .lfars.v,•ll'n:str-.,6„166 Td.. ,>1,.,11 .1„30 ...1.. ,e; gam sie verlassen hatte. Denn das wußte jetzt schon die ganze Stadt, und sie, die Jeanette, hatte es schon vorher gewußt, wie so manches andere. Und sie, die Jcanctte, hatte ja auch nie gewollt, daß auf Christiansholm Glück und Segen je wieder einkehren sollte, sie hatte das Schloß verflucht, jawohl, verflucht. und da kam nun das arme unschuldige Kind, um sich zu rächen, weil ihm sein Lebens– glück verpfuscht worden war. Da kam es wieder nach dem Tode - ach du lieber Himmel, das konnte nun mal nichts Gutes zu bedeuten haben. War sie es w irklich, oder war sie es nicht? Wenn ja, dann hieß es, sich in acht nehmen. Sei auf der tliut, Jeanette, es passiert jetzt so manches Sonderbare hier in der Stadt. Ach, und dabei hatte er sie nicht einmal nach der Wunde auf Sei ne M einung. Lehrer: ,,Warum nennen wir das Deutsche unsere Mutter– sprache?" Hänschen: ,.\.Veil Papa weniger zu \1/ort kommt:· (,.Tit-Bits."l Fritzchen kommt mal wieder stark ramponiert zu Mittag heim. "Was hast du wieder angestellt?" fragt die Mutter. ,.Ich habe mich mit Kurt frege p:ehauen." .,Schämst du dich nicht? Mit dem Kurt! Daß der sich mit dir 'rumschlagen würde hätte ich nie gedacht, der hat ein so nette; Gesicht!" ,.Hat er nu nicht mehr!" (,,Montreal-Gazette.") ,.Nun, was· sagte denn der Verleger zu den Gedichten, die Sie ihm vorlasen?" „Gar nichts! - Ich habe ihn auch gar nicht erst geweckt!" In einem Büro hört man lautes Geschrei. „Wer schreit denn hier so?" fragt der Nachbar. „Mein stiller Teilhaber", war die Antwort. (..Mncha.") „Jch möchte einen Kragen - :.:-e1mu wie der, den ich umhabe." ,.Bedaure sehr. wir führen nur saubere Kragen:· (.. Karikaturen.") \Ve1111 dt;r t'cui.:rwellrma1111 scme11 Kragenknopf suchen muß. (..Judge.") ihrer Wange gefragt, wahrscheinlich aus Schonung, aus Rücksicht, aus Zartgefühl. Aber schön wäre es doch gewesen, wenn er gesagt hätte: ,,Um Gottes willen, was hast du, mein Lieb? Mein Lieb." Wie das klang. Aber das durfte er ihr nicht sagen. Noch nicht. Und deshalb schwieg er lieber ganz. Er war eben so ein vornehmer Mensch. Was die Kleine nur von ihm wollte? Das heißt, wenn es wirklich die Kleine gewesen war. Und nicht - huh ! Die Jeanette reißt ein Fenster auf, ihr Busen liegt breit auf dem Fensterbrett. Wenn nur bald jemand vorüberkäme! Man kann ja so ganz nebenbei fragen: ,,t1aben Sie nicht das Fräulein von Christiansholm gesehen, die schusselt ja immer so mit ihrem Auto 'rum." Oder: ,,t1aben Sie schon gehört, da drüben bei Weberns soll ja was los sein. Was Entsetzliches ist passiert." Oder: - Mein Gott, da läutet es sehon w ieder. Das wird doch nicht - Es läutet nochmals, lang und heftig. Dringend. Die Jeanettc schließt das Fenster. Wenn es ein Geist ist, hilft es auch nichts, wenn man schreit. Und wenn es der Herr Oberst ist, der den Wohnungs– schlüssel vergessen hat, ein Fremder läutet doch nicht so - !f !rr1•,·a• §! z Hm"' mit lh,., M,;n,os! Sd,,.;b,o SI, ,ofo,t ,n d;, .,K"d"d"-~<d•kUon, l,J-., ~ • ~!~f.~~:e~!~ W]~~~;~~~• wen Sie YOn den Personen du Rom•ns für den Brieft halten. Sotlttn Sie 1 ... n•<h Ers<heinen der nächsten Fortsetzungen lhre Meinung indtrn, $leht u Ihnen frei, eine •nder~ Person •ntu9eben. für die Ge- winner sind folgende Preise •u,9uetzt: Ich h•he . 1, Pr•I• 505 !. Preis JO S 3. Preis fO S u. SO Büdiupr•lse den (die) Verf•sser(in) der •nonymen Briefe Diese Preise kommen nach Schluß du Romans „Verito Yerhut die ~::!!~~ t.b~:,dz:~'~!~1:~~ent'siedidü~f:: r1:ti?b:,B~ii~s~~ei::~ N•me: jeweils im „Kud:uO:" •b9edrudten Coupon$ <1n dem Roman-Wett- rennen „Veritu Ytrhut die St•dt" bdeiligen Adruse: ' ,,Ach, t1err Bildt, ist das eine Über– raschung. Nein, der t1err Oberst ist nicht zu Hause." „ Ich w ill auch gar nicht zum Herrn Oberst." ,,Nicht?" ,,Ich will zu Ihnen." Die Jeanette lehnt sich an einen Schrank. Es ist so dunkel in dem kleinen Vorzimmer. Ist das auch wirklich Bildt. der schöne Lehrer. Er sieht so unordent– lich aus. ,,Ich w ill mit Ihnen sprechen:' „Dann - dann müssen Sie wohl in die Küche kommen." (Jn ihrem Zimmer liegt nämlich die ganze Schmutzwäsche ausgebreitet. sie hat sie vormittag noch nicht zu Ende gezählt. Sieben Hemden vom Herrn Oberst, sieben Taghcmden allein - was will nur der Mensch'') ,,Ist mir ganz egal." Bildt setzte sich auf die Kohlenkiste. Wie ·der nur aussieht. Keine Krawa tte. Lange blaue Adern auf den t1änden. Und er starrt sie an, sta rrt genau auf die Wunde auf der Wange. Ach Gott, es ist doch nur ein Kratzer. .. Was wollen Sie eigen tlich von uns?'· ,.Ich - " ,.Lassen Sie die Töpfe dort stehen. Geben Sie den Kochlöffel weg. Was wollen Sie von mir? Was wollen Sie von meiner Frau? Wer von uns hat Ihnen je was zuleide getan?'· Was hat er denn? Was sprich t er so zu ihr, wie in der Schule! Sie ist doch schließlich auch ein Mensch. und wenn sie auch nur eine Köchin ist, allerdings die Köch in, die Wirtschafterin von Oberst Webern. ,,Sie haben mir gar nichts nicht zu bc– iehlcn. Und übrigens werde ich mein Essen nicht anbrennen lassen." Da stellt er sich dicht vor sie hin. ,.Antworten Sie!'· ,,Was soll ich denn antworten·>•· (Wenn der Herr Oberst den Kerl nur nicht hier tri'fit.) „ Was haben Sie über meine Frau gesagt, damals auf dem Markt? Sie wissen schon." „Ich hab' gar nichts über Ihre Frnu gesagt. t1err Jesus. was soll man über die denn auch sagen?" .. Weswegen ist frau Törring llrnen dann ins Gesicht gesprungen.,,. ,.Die ? Also wissen Sie, was die ist, die ist ganz eine Verrückte. Seit ein je– der weiß, daß ihr Mann den Niels hat vergiften wollen. den gräfllichen Jungen. der trcibt's ja heute schon, und jetzt ist ja auch der Provisor in die Apotheke ge– kommen, was wollen Sie noch ; mehr Beweis braucht man nicht, und da rennt nun die Person herum und schimpft au f die ganze Stadt, weil jeder sagt, was eine Mutter ist, die was auf ihre Kinder hält - ·• Forhe11urig ;iu( Stile 14 AZALEEN Sc::hluß von Seile 2 Leicht sind Worte gesc1g-t. Hastixes Ankleith:11, ühersHirz1er Abschied und fluchtartiger Riick– weg. Aber wie wi„d beschriebe11 das Chaos von Gefühlen und Ämtste11. von l~eue und Trotz, vo11 Verzweiflung und Re~ignatio11. vo11 Gewissensbissen und Genu~tuun~. Wäre er doch nicht so 2"esclunacklos 9:ewesen. mir dc11 scheußlichen Blumentopf zu kauien. Und wie wenn tlies die ei11zi~e E11tschuldigu11J,? für sie wäre. klammert sie sich wieder und wieder daran: W arum hat er mir auch den !-cheuß– liche11 Blumentopf gekauft?! Als sie 11ach Hause kommt, steht der Azaleentopf bereits aui dem Th,ch, ihre h< 1t1d– greiflicl1e RechtfertiRUnJ<l Sie geht aui d.is Ding zu, öfinet mechanisch die daranliiin:.:-eudc Enveloppe und zieht erstarrend iol~endes Kärtchen heraus: , 1 Dr. med. Gust.iv Herhrnder gestattet sich. seiner braven Patientin zur Heilung zu gratulieren." Frau Agathe sieht wie eine Statue des Entsetzens. Da kommt ilir Mann herein: .,Nett vom Kollegen Herlander. dir Blumen zu schicken. Wir miis~en uns ohnehin Hir die BchandltlllR revanchieren. Aber paß mal auf, was kh iür dich habe! Mor{!c11 sind wir zehn Jahre verheira1et und (b haht: ich das für dich gebastelt. Ich weiß nicht. oh es dir gefallen wird." Und er zeil{t ihr in der >(ekrürrnnten t-land ein kleinr-; Miniaiurhild m1f Elienhein gemalt. Nein, nicht :.:-emalt. es ist. darstellend Frau Ag;.tthe als Brnut, eine kleine Farbenplloto~raphie. die ihr Mann nach seih'\!• erfundenem Verfahren. auf da'i edle. ~clhliche Elfenhein iibertra.l{t'll hat. r·rau Ainlthc ~ieht es an um.l plötzlich hreiret !-ic ih;e Arme aus. fällt ihrem Mann ~1111 t!en Hals u•H.l iä!l~t au verzwciiclt und hiw'.:lich zu \cliluchzi.;n. ,.\.Ya.s ha q du den11 mt:i11 Kind?'' sa:.:·1 c··. klopft ~ie zä„tlich ~mf den Riickt>n und denkt dahei: Die r~,tut::n ...incl tlocli tmhegrciflidi!
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