30 Geramb und Zack. habe für die Herleitung, Einordnung und Zugehörigkeit des Steyrer Kripperls. Anderseits ermöglicht uns diese Einsicht in den Zusammenhang die Erkenntnis, die uns im Steyrer Kripperl selbst ein bezeichnendes und wertvolles Gliedjn der Entwicklungskette volkstümlicher Weihnachtskrippen sehen läßt. Der symbolische Brauch, zur Weihnachtszeit auf oder hinter drm Altar einen Krippentrog aufzustellen, reicht, wie der des Palmesels schon ins 1. Jahrtausend n . Chr. zurück. Er geht letzten Endes aus der Aufstellung der echten Krippenreste aus Bethlehem durch Papst Sixtus III. (432-440) in der Basilika St. Mariae in Rom hervor. Ihre weitere Entwicklung aber verdankt die Weih_nachtskrippe bereits ihrer Verbindung mit dem Schauspiel. Ihre Geburtshelfer sind die geistlichen Mysterirnspiele, die sich in England und Deutschland schon im 10. Jahrhundert sicher nachweisen lassen, wahrscheinlich aber noch ins 9. Jahrhundert zurückreichen. Die Verbindung von Krippe und Schauspiel ist also gerade 1000 Jahre nlt. Diese Tatsache allein läßt urn; das Steyrer Kripperl schort mit ganz anderen Augen ansehen. Freilich wurden die mit der Krippe verbundenen Spiele zunächsL nicht mit Puppen, sondern durch lebende Personen aufgeführt. Vm· einer schlichten Krippe wurden jene Mysterienspiele abgespielt, ganz ähnlich, wie sich heute noch das bäuerliche Hirtenspiel um eine klcinn hölzerne Krippe, die inmitten des Raumes auf einen Stuhl gestellt ist. abspielt1) . Anfänglich waren jene Weihnachtsspiele rein geistlicher Art, :\fysterienspiele, die mit Vorliebe vor allem in Klosterkirchen zur Da.rstellung gebracht wurden. Bald aber wuchsen die \Veihnachtsspiele übrr den Rahn1en drr Kirche hinaus und nahmen rnehr und mehr volkstürntümliches Gewand an, ein Entwicklungsgang, der besonders durch den Fra.nziskaner- und Dominikanerorden gefördert wurde. Vielfach ka1n es dabei, namentlich in südlichen Ländern, auf schaustellcrisches Gepränge an. So veranstalteten 1336 die Dominikaner in Mailand einen glänzenden Aufzug der heiligen drei Könige zu Pferde, mit Musik, großem Gefolge und allerlei seltsamen Tieren. Und 1414 wissen wir von einem ebensolchen Aufzug in Parma. Der Einzug der heiligen drei Könige im Steyrer Kripperl mutet also wie ein bescheidener, später Abglanz solcher schon im 14. Jahrhundert nachweisbarer Aufzüge an. Damals (im 14. Jahrhundert) wurden die geistlichen Spiele, die bishin nur in lateinischer Sprache gelautet hatten, bereits in den Landessprachen aufgeführt. ,,Das Volk nahm jetzt am Spiele noch innigeren Anteil als früher. Das Bedürfnis zu spielen wuchs mehr und mehr." Und da ist es nun von besonderer \iVichtigkeit für uns, daß man schon in jener frühen Zeit an Stelle der lebenden Spieler Pup p e n einzuführen begann. ,,Wo das Spiel mit lebenden Personen nicht durchzuführen war, half man sich mit Mari o1 ) In dieser Form haben wir ein bäuerliches Hirtenspiel selbst noch im Jänner 1913 in St. Aegydi bei Murau gesehen und aufgenommen.
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