Chronik des Bürger-Corps der Stadt Steyr

66 Am 23. September wurde in Steyr wegen der glücklichen Beendigung des Krieges in Italien und Ungarn ein großartiges Friedensfest gefeiert. Vor dem Rathhause war ein auf 5 Stufen erhobener prächtiger Altar errichtet, die zahlreiche Nationalgarde — Cavallerie, Schützen und Infanterie — bildeten ein großes Carre, der Herr Canonicus, Dechant und Stadtpfarrer Josef Plersch celebrierte das Hochamt, vor welchem der Corpscaplan Franz de Paul Förster die nachfolgende feurige, zündende Festrede gehalten hatte: Hochansehnliche! „Als im Beginn des vorigen Jahres der Sturm einherbrauste über Europas Völker und Länder, da mochten wohl Millionen Augen trübe in die Zukunft schauen! Die Völker von einem Meere bis zum andern zitterten voll banger Erwartung dessen, was kommen sollte. Europa sah sich in einer allge­ meinen Aufregung, wie sie die Weltgeschichte nicht aufzuweisen hat. Völker stritten gegen ihre Fürsten, Throne stürzten, tausendjährige Einrichtungen wurden zu Grabe getragen. Aus tausend Tempeln, um alle Altäre flehte die Angst der Nationen zu dem, dessen Hauch Heere vernichtet, der das Gemüth der Völker und den Geist der Fürsten lenkt. Und sieh! deine Rechte, o Herr, ward verherrlicht in Kraft; Deine Rechte, o Herr, schlug den Feind! In den Felsklüften der Pirenäen modern — auf den Eisfeldern Ruß­ lands bleichen die Gebeine der Völker, die einst auf Napoleons Geheiß gekämpft, und rufen cs der Nachwelt zn, „Nur Gottes Sache ist es, zu zertrümmern, um neu zu bauen, er allein weiß, wenn die Zeit reif ist, um dem Meere zu gebieten: „Verschlinge!" Diese heilige Begeisterung möge Sie, Hochansehnliche, durchglühen, wenn wir heute mit dieser erhebenden Feier den tapfern, sieggekrönten Kriegern un­ seres Vaterlandes unsere dankbare Erinnerung weihen. Mit dem Falle der alten Dogenstadt und der Schlacht von Temeswar hat das große Österreich seine Grenzen wieder erhalten. Bon der Riesenkuppc gold'nen Schimmer bis zum dumpfen Wellenschlag der Adria, von den Ufern des Tessins bis zu jenen der Save und Siebenbürgens schönen Bergen — weht nun wieder die Siegesfahne mit dem mächtigen Doppelaar! Der Tapfern Lorbeeren grünen, welche sie sich errungen haben, in Italiens Fluren und Ungarns Ebenen. Treu sind sie gestanden für den geliebten Kaiser und die Rechte des Vaterlandes. Sie haben ihren Waffenruhm, ihre Ehre bewahrt, sie haben ihren Eid gehalten, sie haben dem Herrn der Hcerschaaren Zeugnis gegeben, sie haben ihr Vaterland geliebt, nicht mit Worten und der Zunge, sondern in der That und Wahrheit. Greise werden es den Enkeln erzählen: Österreichs Krieger haben mit vereinten Kräften den mächtigen Damm gebildet gegen die verheerende Stnrmesfluth der Revolution. Dank sei heute der göttlichen Vorsehung von unseren Lippen gesprochen, dass sie uns die Sieger von Custozza und Temeswar erhalten hat für die Zeit einer namenlosen Verwirrung. Wir begrüßen Sie als die Boten und Engel des Friedens, und wenn der Glanz der Sterne auf ihrer Brust wird längst erloschen sein, werden ihre Heldennamen noch leben.

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