Chronik des Bürger-Corps der Stadt Steyr

142 Da kam Ende August für Steyr und für das Corps eine böse Zeit. Am 30. August brach in Steyrdorf ein großartiger Krawall der Waffenfabriksarbeiter los, beginnend mit der Zerstörung eines Hauses in der Sierningerstraße, von wo dann die Tumultuanten sich nach Enns­ dorf wandten, um dort den Brauern einen Besuch abzustatten. Das Bürgermeisteramt hatte sich nach Garsten mit der Bitte um Succurs gewendet, in Linz telegraphisch um Militär angesucht, währenddem in der Stadt die Bürgergarde allarmiert wurde, von welcher auch, da mehrere Herren Officiere und Gardisten erschienen waren, mit der Polizei die übrigen Straßen von Ansammlungen frei gehalten wurden. Gegen 11 Uhr abends war der Krawall zu Ende. Um J/212 Uhr kamen 300 Pionniere von Linz und lösten das Garstner Militär und die Bürger­ garde ab. An diesem Tage erließ der Herr Bürgermeister folgende „Kundmachung" an das Bürgercorps: „Ich beauftrage den Herrn Com­ mandanten der Bürgergarde kundzumachen, dass die Angesammelten sofort sich zu zerstreuen haben und dass, falls dieser Aufforderung nicht allseitig Folge geleistet wird, energische Maßregeln ergriffen werden müssten. Steyr, 30. August 1874. Der Bürgermeister: Crammer in. p." und am folgenden Tage: „Herrn Karl Edelbauer, Commandant der Bürgergarde hier. Sie erhalten die Weisung, mit der Bürgergarde, nöthigenfalls unter Anwendung der Feuerwaffe, die aufrührerische Menge in der Sierningergasse zu zerstreuen. Steyr, 31. August 1874. Der Bürgermeister: Crammer m. p." Das Bürgercorps that sein Möglichstes in diesen schweren Tagen. So waren z. B. tut Rapport vom 2 . September zum Patrouillen-Dienst von 8 Uhr abends bis 1 Uhr nachts 39 Mitglieder verwendet. Nicht zu verdenken, aber höchst unangenehm für das Bürgercorps war es, dass am 31. August die Ausrückung der Bürgergarde sehr schwach war und in Folge dessen der Dienst litt. Das Officierscorps beschloss unter dem Vorsitze des Hauptmannes Karl Edelbauer am 3. September, an den Herrn Bürgermeister mit der Bitte heranzutreten, derselbe möge durch Mauer-Anschläge bekannt geben, dass vom 3. September ab den Officieren und Mannschaften des Bürgercorps — so lange selbe im Dienste der öffentlichen Sicherheit stehen — gleiche Rechte und Voll­ machten zur Aufrechthaltung der Ordnung und Sicherheit der Stadt, gleichwie dem k. k. Militär eingeräumt werden und dass den beiderseitigen Patrouillen von Seite der Bevölkerung ohne Widerstand Folge geleistet werde, ferner, dass der Bürgermeister die Bevölkerung der Stadt zum Beitritt in das Bürgercorps auffordere.

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