Christliche Kunstblätter, 105. Jg., 1967, Heft 3

Wenn von der gotischen Plastik die Rede ist, muß sofort die Bedeutung unserer Heimat Oberösterreich auf die sem Gebiet erwähnt werden, wo bei uns immerhin 16 Flügelaltäre als Gesamtkunstwerke dieser Zeit erhal ten sind mit den hohen Spitzenleistungen von St. Woifgang und Kefermarkt. Die Predeilafiguren von St. Wolf gang belegen dies auch in der Ausstellung, und dem immer noch fraglichen Meister von Kefermarkt ist eine ganze Reihe von Exponaten gewidmet. Die großangelegte Kremser Ausstellung dient nicht nur der Kunstfreude, sondern der Begegnung mit Werken einer Zeit, die aus Irren und Wirren alier Vergänglich keit diese zeitlosen Merkworte der Gottbegnadung eines wahren Menschentums geprägt hat. E.W. Max Beckmann in Linz Anläßlich des zwanzigjährigen Bestehens der Neuen Galerie Linz zeigt diese vom 24. Mäi bis 18. 3uii die Gemälde und Aquarelle der amerikanischen Max-Beck mann-Sammlung Stephan Lackner und die Druckgraphik Beckmanns aus den Beständen der Kunsthaile Bremen. Beckmann hat einmal gesagt: „Die Kunst ist schöpferisch um der Darstellung willen, nicht zur Unterhaltung — um der Wandlung willen, nicht zum Spiel." Letztlich geht es in allen Bildern Beckmanns um den Versuch, dem Geheim nis der menschlichen Existenz auf die Spur zu kommen — die Größe und Schönheit, aber auch die Ausgesetztheit und Ausweglosigkeit des Menschen zur Darstellung zu bringen. Die Sammlung Lackner umfaßt über dreißig Bil der aus den letzten zwanzig Schaffensjahren des größ ten deutschen Künstlers der ersten Jahrhunderthälfte, un ter ihnen neben einigen hinreißenden Landschaften und Stilleben das Porträt seiner zweiten Frau, das Beckmann als begnadeten Koloristen erweist, das Selbstporträt mit Horn, wo das eigene Ich geradzu ins Mythische gestei gert wird, und — als absoluten Höhepunkt — das Triptychon „Versuchung". Es ist eines der großen verschlüssel ten Fragebilder Beckmanns, in denen der Mensch sich vor das Mysterium der Geschlechter gestellt weiß, ohne es letztlich ergründen zu können. Den Schwerpunkt der graphischen Sammlung bilden die Blätter der frühen zwanziger Jahre. Aus ihnen spricht das Grauen des Kriegserlebnisses, die Erfahrung des Elends und der Qual des Menschen, immer wieder hat Beckmann sich selbst dargestellt, denn: „Ich habe mich mein ganzes Leben bemüht, eine Art ,Selbst' zu werden". So entstand die wohl eindrucksvollste Folge von Selbstbildnissen der neueren deutschen Kunst. Wir möchten darauf hinweisen, daß wir in unserem näch sten Heft einen Beitrag von Stephan Lackner über Beck mann bringen werden. G. R. Ausstellungen In Rom In der Galerie für sakrale Kunst der Gegenwart „L'Agostiniana", weiche die Augustinerpatres von Santa Maria del Popolo unterhalten, und die von Pater Carlo Cremona geleitet wird, wurde über die Osterzeit 1967 die Ausstellung von Radierungen des tschechischen Malers Bohusiav Reynek gezeigt. Der in Rom wirkende österreichische Germanist Prof. Dr. Gottfried Stix ist bei seinen Trakiforschungen auf diese eigenartige Persönlich keit gestoßen, die in sich sowohl das lyrische als auch das bildnerische Element vereinigt. Der religiöse Grund ton seiner Radierungen rechtfertigt diese Schau in einer der angesehensten Galerien Roms auf dem Gebiete mo derner religiöser Kunst. — In der Galerie „II Corpine" in Rom wurde eine Aussteilung der österreichischen Malerin Elsa Olivia Urbach gezeigt. Ihr Name hat für die Kunst kenner Roms bereits einen guten Klang, da sie in drei bemerkenswerten österreichischen Ausstellungen, welche in den letzten vier Jahren in der Ewigen Stadt gezeigt worden sind, mit ihren Werken vertreten gewesen ist: österreichische Druckgraphik der Gegenwart, die in der „Calcografia Nazionaie" 1963 gemeinsam mit der Wiener Graphischen Sammlung „Albertina" veranstaltet worden ist, sowie in den Aussteilungen „Alfred Kubin ed i pittori fantostici viennesi" (II Biiico, 1963), in der zum ersten Male dos kunstinteressierte Publikum mit den Besonder heiten der phantastischen Maierei der Gegenwart in Wien konfrontiert wurde; und „Sülle orme dello Wiener Secession" („La Medusa", 1965), in welcher die Kontinui tät der Wiener Maierei von der Jahrhundertwende an bis in die Gegenwart nachzuweisen versucht worden ist. Gustav Rene Hocke schrieb in seinem grundlegenden Essay, weichen er dem Katalog für die erste Ausstellung der Wiener phantastischen Malerei voranstellte, daß die Römer in den Bildern dieser Künstler eine ebenso neue wie alte Sprache der Konzilianz finden werden: Die Wie ner Schule sagt, daß wir alle gemeinsam keine Hoff nungen mehr haben werden, wenn wir hinter unserem Gesicht der Angst nichts mehr aufleuchten lassen, nicht einmal mehr die schwache Aussicht auf Versöhnung. Das Werk von Elsa Olivia Urbach kann der „Wiener Schule" zugerechnet werden, wenn man darunter eine Maierei versteht, in der Wien als Schnittpunkt der verschieden sten Abszissen- und Ordinatenachsen der mitteleuropä ischen und der mediterranen Kulturlandschaft fungiert. Besondere Beachtung fand in Rom das Bild „Die Päpste", dessen mystischer Sinngehalt auch das Menschliche durchblicken läßt. W. Z. Grundsätzliche Überlegungen zu zwei römischen Aussteilungen In der Entwicklung der bildenden Kunst während der letzten Jahre gibt es gewisse Anzeichen, daß der Säku larisierungsprozeß in diesem Kulturbereich zum Stillstand gekommen ist. Zumindest ober kann mit Recht behauptet werden, daß die Relation: religiöse und profane Kunst nicht mehr mit konservativer und avantgardistischer identisch ist. Allerdings muß gesagt werden, daß eine exakt sakrale Thematik heute mehr denn je schwieriger zu bewältigen ist, da unsere Zeit dafür keinerlei Klischee duldet und vom Künstler fordert, daß die persönliche Formensprache sich mit dem religiösen Erlebnis deckt. In der sakralen Kunst von heute kann man grundsätzlich von zwei Wegen sprechen: Der eine ist darin zu erblicken, daß die künstlerische Tätigkeit vom Ernst einer Glaubens bereitschaft getragen ist und in sich selbst einen reli giösen Akt erblickt; der andere besteht in der Realisie rung von Themenkreisen, die den Vorstellungen der Heiisgeschichte entnommen sind. Zwei Aussteilungen, die gegenwärtig in Rom zu sehen sind, können für diese beiden Dimensionen als exempla risch betrachtet werden. Der Neapolitaner Maler Eduarde Polumbo (geb. 1932) zeigt in der „Galieria della Trinitä" seine jüngsten Werke, die den Glauben des Menschen im weitesten Sinn zum Thema haben. Diese Galerie ist vor knapp einem Jahr von Marina Valeri Garretto, der Tochter des Venezianer Dichters Diego Valeri, dem Verfasser der berühmten „Guida Sentimen-

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