Christliche Kunstblätter, 105. Jg., 1967, Heft 3

BERICHTE Salzburgs alte Schatzkammer Zur Ausstellung in den Oratorien des Salzburger Domes vom 11. 3uni bis 15. September 1967. Salzburg — heute Stadt der Musik und der schönen Künste — lebt aus dem reichen Erbe seiner Vergangen heit. Die Erzbischöfe als Herren des geistlichen Fürsten tums schufen hier nicht nur ein Zentrum der Glaubens verkündigung, der Bildung und Wissenschaft, sondern prägten auch das Antlitz der Stadt entscheidend. Daß ihre vielfachen Verflechtungen mit der abendländischen Geschichte, ihr bestimmender Einfluß auf die gesamte Entwicklung im Südosten des Reiches eine entsprechende Hofhaltung zur Voraussetzung hatte, versteht sich wohl von selbst. In dieser Ausstellung soll nun erstmals der Versuch un ternommen werden, ein Gebiet des Lebens am einsti gen Salzburger Fürstenhof in seiner Gesamtheit darzu stellen: Das Wachsen und Werden des tausendjährigen Schatzes des Erzstiftes. Nachdem die Katastrophe der Säkularisation auch der Eigenstaatlichkeit Salzburgs ein Ende bereitet hatte, erhielt Großherzog Ferdinand III. von Toskana neben Eichstätt, Passau und Berchtesgaden auch Salzburg als Kurfürstentum zum Ersatz für seine von Napoleon geraubte Heimat. Doch bevor er nach einer kaum zweijährigen Regierungszeit (1803—1805) seine Re sidenzstadt wieder verlassen mußte, ließ er den Groß teil der Hofsilberkammer zum Abtransport verpacken. Auf dem Umweg über Budapest und Würzburg gelangten diese Bestände schließlich 1816 nach Florenz, wo sie noch heute einen Großteil der weltberühmten Argen teria des Palazzo Pitti bilden. Nur einige Objekte sind in andere Sammlungen des In- und Auslandes (Wien, München, Freiburg, Rom, New York, Esztergom) gelangt. Durch die Großzügigkeit dieser Leihgeber wird nun zum ersten Male seit mehr als 150 Dahren Salzburgs alte Schatzkammer an dem Ort ihres Wachsens, Werdens und Vergehens einen Sommer hindurch zu sehen sein. Nur einige Höhepunkte seien herausgegriffen. Den Rei gen eröffnet eines der hervorragendsten Zeugnisse karolingischer Goldschmiedekunst, das berühmte „Rupertikreuz" von Bischofshofen. Vermutlich um 800 fertigten es an iro-schottischen Vorbildern geschulte Meister in Salz burg. Das bedeutendste Stück des Domschatzes, ein doppelarmiges Reliquienkreuz (Staurothek) aus der Zeit um 1070, ist, was seine Herkunft betrifft, noch sehr um stritten. Sicher ist nur, daß es in einer deutschen Werk statt entstand. Wie die Fürsten des hohen Mittelalters allerorten, sam melten auch Salzburgs Erzbischöfe damals nicht bloß ihres Materials wegen kostbare Gefäße aus Silber, Gold und edlen Steinen; dies alles mochte nur Hülle sein für den unendlich höher bewerteten Schatz des „Hailtumbs", der Reliquie. Nur in der Ansammlung sterb licher Überreste von Blutzeugen, die vor allem durch die Kreuzfahrer nach Europa gelangten, wußte man sich der göttlichen Huld gewiß. Einige herrliche derartige Geräte, die aus Büffelhorn, Straußeneiern, Kokosnuß oder dem ausgehöhlten Wurzelholz der Libanonzeder gefertigt und in höchst kunstvoller Weise in vergoldetem, teils email liertem Silber montiert sind, werden auf der Ausstellung vertreten sein. Geist, Kunst und Kultur der Renaissance bemächtigten sich Salzburgs zu Ende des 16. Jahrhunderts in einem Prozeß tiefgreifender Wandlung, wie ihn in dieser Heftig keit und Konsequenz kaum eine andere deutsche Stadt mitgemacht hat. Urheber dieser grandiosen Metamor phose war Erzbischof Wolf Dietrich von Roitenau (1587 bis 1612), dessen 25jährige Regierungszeit maßgeblich war, um aus Salzburg ein deutsches Rom zu formen. Die Ausstattung der Schatzkammer spielte dabei in seinem Konzept eine entscheidende Rolle. Er beruft die führen den Goldschmiede seiner Zeit an seinen Hof (Paul van Vianen, Hans Mentz, Paul Hübner) und erteilt ihnen Aufträge, die an Geschmack und Prunk kaum ihresglei chen finden. Da Ablieferungsbefehle wirtschaftlicher Kri senzeiten diese Objekte arg dezimiert haben, steht nur noch ein Rest vor uns. Aber welch ein Rest! Es ist das einst 150teilige Konfektservice, von dem sich noch 54, einzeln ziselierte Schalen im Palazzo Pitti erhalten haben. Es ist das Reiseservice (eine Flasche und vier Schalen) in Goldemailtechnik, das auf der Welt nicht seinesglei chen findet und es ist nicht zuletzt die Festtagsgarnitur kirchlichen Kultgerätes für den von Wolf Dietrich begon nenen neuen Dom. Die in all ihrer Schlichtheit dennoch monumentale Scheibenmonstranz steht als ältestes Stück dieses Typus (1596) ebenso am Beginn einer durch das Konzil von Trient eingeleiteten Entwicklung wie das Prunkmeßbuch und die in Gold getriebene Kreuzigungs gruppe des Paul van Vianen. Daß seine Zeit das säkulare Ereignis eines solch unbän digen, aber auch maßlosen Genies nicht begriff, darf uns nicht wundern. Deshalb kehrt unter den Stücken, die seine Nachfolger, nachdem die Wunden des Dreißig jährigen Krieges geheilt waren, noch der Schatzkammer hinzufügen, kaum etwas wieder, das die einsame Höhe dieser Qualität erreichen würde. Man huldigt in der Vor liebe für gedrechseltes Elfenbein, geschnitztes Bergkri stall und dem für Salzburg besonders charakteristischen geschnitzten Steinbockhorn, dem Geschmack der Zeit; man tauscht mit anderen fürstlichen Persönlichkeiten er lesene Geschenke aus, die uns heute aber mehr ihrer Kuriosität denn ihres Kunstwertes halber interessieren. Die Tage der geistlichen Fürstentümer waren gezählt. Da das Staatswesen auch finanziell stark angeschlagen war, mußten viele hundert Kilo Edelmetall aus den Be ständen der Hofsilberkammer in die Münze wandern. Nur die Pretiosenmonstranz des Erzbischofs Johann Ernst Graf Thun, in die nach dem Entwurf seines Hof architekten J. B. Fischers von Eriqch über 2000 Edelsteine verarbeitet wurden, blieb von diesem Schicksal ver schont. Auch Kurfürst Ferdinand von Toskana tastete sie nicht an, wie er überhaupt vor den in kultischer Ver wendung stehenden Dingen großen Respekt bewies. Erstmals also soll die kommende Ausstellung „Salzburgs alte Schatzkammer" den Großteil dieser Bestände wie der für ein paar Monate zusammenführen und auf diese Weise nicht nur ein Kapitel Salzburger Geschichte, son dern auch ein kaum je zusammen gesehenes Prpblem deutscher Goldschmiedekunst würdigen. Johannes Neuhardt Zur Wiedereröffnung des Salzburger Museums Carolino Augusteum. Am 3. Mai eröffnete der Herr Bundespräsident in An wesenheit illustrer Gäste das nach modernen museolo gischen Gesichtspunkten unter der Direktion von Senats-

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