Christliche Kunstblätter, 105. Jg., 1967, Heft 3

KRITIK Otto Nußbaum, Der Standort des LIturgen am christlichen Altar vor dem )ahre 1000. Eine archäologische und litur giegeschichtliche Untersuchung. I. Teil: Text, II. Teil; Ab bildungen und Tafeln. Verlag Peter Hanstein, Bonn 1965. DM 114.— broschiert, DM 128.— gebunden. Sicheriich hat die theologische Fragestellung unserer Zeit mit ihrer Betonung des pastorolen Aspektes der Liturgie zur vorliegenden Arbeit angeregt, die 1963 der Bonner Universität als Habilitationsarbeit vorgelegt wurde. Das Ergebnis ist freilich ein uns Heutige überraschendes: Pastorale Erwägungen haben in der Frühzeit kaum einen Einfluß auf die Stellung des Liturgen am Altar genommen. Es gibt lange Jahrhunderte hindurch beide Formen der Zelebration — dem Volk gegenüber und zwischen Volk und Altar — nebeneinander. Während in Syrien bereits im 4. Jahrhundert die Stellung des Priesters mit dem Rücken zum Volk die häufigere ist, setzt sie sich in ande ren Gebieten wesentlich später durch, in Italien erst im 8. Jahrhundert, ohne die celebratio versus populum jemals völlig zu verdrängen. Die vorliegende Untersuchung geht dem archäologischen Befund in den einzelnen Teilen des Römischen Reiches (Syrien, Palästina, Ägypten, Kleinasien, Griechenland, Nordafrika, Italien, Noricum und Daimatien, Gallien und Germanien, England und Irland) äußerst gewissenhaft nach. Die zahlreichen Grundrisse im Tafelband unter stützen den Text (man hätte sich allerdings bei manchen Grundrissen eine ausführlichere Legende gewünscht). Von besonderem Interesse sind dabei die Kirchen Syriens und Nordafrikas, bei denen der Wortgottesdienst und die Eucharistiefeier räumlich getrennt waren (vgl. dazu auch den Beitrag in unserem Heft). Allerdings sind auch hier in derselben Provinz, ja sogar in derselben Stadt sehr stark voneinander abweichende Altarstellungen anzu treffen. Eine feste Regel hat es offensichtlich nicht gege ben. Für die vorkonstantinische Zeit muß sich der Autor vor wiegend auf die literarischen Zeugnisse stützen, die nicht sehr ergiebig für die Fragestellung sind. Der älteste bisher bekannt gewordene christliche Kultraum von DuraEuropos am Euphrat (232/33) darf nicht als Typ des üblichen Kirchenbaues dieser Zeit angesehen werden, zumal er sich nicht mit den Vorstellungen der zeitgenös sischen literarischen Zeugnisse deckt. Sehr vorsichtig muß man wohl auch sein, wenn man etwas über den „Platz Jesu am Tisch des Letzten Abendmahles" sagen will. Der Verfasser vermutet, daß „auch das in das Passamahl eingebettete Abendmahl des Herrn dem Zeitbrauch gemäß an einem derartigen Sigma stattfand, so daß Jesus an der, vom Beschauer einer solchen Szene aus gesehen, linken Ecke eines Stibadiums lag". Die heutige Probiemlage der Exegese erlaubt allerdings weder mit Sicherheit zu behaupten, daß das Abendmahl ein Passa mahl war, noch erkennt sie in den verschiedenen Berich ten eine historisch getreue Schilderung des Letzten Abendmahles (vielmehr weisen gerade die Abweichun gen bereits auf Verschiedenheiten der Eucharistiefeier in den einzelnen Gemeinden hin). Eingehend orientiert Nußbaum über die Bedeutung, die der Frage der Gebets- und damit auch der Eingangs bzw. Apsisostung der Kirchen in dieser Zeit beigemessen wurde. Der Verfasser führt dann die theologischen und prak tischen Gründe an, die zur Abwendung von der cele bratio versus populum geführt haben. Schließlich weist er auf, weiche Folgen diese Änderung für den Standort des Altars und Altarraumes und für den Ritus der Messe gehabt hat. Jeder an liturgiegeschichtlichen Fragen Interessierte wird für die erstmalige Zusammenfassung der Forschungs arbeit zahlreicher Gelehrter, die bisher in vielen Artikeln verstreut und daher schwer zugänglich war, außerordent lich dankbar sein. Günter Rombold BUCHBESPRECHUNGEN Kunstgeschichte Richard Strobel, Romanische Architektur In Regensburg. (Kapi tel — Säule — Raum.) In: Erlanger Beiträge zu Sprache- und Kunstwissenschaft, Bd. 20. Verlag Hans Carl Nürnberg 1965. Der Rezensent hat bereits mehrere Bände dieser Reihe bespro chen. Das Fazit: die Arbeiten sind sehr komplex, die Beschäf tigung mit Ihnen verlangt intensive Mitarbeit, aber man Ist immer wieder von dem großen Gewinn, den sie vermitteln, beglückt. In der vorliegenden Untersuchung durchleuchtet der Verfasser das Bauschaffen In Regensburg von der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts an bis zum Einbruch der Gotik mit dem Dombau und den Bauten der Bettelorden. Hervorzuheben Ist der Elan des Verfassers bei der Bewältigung der Probleme und die Einblndung der Ergebnisse in historische und geistes geschichtliche Zusammenhänge. Thematisch untersucht er die Stellung der Stütze im Raum, behandelt als vornehmstes Bauglied das Kapitell und bezieht aus dem Reichtum seiner tektonlschen Form und seines Schmuckes eine Fülle baugeschichtllcher Aussagen. Aber Strobel sind diese Untersuchun gen nicht Selbstzweck, sondern Ausgangsort für das Verständ nis dieser Architektur überhaupt: Stütze, Wand und Gewölbe zusammen bestimmen die Erscheinung des Raumes. Leider wurde der Basis In einzelnen Kapiteln zuwenig Gewicht bei gemessen. Durch diese Reihenuntersuchung wurde es dem Autor möglich, bisher umstrittenes oder undatiertes Material einzuordnen. Uber den Symbolgehalt der mittelalterlichen Stütze existieren Untersuchungen. Wichtig erscheint aber die Beschäftigung mit den Beziehungen zwischen Kult und Raurn. In diesen Ab schnitten erscheinen geistesgeschichtliche Überlegungen ver wertet, die nicht ohne Zusammenhang mit den Auftraggebern begriffen werden können. Ein Eingehen auf alle Kapitel hieße das Inhaltsverzeichnis abzuschreiben, eine Auswahl daraus würde dem gleich kost baren Material nicht gerecht. Für systematische Untersuchungen zur Baugeschichte einer Epoche bietet die Arbelt Richard Strobels eine Fülle von Anregungen, wofür ihm gedankt sei. Mit der Herausgabe der Erlanger Beiträge hat sich der Verlag Hans Carl einen guten Namen gemacht. Benno Ulm Die Rolandssage in der mitteiaiteriichen Kunst. Originaltext von Rita Lejeune und Jacques Stiennon. Deutsche Ubersetzung von Barbara Ronge. Format 27,5 X 31, 516 Selten in 2 Bänden, 5 Illustrationen in Vierfarbendruck, 508 Schwarzweißbilder, .Ganzleineneinband mit Goldprägung. Edition l'orcode, Brüssel. Uber Darstellungen hoglographischer Art sind viele Mono graphien und Lexika geschrieben worden. Aber auch litera rische Legenden weltlicher Art wurden bildlich kommentiert. Die bedeutende Arbelt, deren Ergebnis in dieser Publikation vorliegt, befaßt sich mit den künstlerischen Wirkungen des

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