Christliche Kunstblätter, 105. Jg., 1967, Heft 3

der oratio communis oder oratio fidelium, zum Eingang nach Osten umwenden. Der häufig bei Augustinus zu findende Predigtschluß „conversi ad dominum (oremus)" stellte demnach nicht nur eine Gebetseinladung ähnlich dem „Sursum corda" im Dialog zur Präfotion dar, sondern war überdies die konkrete Aufforderung an die Gemeinde, sich zum Gebet nach Osten umzuwenden". Die gleiche Funktion hotte im ambrosianischen Ritus die Aufforderung „Corrigite vos ad orationem" mit der Ant wort „Ad te domine"". Auch die Gemeinde des heiligen Augustinus wandte sich zum Gebet wohl noch noch Osten um. Wenn man von den zahlreichen Abweichungen der Apsiden nach NO und SO absieht, so liegt die Apsis doch häufig im SW" (unsere Abb. 1 und 3), im NW" oder W", ober auch im S oder N" (unsere Abb. 5), und zwar im 6. Jahrhundert noch ebenso wie im 4. Jahrhundert. Die weitaus größte Zahl der Basiliken weist jedoch die Apsisostung auf. Es ist durchaus möglich, daß die Unruhe, die zwangsläufig entstand, wenn die Gläubigen sich zum Gebet nach Osten umkehrten, ihren Teil dazu beigetragen hat, die Apsisostung zu bevorzugen, so daß nun die Gemeinde bei der ganzen liturgischen Feier nach Osten schauen konnte. Dabei nahm man in Kauf, daß der Bischof sich nun an der Kathedra beim Gebet nach Osten umwenden mußte". Es wird noch kurz zu prüfen sein, ob man in Nordafrika dies Problem der Orientierung bei ursprünglicher Eingongsostung nicht auch dadurch zu lösen suchte, daß man im Osten eine zweite Apsis errichtete. Weiche Aufgabe hatte nun die erhöhte Apsis zu erfüllen? ihre primäre Funktion war zweifellos, die Kathedra des Bischofs und das Subseliium, die Priesterbank, aufzu nehmen. Die Bezeichnung der Apsis als Exedra deutet schon an, daß sich dort Sitze befanden". Kathedra und Subseliium oder Subsessus an erhöhtem Ort heben den Klerus von den Laien ab". Durch den iocus altior kann die Stellung des Bischofs als praepositus und episcopus der Gemeinde nachdrücklich unterstrichen und veran schaulicht werden, denn „Dazu ist für die Bischöfe ein erhöhter Platz errichtet, daß sie eine Uberschau haben und sozusagen das Volk überwachen. Es wird nämlich die griechische Bezeichnung episcopus im Lateinischen mit Aufseher wiedergegeben, weil er Aufsicht hält, weil er den Uberblick hat. Denn wie der Winzer eine höhere Warte erhält, um den Weinberg zu behüten, so ist auch den Bischöfen ein erhöhter Platz geschaffen worden" und „Es ist nötig, daß in der Versammlung der Christen jene, die dem Volk vorgesetzt sind, höher sitzen, damit schon durch die räumliche Erhöhung und Abgrenzung Amt und Würde derselben sichtbaren Ausdruck erlangen"". Die Kathedra des Bischofs war aber auch gegenüber dem sie umgebenden Subseliium durch zusätzliche Stufen er höht". Von der Kathedra im Scheitelpunkt der Apsis aus hielt der Bischof auch seine Predigt", zu der die Gemeinde sich an die Apsisstützmauer herandrängte. Man hat aber schon damals die Erfahrung machen müssen, daß der Bischof von diesem Platz aus nicht im ganzen Raum zu verstehen war, wenn sich in großen Basiliken eine große Menschenmenge versammelte. Der Abstand vom Scheitelpunkt der oft tief gestelzten Apsis über die aufwendige Podiumanlage vor der Apsis, von der noch zu sprechen sein wird, bis zu den ersten Gläubigen und erst recht bis zum Eingang hin, war stimmlich nicht zu überbrücken, in diesem Falle predigte man vom Altar oder dem Pulpitum im Langhaus aus*'. In der Apsis bot sich auch der geeignete Platz für all das an, was die Gläubigen im Verlauf des Wortgottesdienstes ganz ge nau sehen sollten. So zeigt Augustinus einmal an einem Osterdienstag von der Apsis aus seiner Gemeinde zwei durch ein Wunder geheilte Kranke". Vor ollem aber traten die Taufbewerber einzeln vor die Kathedra des Bischofs, um von der erhöhten Apsis aus der Gemeinde vorgestellt zu werden und dort ihre Redditio des Symboium zu leisten". Man wird in jeder Kirche einen Priestersitz und bei der großen Zahl der Bistümer in Nordafrika in den meisten Kirchen sogar eine Kathedra mit einer Priesterbank er warten dürfen. Aber das liturgische Mobiliar als Ganzes bestand weithin aus Holz. Es hat sich daher nicht erhalten und zumeist noch nicht einmal Standspuren hinterlassen. Das gilt auch für die Kathedra und das Subseliium. Nur in wenigen Bauten ist noch der Unterbau für Kathedra und Priesterbank angetroffen worden. Der Priesterbank entlang der Apsisrundung können nur eine, aber auch vier Stufen vorgelagert sein" (unsere Abb. 2, 3, 6 und 7). in der Mitte ist meist ein Platz für die Kathedra aus gespart oder eine zusätzliche Stufe für den Sitz des Bischofs aufgesetzt" (unsere Abb. 6 und 7). In der Basilika Ii von Junca (576. Jahrhundert) steht die Kathedra isoliert im Apsisscheitei, während die Priester bank in zwei Segmente gespalten näher zur Apsissehne ihren Platz hat". In der Basilika I von Leptis Mogna schließlich befinden sich Einzelsitze für den Bischof und die Priester in den durch eine Säuiensteiiung vonein ander getrennten Nischen der Apsisrundung". Für die isolierte Stellung der Kathedra zwischen zwei Segmenten eines Subseiliums besitzen wir Parallelen in der Georgs kirche von Khirbet el Mekhayyat in Palästina und in der Basilika I von Tamid in Ägypten, beide aus dem 6. Jahr hundert". War die Apsis darüber hinaus der Ort, an dem der ganze Wortgottesdienst stattfand? Augustinus bezeugt zwar, daß man gelegentlich von den Apsisstufen aus vorlas" (vgl. unsere Abb. 7), doch scheint dos nicht die Regel gewesen zu sein. Tertullian weist bereits denen, die einen Psalm oder einen selbstverfaßten Hymnus vor tragen wollen, einen Platz in der Mitte der Gemeinde zu". Aus technischen Gründen wird es sich dabei um einen erhöhten Platz gehandelt haben. Bei Cyprian hören wir von einem Lesepult, einem pulpitum, das an erhöhtem Platz steht, um den Lektor dem ganzen Volke sichtbar und gewiß auch verständlich zu machen"; und auch Augustinus erwähnt den iocus altior des Lektors". Wir haben jedoch keine genaue Nachricht, an weicher Steile im Kirchenraum dieses Pultipum sich befand. Von der Existenz eines Ambo hören wir nichts. In dieser Hinsicht bieten auch die Befunde der Ausgrabungen so gut wie keine Hilfe. Natürlich wird das Pulpitum wie alles litur gische Mobiliar meist aus Holz gewesen sein. Lediglich in Junca II (5./6. Jahrhundert) und in Sabratha Ii (6. Jahr hundert) ist ein Amba gefunden worden; letzterer steht mit seiner vierstufigen Treppe im Mittelschiff, links vor dem Aitarbezirk". Meines Erachtens leitete der Bischof den Wortgottesdienst selbstverständlich von seiner Ka thedra in der erhöhten Apsis aus, aber die Lektoren und Kantoren standen auf einem Podium im Giäubigenraum, das dicht an der Apsis oder aber fast in der Mitte des Langhauses seinen Platz haben konnte. Es dürfte sich

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