Zur liturgischen Ordnung im nordafrikanischen Kirchenbau Otto Nußbaum Auf Grund der literarischen Queiien kam A. von Harnack zu der Vermutung, daß die Organisation der nordafri kanischen Kirche augenscheinlich überall ein Bistum ver langt habe, wo es selbst nur wenige Christen gab'. Für den Beginn des 4. Jahrhunderts konnte er bereits über 300 Bischofssitze nachweisen, und 100 Jahre später müssen es schon etwa 500 bis 700 gewesen sein^ Dieses Bild einer blühenden und weit verbreiteten Kirche in den römischen Provinzen in Nordafrika wird durch die große Zahl christlicher Kuitbauten bestätigt, die durch den Spaten der Ausgräber bis heute dem Boden dieses Gebietes entrissen wurden. Jeder Ort hatte wohl seine eigene Kirche, ja zumindest eine Kirche, meist aber mehrere'. Sieht man von Karthago mit seinen über 500.000 Einwohnern und seinen mehr ais 20 Kirchen zur Zeit des hl. Augustinus einmal ob, so gab es doch gleich zeitig etwa in Feriana (Thelepte) 11 Kirchen, in Hippo 7, in Ued R'zei ebenfalis 7, in Sufetula (Sbeitia) 6, in Henchir Bu Takrematene, Henchir el Bahira und Sabratha jeweils 4 Kirchen, um nur einige Beispieie zu nennen'. Leider können wir aber nur wenige dieser Bauten genau datie ren. Wir besitzen nicht einmal allgemeine und veriößiiche Kriterien, um die Bauten der beiden großen Epochen voneinander zu unterscheiden, nämlich die bis zum Jahre 430 reichende römische Epoche von der von 534 bis 644, dem Beginn des Arabereinfalls, reichenden byzantini schen Epoche. In der Zwischenzeit, von 430 bis 534, also in der Vondaienzeit, war die Bautätigkeit nur gering. Bei einer solchen Fülle der über einen Zeitraum von mehr ais 300 Jahren sich erstreckenden christlichen Kultbauten wird niemand erwarten, nur einen einzigen Bautyp an zutreffen. Ebensowenig kann man voraussetzen, daß die Liturgie Nordafrikas während dieser ganzen Zeitspanne unverändert die gleiche gebiieben ist. In der byzantini schen Epoche ist vielmehr mit östlichen Einflüssen zu rechnen. Uber die iiturgische Praxis während der römi schen Zeit und vor allem zur Zeit des hl. Augustinus sind wir einigermaßen informiert', aber über die liturgischen Gegebenheiten in der byzantinischen Epoche wissen wir sehr wenig. In der vorliegenden Untersuchung können nur einige Beispieie für die liturgische Ordnung im Kirchenbau Nordafrikas geboten werden. Auf manche Fragen muß die Antwort vorerst offenbieiben. Vieles, wie etwa die Baptisterien, kann hier gar nicht erörtert werden. Für Augustinus ist der Basiiikatyp die Normalform des Kirchenbaus seiner Zeit', ohne daß er das Wort bosiiica auf Kirchen einer bestimmten Größenordnung oder mit einer bestimmten liturgischen Funktion beschränken würde®. In der Tat sind Zentraibauten (meist eine cella trichora) eine Ausnahme, und es handeit sich dabei um kleine Bauten oder Memoriae, die durchweg im 5./6. Jahrhundert entstanden sind». Der Basilikatyp seibst tritt jedoch in zahireichen Varianten auf, so etwa mit einem geraden Abschiuß hinter dem Presbyterium statt der übiichen Apsis'®, mit einer Trikonchenapsis", mit einem Ouerschiff vor der Apsis" oder in der Mitte des Langhauses" (vgl. unsere Abb. 1) oder mit einer Vermehrung der Schiffe auf 5, 7 oder sogar 9 in den Groß bauten" (vgl. unsere Abb. 1 bis 3). Der Fassade mit dem Haupteingang ist sehr häufig ein Porticus vorgelagert" (vgl. unsere Abb. 3 bis 5), selten aber ein Atrium" (vgi. unsere Abb. 1). Die entweder frei vortretende (Abb. 6) oder ummanteite oder in den rechteckigen Grundriß einbezogene Apsis (Abb. 4 und 5) wird meistens von zwei Nebenräumen fionkiert (Abb. 3 und 4) oder besitzt zumindest einen derartigen Annexraum" (Abb. 5 und 7). Diese Räume dienten nicht nur als Sakristei, sondern hier bereitete der Bischof sich auf den Gottesdienst vor, von hier aus zog er in die Basilika ein". Hier hielt der Bischof auch seine audientia episcopaiis", und sehr wahr scheinlich bewahrte man hier im secretarium auch die Eucharistie für das Viaticum auf". Vieiieicht war an dieser Stelie gelegentiich auch eine kieine Bibliothek untergebracht, wie das etwa bei Pauiinus in Nola der Fali war". Die Apsis ist gegenüber dem Langhaus erhöht und meist über zwei kieine seitliche Treppen von mehreren Stufen erreichbar (Abbildungen 4, 5 und 7). Augustinus spricht von den apsidoe gradatoe". Die Apsisbühne kann sogar so hoch sein, daß unter ihr nicht nur eine Confessio Piatz hat, in die man vom Schiff her durch eine fenestella hinabschauen kann", sondern auch eine geräumige Krypta, die zuweilen von Nebenräumen flankiert wird und die man über eine Treppe seitlich oder vor der Apsis erreichen" (Abb. 1, 4 und 5) oder sogar durch einen schmalen Gang umschreiten kann". Alle diese Krypten bergen ein besonders verehrtes Grob; sie dien ten mithin lediglich dem Zweck, eine Annäherung an das betreffende Grab zu ermöglichen". in der Kirche Nordafrikas hielt man sich an die allgemein übliche Ostung beim Gebet". Sicher wahrte man diesen Brauch auch beim gemeinsamen Gebet im Gottesdienst. Das setzt aber keineswegs voraus, daß aile Kirchen mit der Apsis geostet waren. Zur Zeit Tertullians scheint vielmehr die Eingangsostung üblich gewesen zu sein". Die Gemeinde stand mithin mit dem Blick in die Apsis nach Westen und mußte sich beim gemeinsamen Gebet,
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