schreitender Prozeß vom symbolischen Christusbild, an dem nur das Werk des Herrn interessiert, über das bib lisch-erzählende Bild mit der teilweisen Hereinnahme seiner Person, bis zum repräsentativen Christusbild sicht bar, in dem zwar die Heilstat nicht geleugnet wird, denn wo die Person Desu ist, da ist auch sein Erlösungs tun, aber das Personhaft-Repräsentative ist in dieser späten Entwicklungsphase doch schon so stark gewor den, daß die in sich ruhende Gestalt zunächst alles beherrscht. Die Umgebung eines solchen Christusbildes wird statisch beherrscht und nicht so sehr dynamisch, dienend durchwirkt. Christus wird, so könnte man es vereinfachend sagen, aus dem heilsgeschichtlichen Zu sammenhang herausgenommen und nicht mehr so sehr als der Heiland, sondern als Gottmensch dargestellt. Dieser doch mehr oder weniger statische Schlußpunkt einer immer mehr abnehmenden Dynamik ist ja, um dies gleich vorwegzunehmen, zu einem nicht geringen Teil den antiarianischen Bestrebungen mit ihrer Betonung der Gleichwesentlichkeit des Sohnes mit dem Vater zu dan ken». An erster Stelle steht, wie bereits gesagt, das symboli sche Christusbild. — Es ist eine Frucht der vorkonstantinischen Zeit. Wenn auch die persönlich greifbare Ge stalt Christi im Sinnbild verhüllt bleibt, so nur deshalb, um dadurch nicht abgelenkt zu werden von seinem Werk, wodurch er uns erlöst hat. Darum sind diese Bilder im eigentlichen Sinne „wahre" Christusdarstellungen, nicht vorder-, sondern hintergründig, und Burkhard Neunheu ser hat dies klassisch mit den Worten gekennzeichnet: „Nur vordergründig ist es wahr, daß in einer symboli schen Sicht das Angesicht des ,Menschgewordenen' we niger erfaßt würde, in Wirklichkeit ist es umgekehrt. Erst das Symbol, die symbolische Betrachtung lehrt uns, das Geschehen der Geschichte in seiner letzten und ganzen Tiefe zu erfassen. Es mahnt uns, daß wir uns nicht in die Einzelheiten verlieren, in das rein-Geschichtliche, das Anekdotenhafte, das Genremäßige, das Menschiich-ailzuMenschliche, und es lehrt uns, den größeren Hintergrund, die letzten Tiefen, das Ubergeschichtliche zu beachten, aus dem und im Rahmen dessen auch das Einzeigeschichtiiche dann sehr wohl und in seiner eigentlichen, vollen Wahrheit gewürdigt werden kann'"." im Sinnbild wird die Dynamik des Wirkens Christi nicht an Hand eines bestimmten historischen Faktums exemplifiziert. Vielmehr ist das Symbol Zeichen der ganzen Vielfalt der Heilstat Christi, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft um faßt. Trotzdem wirken diese symbolischen Bilder durch ihre Überzeitiichkeit nicht starr oder repräsentativ. Sie sind Verkünder einer verhüllt anwesenden lebendigen Mittlerschaft des Gott-Menschen. Man kann mit Klaus Wessel" dieses symbolische Christusbild in drei Formen entfaltet finden, wobei auch nachkonstantinische Formen berücksichtigt sind: 1. Personale Chrlstussymbole (Guter Hirt, Lehrer, Fischer, Orpheus, Steuermann, Chorführer). 2. Tierische Christussymbole (Fisch, Phönix, Lamm). 3. Sachliche Christussymbole (Christusmonogramm, Kreuz). An erster Stelle sind dabei die personalen Christus symbole zu erwähnen. — Die Personalität ist aber gleich sam anonym, farblos, ohne Zusammenhang mit der Per son Christi als historisch klar umschriebener Persönlich keit. Diese Personen wurden gewählt, um dadurch die Wirksamkeit Christi zu symbolisieren. Die Beziehung zu Christus ergibt sich also über die Tätigkeiten dieser Personen: Der Gute Hirt weist hin auf den Gedanken des Erlösers (Lc 15, 3—7. 3oh. 10, 11—16. Hebr. 13, 20. 1 Petr. 2, 25. 5, 4), der die Menschheit auf seinen Schultern zum Vater zurückträgt, sie lehrt und ihr rettender König ist". Kollwitz rechnet nun dieses Bild zu den „vorzüglichsten dieser Bilder, in denen die Vorstellungen des 3. Jahr hunderts von Christus Gestalt gewinnen"". Dieses sym bolische Herrenbild ist auch das einzige, „das durch alle Epochen hindurch (sc. vom 3. Jahrhundert bis in die nachtheodosianische Zeit) zu verfolgen ist"". Die ältesten Katakomben Roms bringen bereits dieses Bild (Lucina, Doppelkubikulum XY) und in Dura Europos taucht es in einem Taufraum auf, um dadurch die Beziehung von Chri stus-Hirt und Täufling zu unterstreichen". Auch in der Sarkophagkunst ist es etwas später zu finden (Rom, 8. Maria Antiqua. La Gayolle). Eng verbunden mit diesem Bild ist das des Orpheus und Chorführers. Hier soll aus gesagt werden, wie Christus durch seinen Gesang (Lehre) zum Heiland der Welt wird. Clemens von Alexandrien hat literarisch diese Symbolik mit den Worten ausgeführt: „Sieh, was das neue Lied (sc. Lehre) vollbrachte: Men schen hat es aus Steinen, Menschen aus Tieren gemacht. Und die sonst tot waren, ...sie wurden wieder lebendig, sobald sie nur Hörer des Gesanges geworden waren"." Künstlerisch erscheint vor allem der Christus-Orpheus, umgeben von Schafen, im sogenannten Orpheus-Cubiculum von S. Callisto zu Rom von Bedeutung. — Die Vorstellung von Christus, dem Fischer, gehört literarisch ebenfalls zu den ersten Rettungsbildern der Kirche, und was Clemens von Alexandrien in seinem unsterblichen Christushymnus von Christus als dem „Fischer der Sterb lichen, die sich retten lassen aus dem Meere der Bos heit"" verkündet hat, läßt sich im Bilde auf vielen Sar kophagen und vor allem wiederum in der römischen Katakombenmalerei finden (S. Callisto A 2). — Das Sinnbild des Steuermanns verweist den Herrn in die Mitte des Kirchenschiffes und des Lebensschiffleins eines Jeden Christen. Dabei wird bei den Kirchenvätern des öfteren der Mastbaum des Schiffes zum Symbol des siegreichen, gekreuzigten Herrn, der in der Antenna Crucis zum verläßlichen Steuermann der Kirchenarche wird (Hippolyt v. Rom)". Künstlerisch von Bedeutung ist hier etwa das Sarkophagdeckelfragment aus Spoleto mit Christus als Steuermann oder die Schiffslampe des Valerius Severus Eutropoius in Florenz, beide aus dem 4. Jahrhundert. — Auch im Bilde des Lehrers, das nicht individuell geprägt ist, drückt sich, beeinflußt von der Bedeutung der Lehre als Erkenntnisquelle im Schrift tum des 2. und 3. Jahrhunderts", der Gedanke aus von dem im Herrn geschenkten Leben. Dies wird dadurch noch verdeutlicht, daß die ersten Lehrerdarsteilungen in der Katakombe von S. Callisto im Zusammenhang der biblisch-erzählenden Christusbilder stehen, unter denen besonders die Erweckung des Lazarus, die Taufe, die Szene des Gespräches Christi mit der Samariterin am Jakobsbrunnen und die Mahlbiider zu erwähnen sind. Es wird also gleichsam durch diese Verbindung von symbolischen und biblisch-ereignishaften Bildern das symbolische Christusbild gegen jede Abstraktion abge schirmt und vermieden, daß der lehrende Herr zu einer blassen Repräsentationsfigur wird. — Besonders beliebt ist schließlich auf Sarkophagen die Komposition von Hirt, Orans und Lehrer (z. B. Sarkophag von S. Maria Antiqua
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