Christliche Kunstblätter, 105. Jg., 1967, Heft 3

Die Uberwindung des heidnischen Kuites einerseits, andererseits ober auch die Kontinuität der Gottes verehrung am Piatze manifestieren sich u. a. darin, daß die Basiiika soweit ais mögiich Tempeimauern weiterbenützt (z. B. übernehmen die beiden Osträume einen östiichen Tempeitrokt; die jüngere Außenmauer West des Tempels wird zur Westmauer des Langhauses) bzw. ihrer Flucht folgt (die Basilika-Südmauer liegt über der süd lichen Außenmauer des Tempels) und letztlich mit ihren äußeren Begrenzungen in das Mauerwerk des Umgangs tempels eingespannt ist. in eben diesem Sinn wird auch der Einbau von Römersteinen in die nordöstliche und südöstliche Fundamentecke zu verstehen sein, im Aufgehenden war die Basilika selbstverständlich ge mauert, das Langhaus überdeckte ein Satteidach, im Westen schloß der Narthex mit einem Pultdach an, für die Dachkonstruktion im Osten gibt es zwei Möglich keiten. Entweder endete das Dach des Langhauses mit demselben, dann war die Apsis außen als halber Zylin der mit Walmdach sichtbar, und die beiden Osträume waren gesondert eingedeckt, oder ober man hatte das Dach des Langhauses bis zur Ostmauer des äußeren Ostraumes vorgezogen, dann blieb die Apsis unsichtbar, und die Basilika bot von außen den Anblick eines ein fachen Kastens mit Satteidach'. Dieses provinzialrömische Gotteshaus des 4. Jahrhun derts n. Chr. war, eine kulturhistorische Rarität, geheizt. Die Erwärmung des Kirchenraumes erfolgte durch Hohl ziegel, die die beiden Längswände verkleideten und durch ein verzweigtes unterirdisches Kanalsystem ge speist wurden. Ziegeigewölbte Heizöffnungen (Präfurnien, P) befinden sich in den Schuitermauern der Apsis sowie in der Nordmauer, der Ostraum I war zugleich auch ein Heizraum. Weiters gehörte zur Basilika von Anfang an ein Turm, der sich mit seinen unteren Teilen noch im heutigen Kirchturm erhalten hat (Bildtafel 3)'. Glockenturm in unserem Sinn ist er keiner gewesen, sondern ein Wacht- und Signaiturm, also ein militärisches Objekt in Verbindung mit einem christlichen Kultbau, was nicht das einzige seiner großen Probleme darstellt. Vor ollem aber war die Basilika, wie die Grabungen erwiesen, neben ihrer Würde als Gemeinde- und Bischofs kirche von Lauriacum der Gedächtnisbau für die bislang für legendär gehaltenen Leidensgefährten des heiligen Florian, der als verabschiedeter Amtsvorstand des Statt halters von Ufernorikum am 4. Mai 304 in Lauriacum das Martyrium erlitt. Da es an dieser Stelle unmöglich ist, dieses komplexe Thema auch nur einigermaßen aus zuführen, müssen Stichworte genügen. Seit 1900 ist (wiederum) eine römische Steinkiste mit Skeiettresten zahlreicher Individuen bekannt, die im gotischen Hochaltar der Laurentiuskirche gefunden wurde. Die Gebeine waren von einem einfachen Leinen gewebe abgedeckt, daß damit alte Reliquien vorlagen, war von Anfang an klar. Neueste Untersuchungen er gaben als Datierung für die Textiireste das 4./5. Jahr hundert n. Chr.', und rücken damit die Knochen in den selben Zeitraum. Ein spätantikes Reliquienkonvolut in Lorch stellt ober eine selbstverständliche Assoziation mit den namenlos gebliebenen Louriacenser Märtyrern her, derentwegen der hl. Florian überhaupt erst in die Stadt gekommen sei, um sich vor dem Statthalter eben falls als Christ zu bekennen'. Eine Verifizierung dieser Hypothese von bereits höchstem Wahrscheiniichkeitsgrad brachte dann die Archäologie. In der Basilika fand sich nämlich noch das Fundament des ältesten Hochaltares (Abb. 4, A 1; Bildtafel 4), das, aus Gründen, die hier ebenfalls nicht zu erörtern sind, nur für die Steinkiste bestimmt gewesen sein konnte. D. h., diese war mit ihrem Knocheninhait der Hochaltar des 4. Jahrhunderts selbst, und die Reliquien mußten dann von hochverehrten lokalen Heiligen und Märtyrern, eben den „legendären", herrühren. Daß dieses einfache Steinkistengrab auch das große Heiitum oller folgenden Kirchen geblieben ist, erwiesen ebenfalls die Ausgrabun gen und bestätigten damit nur seine unmittelbare und überragende Bedeutung für das frühchristliche Lorch". Wahrscheinlich schon um die Mitte des 5. Jahrhun derts n.Chr. tritt dann an die Stelle des SteinkistenAitcres ein durchgemauerter Blockaltar (Abb. 4, A 2; Bildtafel 4), die Steinkiste mit den Reliquien wird jetzt knapp östlich davon in einen stark ausgemauerten Schacht in den Apsisboden versenkt (Abb. 4, Sa)". Warum man die Altarform gewechselt hat, bleibt vorläufig un bekannt, ich möchte eine Patroziniumsänderung dafür in Anspruch nehmen. Den Reliquien des neuen Kirchenpatrones, der m. E. bereits der heutige, der hl. Laurentius, gewesen ist, bleibt der Biockaitar vorbehalten, die un vergessenen lokalen Märtyrer finden eine gesonderte Ruhestätte und Verehrung". Wie Stufenreste im Westen des Biockaitares beweisen, wurde in der Basilika des Bischofs Constantius (vgl. Anm. 3), also in severinischer Zeit, bereits mit dem Rücken zum Volk zelebriert, weil sich jetzt im Osten des Altares kein Platz mehr für den Liturgen befunden hat. Denn aus den an und für sich unnötigen Mauerstärken des kleinen Grabschachtes (0,3 bis 0,4 m) kann nur auf einen ehemaligen Uberbau, auf eine allgemein sichtbare memoria geschlossen werden. Mit 488, dem Jahre der Rückführung der auswanderungswiiligen Romanen von ihrem letzten Sammelpunkt Lauria cum nach Italien und dem damit verbundenen Ende der Römerherrschaft in Ufernorikum, geht auch das Bistum Lauriacum zugrunde, um niemals wieder zu erstehen, in diesem Zusammenhang erhebt sich die Frage, ob die alte Bischofskirche als Pfarrkirche der nachrömlsch-romanisch-germanisch-bajuwarischen Restsiediung Lauriacum, deren Existenz im 6./8. Jahrhundert n. Chr. durch Baureste und Grabfunde gesichert ist", weiterbestanden hat oder nicht. Wir können bejahend antworten, und zwar vom archäologischen Befund der ersten Frühmittelalterkirche her. in karoiingischer Zeit" wird der Ostchor der frühchrist lichen Basilika, d. h. ihre einfache Apsis, aufgegeben und durch eine grundsätzlich neue architektonische Kon struktion ersetzt, während das alte, einschiffige Langhaus samt westlicher Vorhalle weiterhin bestehen bleibt (Plan Abb. 5). Uber den Bogen der Basilika-Apsis legt sich jetzt eine seicht fundierte, hufeisenförmige Mauer, die außen von einer zweiten, tiefreichenden Mauer halb kreisförmig umgeben ist. Beide Mauerzüge schlössen dergestalt einen sich nach beiden Enden zu verbreitern den Umgang ein, von dem noch Reste zweier übereinanderliegender Estriche vorhanden waren, und be dingten eine Fundamenterneuerung der Nordost- und Südostecke des Basilika-Langhauses. Zu diesem Sachverhalt kommt jetzt eine neuerliche Ände rung des Altarbezirkes (Abb. 4). Der frühchristliche Biock aitar wird weiterübernommen, der gemauerte Schacht

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