Christliche Kunstblätter, 105. Jg., 1967, Heft 3

einem Erdgrab stammt, das angelegt wurde, als diese Gegend noch landwirtschaftliches Gebiet oder erst seit kurzer Zelt Bestattungsgelände war. Welters wiesen die Gebeine Farbflecken auf, die von dem kostbaren Stoff stammen. In den sie eingeschlagen waren, als man sie hier Im Tropalon beisetzte. Somit kann man sagen; Nach dem Zeugnis dieses Fundes selbst ist es möglich, daß dies die Gebeine aus dem Zentralgrab sind. Da, wo dieses Gebeindepot In der Graffitimauer an die Rote Mauer stößt, erhielt sich etwas vom roten Ver putz. Und auf diesem Stückchen fand man eine Kritzel inschrift: riETP EN i Sie Ist mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit als „EEETPOS ENI" zu ergänzen und heißt somit: „Petrus Ist drinnen". Die Datierung dieser griechischen Buchstaben schwankt zwischen dem 2./3. und dem frühen 4. Jahrhundert. Bei jeder zeitlichen Festlegung spielt auch die Deutung eine Rolle, die man diesem Graffito In Beziehung zu dem Monument gibt: Wurde er geschrieben, als die Graffitimauer noch nicht stand, und sagte somit etwas über das Grab aus? Oder brachte man diese kleine Notiz erst an, nachdem man die Gebeine In dem Käst chen untergebracht hatte? Wir haben einen Hinwels darauf, daß man sich zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Konstantin bereits bewußt war, daß das Grab nun nichts mehr enthielt: Man verdeckte nämlich die schräge Grabplatte mit einer durchgehend geraden (Abbildung 6: II). Rätselhaft bleibt für uns letztlich die Veranlassung für diese Bewegung der Gebeine. Eine Hypothese kann sich an die von der Tra dition gesicherte Verehrung der Reliquien von Petrus und Paulus an der Via Appia in der Zone unter San Sebastiane halten: Vielleicht verbrachte man sie wäh rend der Verfolgung unter Kaiser Valerien im Jahr 258 dorthin. Als sie später zurückgetragen wurden, schüttete man die Gebeine auf dem Vatikan nicht mehr in die Erde hinunter, sondern bestattete sie im Grabmonument selbst. Die Deutung des Fundes und die Hypothese zur Erklä rung seiner Beisetzung In der Graffitimauer haben viel Einleuchtendes für sich, bestehen aber Im ganzen doch aus vielen Annahmen, für die man keine unmittelbaren archäologischen Beweise besitzt. So wird man nie mit vollkommener Sicherheit sagen können, ob es sich nun wirklich um die Gebeine des Apostels Petrus handle oder nicht. Für Ihre Echtheit können Immerhin gewichtige Be weggründe angeführt werden, die schwer für eine andere Deutung zu finden wären. Dort, wo einst das Grab war, von dem wir mit Sicherheit feststellen konnten, daß es ab dem ersten Jahrhundert für das des Apostels ange sehen wurde, an dem schmalen Platz zwischen den anderen Gräbern unter dem Tropaion, befindet sich heute ein Hohlraum, der durch die Entieerung des Gra bes, durch Plünderungen und Ausbesserungen entstan den ist. Alle diese Eingriffe trugen dazu bei, die verehrte Stelle dermaßen umzuformen, daß wir heute nur noch den Ort des Grabes besitzen, das Grab selbst aber nicht mehr. Und dies Ist der Grund, warum sein früheres Bestehen durch archäologische Beweisführung erschlos sen werden muß. Und wieder Konstantin Wie wir sahen, errichtete Kaiser Konstantin seine Petrusboslllka an der Stelle, die ihm als Grabplatz des Apo stels überliefert worden war. Diese Überileferung kann bekanntlich bis in das erste Jahrhundert zurückverfoigt werden, wie sie immer wieder auf denselben Ort hin weist. Im vierten Jahrhundert fand man das Tropaion mit eini gen Stützmäuerchen links und rechts schon etwas baufälilg vor. Doch diese alte Anlage sollte unangetastet erhalten bleiben. Man legte auf beiden Selten die Rote Mauer nieder, daß sie nur mehr unter dem Boden In Ihren Fundamenten erhalten blieb; nur am Tropaion ließ man sie stehen. Der Friedhof P bestimmte nun die ganze Fläche der großen Basilika: Auf diese Höhe bezogen sich alle die gewaltigen Arbeiten, die ausgeführt werden mußten, damit die Bodenhöhe der neuen Kirche mit der des Friedhofes P übereinstimmte. Dos Tropaion wurde mit einem Mauermantel umgeben, den man außen mit Mar mor verkleidete. Zur Basilika hin blieb eine Öffnung frei, so daß man auch weiterhin den Grabplatz sehen konnte. Wenn man annimmt, daß es die Petrusreliquien waren, die in der Graffitimauer lagen, erklärt es sich leichter, warum man diese Mauer in die Memoria einbezog. Denn g war entschieden breiter als ein entsprechendes Stützmäuerchen am Tropaion im Süden und bedingte eine Unregelmäßigkeit des neuen Marmorhäuschens in der Basilika: Wegen der Graffitimauer lag die Öffnung der Memoria von Anbeginn nicht genau in der Mitte, sondern etwas nach Süden hin verschoben. Die Apostelmemorlo stand zwischen vier kostbaren ge wundenen Marmorsäulen, die einen Baldachin trugen. Zwei weitere Säulen flankierten diesen Komplex links und rechts vor der Apsls. Wenn man das Meßopfer feierte, geschah das auf einem Tragaltar, der vor der Memoria aufgestellt wurde. Die Ringkrypta Die Jahrhunderte vergingen, und der Strom von Pilgern wurde Immer größer, die aus allen Ländern nach Rom kamen, um die Gräber der Märtyrer zu besuchen. Im Lauf der Zelt bürgerte es sich ein, das Meßopfer über den Gräbern der Märtyrer zu feiern. Gegen Ende des sechsten Jahrhunderts Meß dann Papst Gregor der Große die Apsls von Sankt Peter so umgestalten, daß das auch hier möglich wurde. Man hob den Boden der Apsls so weit an, daß von der Memoria aus Konstantins Zelt nur mehr die Höhe eines Altares herausragte. Somit wurde es möglich, geome trisch genau über dem Grab PetrI das eucharlstlsche Opfer zu feiern. Um den Gläubigen jedoch den Zugang zur Memoria nicht zu verwehren, legte man vor dem Altar eine Confesslo an; unter dem erhöhten Fußboden der Apsis baute man zusätzlich einen ringförmigen Gang, der dann In der Achse der Basilika zur Rückseite der Memoria führte: Und somit war für den Pilger der Weg zum Grabplatz eindrucksvoller denn je geworden. (Ab bildung 7.) Spätere Zeiten veränderten Teile der Anlage, legten einen Schacht durch alle Deckplatten bis In die Höhlung des Grabes hinunter an, sechs weitere gewundene Mar morsäulen wurden beschafft, die dann gemeinsam mit den sechs bereits vorhandenen In einer Doppelreihe vor der Confesslo aufgestellt wurden — und wieder zogen Plünderungen durch die Ewige Stadt, und Immer wieder wurde die große Kirche restauriert.

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