Christliche Kunstblätter, 105. Jg., 1967, Heft 3

Gafus verwendete in seiner Antwort den Ausdruck „Tropaion". Das bedeutete im Griechischen ursprünglich ein Siegeszeichen auf dem Schlachtfeld, dann aber auch überhaupt „Denkmal". Proclus hatte nun mit einem Be weis gearbeitet, der sich auf Gräber stützte, im Zusam menhang dieser Auseinandersetzung kann man also unter den „Tropoia" des Goius wiederum nur Gräber verstehen, denn sonst wäre ja sein Rückschlag unwirk sam. Außerdem weist das Tropaion auch von sich selbst darauf hin, daß es kein leeres Denkmal ist, sondern über einem wirklichen Grob steht: Ursprünglich besaß es nämlich eine Grabplatte, die mit der Roten Mauer einen Winkel von 11 " bildete (Abbildungen 5 und 6: I). Das ist genau derselbe Winkel, der zwischen dem Zentraigrab selbst und der Roten Mauer entstanden war. (Die Lage des Zentralgrabes kann man ja aus der Stellung der anderen Gräber ablesen: Abbildungen 3 und 4). Man wünschte also offenbar selbst um den Preis einer sichtbaren Unregelmäßigkeit die Verbindung mit etwas darunter Liegendem zu wahren. lusammenfassung Auf Grund der bis jetzt beschriebenen Funde können wir also feststellen: 1. Vom siebten Jahrzehnt des ersten Jahrhunderts an legen sich in einem Friedhof auf dem Vatikanhügel Erdgräber um einen bestimmten Platz, der ebenfalls ungefähr die Größe eines Grabes hat. 2. Dieser Platz wird später durch ein eigens errichtetes Möuerchen (m 1) geschützt. 3. Gegen die Mitte des zweiten Jahrhunderts drängt sich ein Grab (t]) über bestehende andere Gräber hin weg an diese mittlere Stelle heran. 4. Um 160 wird eine Mauer errichtet, die mit einer He bung in ihrem Fundament, drei übereinander liegen den Nischen und einem kleinen Denkmal wiederum auf diese Stelle hinweist. 5. Eine schräge Platte in diesem Denkmai gibt genau die Lage des Platzes darunter an. 6. Diese Stelle wurde vor und noch der Errichtung der Roten Mauer besucht. 7. Um das Jahr 2GG wird diese Steile als das Grab des Apostels Petrus angesehen. Eine Folgerung wurde bereits gezogen: Hier handelt es sich um ein Grab. Nun ist zu überlegen, wessen Grab das sein mag. Um 2GG bezeichnete man das etwa vierzig Jahre alte Tro paion als Grabmal des Apostels Petrus. Ohne Zweifel war man um 16G, bei der Errichtung des Tropaions, eben falls der Meinung, am Grab von Petrus zu sein. Da man zwischen diesem Zeitpunkt und der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts eine ununterbrochene Folge von Hinweisen auf dieses Grab, von Sorge um sein Bestehen und von eifrigem Besuch feststeilen kann, ist es nicht möglich anzunehmen, daß irgendwann einmal während dieser Jahre ein Name aufgebracht worden wäre, der nicht mit der ursprünglichen Uberlieferung überein stimmte. Wenn man die Zeugnisse, Hinweise und Be funde zusammennimmt und sie alle gemeinsam deutet, wird man unweigerlich zu der Folgerung genötigt: Hier handelt es sich um das Grab des Apostels Petrus. Im weiteren Verlauf der Geschichte dieses Friedhofes kamen noch sehr viele Gräber hierher. Sie durchdringen sich manchmal gegenseitig und beschädigen ältere GrabAbb. 6: Rote Mauer mit Nischen und Tropaion. i = ursprüngliche schräge Grabplatte, II = Begradigung des Winkels. Pfeil: Riß in der roten Mauer, g = Graffiti anlagen immer wieder, offenbar nur von dem einen Wunsch beseelt, möglichst nahe an das Zentraigrab heranzukommen, das selbst nie verletzt oder auch nur berührt wurde. Diese Bestattungstätigkeit ging bis in die Zeit Konstantins weiter. Die Graffitimauer im Laufe des dritten Jahrhunderts entstand nördlich des Tropaions in der Roten Mauer ein schwerer senkrechter Riß (Abbildung 6: ^). Man suchte die Anlage zu schüt zen, indem man eine recht kräftige kleine Mauer im rechten Winkel vor diesem Riß errichtete (Abbildung 6: g). Dieses Stützmäuerchen kam zwischen die Rote Mauer und das nördliche Säulchen zu stehen, das dabei etwas nach Süden verschoben wurde (Abbildung 6). Der Verputz dieser Mauer reizte die Besucher sichtlich zu Kritzeleien, die bald die nördliche Mauerfläche über und über bedeckten. Die Erforschung dieser Graffiti zog sich durch Jahre hin und ergab, daß sich die Pilger mit ihrem Namen und mit Anrufungen verewigt hatten. Unter Konstantin wurde diese kleine Stützmauer etwas verändert: Man brach von der Nordseite her über ihre ganze Breite einen Hohlraum von 77 X 29 X 31,5 cm aus, der innen mit Marmorplatten verkleidet wurde. Die Aus gräber fanden hier mit Erde und Stoffresten vermischte Gebeine, die lange unbeachtet blieben. Als man sich ihrer annahm und sie genau untersuchte, stellte sich heraus, daß man aus diesem kleinen Kästchen folgendes entnommen hatte: menschliche Gebeine, Tierknochen, Erde, die zum Teil an den Gebeinen klebte, Reste von golddurchwebtem rotem Stoff. Die menschlichen Gebeine gehörten einem einzigen Indi viduum männlichen Geschlechtes an. Von der Gesamt menge des Skeletts liegt noch etwa die Hälfte vor. Es handelt sich um einen robusten Greis, der zwischen dem sechzigsten und dem siebzigsten Lebensjahr starb. Seine Körpergröße ist zwischen 163,6 und 167,9 cm anzunehmen. Die Erde stimmt mit der des Friedhofes P überein. Es handelt sich hierbei um einen Mergeisand, der anderswo in Rom selten zu finden ist. Diese Erde bedeutet, daß die Gebeine einem Erdgrab und keinem Sarkophag ent nommen wurden. Da wenige Reste von Feld- und Haustier-Skeletten zwi schen den menschlichen Gebeinen gefunden wurden, muß man annehmen, daß das menschliche Skelett aus

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