Christliche Kunstblätter, 105. Jg., 1967, Heft 3

Vielen Mausoleen merkt man deutlich ihre lange Benüt zung durch Generationen an: Sie sind überbelegt, und manchmal hat man weiteren Urnen- oder Erdgräbern etwas gewaltsam Raum geschaffen, wenn der Platz zu eng wurde. Diese Bestattungstätigkeit ging bis zum Anfang des vierten Jahrhunderts rege welter, bis In die Zelt Konstantins. Allerdings machten sich damals schon gewisse Verfallserscheinungen bemerkbar, denn der Großteil der Gebäude war Immerhin schon eineinhalb bis zwei Jahrhunderte alt. All das wurde nun aber plötzlich durch einen Gewaltakt verschüttet und zum Teil zerstört. Man tat das so gründ lich, daß einige Leute die Gelegenheit zu Plünderungen benützten: Offenbar war mancher Arbeiter der Meinung, diese Gebäude würden nie wieder zum Vorschein kom men — und bereicherte sich an kostbar ausgestatteten Gräbern, die aufgebrochen und beraubt wurden, bevor man alles zuschüttete. Wiederholt sind Spuren dieser Grabschändungen festzustellen'. Und von neuem stehen wir nach dieser kurzen Beschrei bung der Nekropole vor der Frage um den Grund für den Bau der Basilika an diesem Platz, der für ein solches Unternehmen denkbar ungeeignet war. Der Grund für diese Veränderungen liegt in der Nekropole selbst, und zwar nicht in einem der Mausoleen, sondern In einem kleinen Friedhof Im Westen des ausgegrabenen Gebietes (Abbildung 2: P). Der Friedhof P Der Anstieg Ist hier Im Westen etwas flacher geworden, wie man In Abbildung 2 aus dem Vergleich der Schnitte I und II erkennen kann. In diesem ursprünglich etwas Abb. 3: Friedhof P: Zeitliche Reihenfolge der frühen Gräber: -ü — i — y. Um 150 folgt der Anbau der Mauso leen O — S — R — R'. Zur selben Zelt legt sich das Grab ri quer über das Grab ^ und beschädigt den Aufbau des Grabes y. abschüssigen Friedhof (Abbildung 2: P) liegen Erdgräber, die zum Teil noch aus dem ersten Jahrhundert stammen. Es handelt sich meist um einfache, ja arme Begräbnis formen. Im Laufe der archäologischen Untersuchungen wurden die Gräber von P mit griechischen Buchstaben bezeichnet: Im Grab (f war der Leichnam In eine ausgehobene Erd mulde gebettet worden. Dann stellte man sechs große Ziegelplatten dachförmig darüber: Das war der einzige Schutz, den ein solches Armengrab besaß. Man kennt Gräber dieser Form auf verschiedenen antiken Fried höfen. Ein Ziegel des Grabens ff trögt einen Stempel, der nach den Jüngsten Untersuchungen In die Reglerungszelt des Kaisers Nero einzureihen Ist. Das bietet die Möglich keit, annähernd die Zelt festzulegen, aus der das Grab selbst stammt. In unmittelbarer Nähe, etwas welter westlich, muß un gefähr zur selben Zeit ebenfalls ein Grab angelegt worden sein, das später durch Umbauten in diesem Gebiet stark zerstört wurde. Immerhin kann man es auch zeitlich einreihen. Man fand nämlich Reste von Grab belgaben: Goldverziertes Glas und Tonlampen lassen schätzen, daß dieses Grab um das Jahr 70 entstanden Ist. Etwas später wurde Im rechten Winkel zu ^ ein wenig hügelaufwörts das Grab i angelegt (Abbildung 3). Es ist noch einfacher als ■&: Nur drei flachgelegte Ziegelplatten bedeckten den Leichnam. Geringe verbliebene Reste Im Westen lassen annehmen, daß dort weitere Grabanlagen folgten. Etwa um 12G wird dann Im Süden ein weiteres Grab angelegt (Grab y). Es besteht aus einem kleinen Tonsarg und einem ge mauerten Ziegelaufbau, der das Grab offenbar vor der Verschüttung durch die Erde bewahren sollte, die den Flügel herunterrollte. Durch diesen Aufbau führt eine LIbatlonsröhre In den Sarg'. Zwischen dem siebten Jahrzehnt des ersten und dem dritten Jahrzehnt des zweiten Jahrhunderts legten sich also im Friedhof P Erdgräber um eine Stelle herum, deren Lage sie ziemlich genau erkennen lassen, da sie sich rechtwinkelig oder parallel dazu ausrichten (Ab bildung 3). Es leuchtet ein, daß an dieser Stelle selbst vor den um sie herumliegenden Gräbern etwas be standen haben muß, auf das sie Bezug nahmen. Und was kann das sein, das in der Erde eines Friedhofes mitten unter Gräbern liegt? Die unbefangene Antwort wird lauten: ein Grab. Bei den bisher besprochenen Gräbern fällt stark auf, daß hier schon seit dem ersten Jahrhundert Erdbestattung herrscht. Fielden verwendeten In Jener Zelt diese Begräbnisform noch nicht. Man hat also an Jüdische oder christliche Besitzer des Friedhofes P zu denken. Um 130 baute die Familie der MatuccI Im Osten des Friedhofes P das Mausoleum O (Abbildung 3: O). Und dieses Grabhaus enthält noch kein einziges ErdgrabI Gegen die Mitte des zweiten Jahrhunderts folgte eine Zelt lebhaften Bauens rund um den Friedhof P herum: Zuerst wurde das Mausoleum S an O angebaut (Abbil dung 3: S). Dieser Neubau konnte Jedoch nicht dieselbe Raumtiefe wie sein Nachbar erreichen, da offensichtlich der Besitz P genau umgrenzt war. Natürlich durfte das Mausoleum S nicht auf fremden Grund und Boden aus gedehnt werden, und so wurde es weniger tief als breit und bot im Inneren keinen überzeugend günstigen Eindruck.

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