Münchner Tagung über die Ordnung des Kirchenraumes Günter Rombold Vom 18. bis 20. April 1966 veranstaltete die Liturgische Kommission bei der Fuldaer Bischofskonferenz in Ver bindung mit der Arbeitsgemeinschaft der Diözesanbau referenten und Diözesanbaumeister in München eine geschlossene Studientagung über die Ordnung des 'Kirchenroumes. Die Tagung wurde von Bischof Volk aus Mainz geleitet. Bischof Volk hielt auch das erste Hauptreferat „Gottes dienst im Lichte des Konzils". Er wies auf, daß die Litur gische Konstitution durch die übrigen Konzilsdokumente gestützt wird, wie auch sie umgekehrt — als erstes ver öffentlichtes Dokument — den übrigen Texten spürbare Hilfe geleistet hat. Darum Ist sie nur Im Zusammenhang mit den anderen Konzilsdokumenten voll verständlich. Da die zentrale Aussage des Konzils die Konstitution über die Kirche ist, sprach Bischof Volk zuerst über die Kirche, wie sie sich im Konzil selbst versteht. Die Kirche bezeichnet sich selbst als ein Mysterium. Dieses Myste rium bleibt nicht unbezeugt, sondern tritt auf in Zeichen. Ihr Geheimnis ist im Zeichen gegenwärtig und wird durch das Zeichen gegenwärtig gemacht. Zusammenhang wird deutlich als Form des Heiles. Gnade ist Bund, Heil Ist Bund, also Zusammenhang: „relatio est ultlma perfectio" (Thomas). — Die Kirche wird aber nicht nur beschrieben als Mysterium und Sakramentum, sondern auch als das gegliederte Gottesvolk. Gegliedertes Gottesvolk bedeu tet, daß nicht alle die gleiche Funktion haben, daß viel mehr die Kirche verschiedene Ämter und Aufgaben in sich birgt. Diese hierarchische Gliederung bedeutet aber nicht Trennung, sondern Dienst aneinander. Vor allem sind der Geistliche und der Laie einander zugeordnet im Ganzen der Kirche. — Schließlich wies Bischof Volk noch auf die eschatologische Dimension der Kirche hin. In ihr erfahren wir das Kommen Christi. Im zweiten Teil des Referates sprach Bischof Volk über den Gottesdienst als Selbstdarstellung der Kirche. Gerade in der Liturgie wird die Kirche deutlich als Mysterium, in ihr handelt Gott an uns; der Gottesdienst enthält unsere Antwort; in Christus wendet sich die versammelte Gemeinde für alle Menschen, ja für den ganzen Kosmos an den himmlischen Vater. Dabei muß Christus Raum gewinnen in uns. — Die Kirche kommt hier in der Liturgie zusammen als das gegliederte Gottesvolk. Dabei ist sowohl die Einheit als auch die Differenzierung zu sehen. Die Einheit des Gottesvolkes hat selbst eine geistliche Funktion. Alle Getauften sind für die Liturgie qualifiziert. Hier im Gottesdienst findet die christliche Gemeinschaft ihre Mitte. — Schließlich hat der Gottesdienst auch einen eschatologischen Charakter. Der Gottesdienst soll frei lich nicht den Himmel auf die Erde zaubern, sondern ein Hinweis sein für das, was kommen soll. Am Schluß machte Bischof Volk noch einige direkte Aus sagen über den gottesdienstlichen Raum. Dieser Raum wird durch die Konsekration ausgesondert. Der Bischof gab seiner Überzeugung Ausdruck, daß es einen Unter schied zwischen Heiligem und Profanem gebe. Wir wollen keine reine Wortkirche; die Kirche soll ouch außerhalb des Gottesdienstes ihre Zeichenhoftigkeit bewahren. Wir müssen auch der Gefahr der Blldlosigkeit entgehen. Das zweite Hauptreferat von Domkopitular Ernst Tewes, München, beleuchtete die postorole Seite des Kirchen baues: „Für wen bauen wir Kirchen?" Der Referent trug sein Anliegen in thesenartiger Form vor. In einer ersten These wurde festgestellt, daß der Wohnort auch heute noch der primäre Bezug des Menschen sei. Die Bindung an die Familie ist die stärkste menschliche Bindung. Wenn auch die Territorialgemeinde durch die neue Lebensform in gewisser Weise relativiert worden ist, so hat die Ortskirche doch ebenso eine neue Bestätigung gefunden. — 2. These: Die Kirche soll nicht städtebauliche Dominante sein, aber ihren Öffentlichkeitsanspruch gel tend machen. Dieser Öffentlichkeitsanspruch ist nicht an eine bestimmte Gesellschaft gebunden. Er besteht — heute mehr denn Je — im Zeugnisgeben in der Menschen freundlichkeit. Daher muß eine Kirche von innen nach oußen gebaut werden. — 3. These: Die Kirche soll heute nicht mehr Thronsaal Gottes sein, wie im Barock, sondern das Haus der versammelten Gemeinde. Sie ist die Stätte der Begegnung mit dem Herrn im Wort, in der Eucharistie, im Gebet. — 4. wurde die Frage nach dem Sinn, dem Recht und den Formen des Sakralen gestellt. Kann es eine Kirche im Wohnhaus geben? Wird dadurch die Spaltung zwischen dem Alltags- und dem Sonntags christen überwunden? Kann es Kirchen als Klubräume geben, in denen im Anschluß an das Gemeindegespräch die Eucharistie gefeiert wird? — 5. These: Der Kirchenbau hat der Gemeindebildung zu dienen, vor allem am Stadtrand. Die Menschen von heute In ihrer Angefochtenheit und Verdrießlichkeit sollen hier Stille und Geborgen heit erfahren, um mit ihren personalen Kräften zu Gott zu gelangen. Dazu kann der Raum helfen. Der zweite Tag wurde mit einer Fahrt zu vier neuen Kirchen in München eingeleitet: St. Helena (Hansjakob Lill), St. Matthlas (Alex, von Bronco), St. Karl Borromäus (Herbert Groethuysen) und Maria Ward (Tosef Wiedemann). Das Referat am Nachmittag dieses Tages hielt Dr. Günter Rombold unter dem Titel „Gemeinde, Liturgie und Kir chenbau". Der erste Teil wird in diesem Heft in etwas abgeänderter und erweiterter Form abgedruckt, wobei die Frage nach dem Sakralen und dem Profanen aus geklammert bleibt, da sie eine umfangreichere Abhand lung verdient. Nach den grundsätzlichen Ausführungen über die theologischen Prinzipien des Kirchenbaues ging der Referent auf die gegenwärtigen Tendenzen der Architektur ein und behandelte In einem zweiten Teil noch drei Einzelprobleme: Altar, Bereich des Wortes, Ort des Chores. Die anschließende Hauptdiskussion, bei der Kordinai Döpfner anwesend war, drehte sich vor ollem um die grundsätzlichen theologischen Probieme, wobei sich zeigte, wie sehr gerade die Architekten an ihrer Lösung interessiert sind. Besonders iebhoft wurde
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2