KRITIK Der französische Fauvismiis und der deutsche Frühexpressionismus Die unter diesem Titei laufende Ausstellung Im Münchener Haus der Kunst (26. März bis 15. Mal 1966) war zuvor für zwei Monate In Paris. Das dortige Echo auf diese erste Konfrontation der Fauves mit den Werken deutscher Expressionisten bis 1910 war beachtlich und aufschluß reich. In der Tot Ist die Begegnung das Interessanteste Ergebnis des ganzen Unternehmens, denn weitgehend bedeutete der expressive Farbenrausch der Deutschen für das französische Publikum eine Entdeckung; für die Besucher In Deutschland wiederum Ist der unmittelbare Vergleich mit der sensiblen französischen Kolorlstik mög lich, die vor allem deutlich macht, auf welcher Breite sich In unserem Nachbarland der Durchbruch zur Farbe ols Ausdrucksmittel vollzog. Doch Ausdruck Ist nicht gleich „Ausdruck"! Es zeigt sich, daß auf beiden Selten und zur gleichen Zelt hinter der gemeinsamen Hinwendung zur Farbe eine von Grund auf verschiedene Idee, ein gänz lich anderes Lebensgefühl stehen. Den Expressionisten wird die ungemischte Farbe zum Organen für die Gestal tung elementarer Kräfte; den Fauves wird sie zum Ver mittler eines auf Harmonie gerichteten Daseinsgefühls. Eine Befreiung aus festgefahrenen Bahnen akademischer Auffassung war beides, gewiß; idoch Im Grunde stehen sich hektischer Ausbruch emotionaler Prägung und sen sible Verinnerllchung gegenüber, und gerade das Ist der zu beachtende prinzipielle Unterschied, den es zu sehen gilt, wenn die äußere Erscheinungsform einen gemein samen geistigen Grund suggeriert. Leider wurde die Auswahl von etwa 270 Werken nicht so getroffen, daß ein objektives Erkennen des historischen Sachverhaltes ohne weiteres möglich wäre. Bei den Franzosen, zusammengestellt von Bernard Dorival, domi nieren durch vorzügliche Auswahl Marquet und Dufy, Braque und van Dortgen, obwohl nicht einzusehen Ist, warum letzterem so reichlich Platz eingeräumt wurde. Ebenso unklar bleibt, warum Rouault nicht vertreten Ist, denn er gehört als Zeltgenosse schließlich dazu, zumal man nicht nur (die leuchtende Farbigkeit zum alleinigen Kriterium erheben kann. Problematisch bleibt die Kollek tion von Matlsse. Sicher Ist es ein Ereignis zu nennen, endlich einmal so berühmte Bilder wie „Luxe, calme et volupte" (1904) und „Le Luxe I" (1907) sehen zu können; Jedoch die übrigen vermögen nicht, die überragende Rolle zu dokumentieren, die Matlsse tatsächlich In dieser Epoche gespielt hat. Ihm gegenüber bleibt Braque doch ein sehr gleichförmiger Maler, bei dem es Innerhalb einer recht begrenzten Palette später nur noch Akzentverschie bungen gab. — Von den Deutschen, zusammengestelit von Leopold Reldemelster, Ist Schmidt-Rottluff am besten repräsentiert, auch „Der gläserne Tag" von Hecke! ist ein Höhepunkt. Wie enttäuschend ober Wirkt die Gruppe der KIrchner-Blider! Wer nicht In der Lage Ist, sie In Gedanken mit besseren Beispielen aus der Zelt zu er gänzen, kommt leicht zu einem Fehlurteil. Fragwürdig mutet es auch an, wenn zwei späte Bilder von Marc einer Epoche zugeschlagen werden, mit der sie gar nichts zu tun haben, lawlensky, Pechstein und Otto Müller kommen In den gewählten Beispielen profiliert heraus, doch das Ist ja bei den mittleren Talenten immer leichter. Um wieviel schwieriger es Ist, Malern wie Nolde oder Kandlnsky mit wenigen exemplarischen Werken ein Gesicht zu geben, das zeigt sich hier und wird für zu künftige Ausstellungen zum fost unlösbaren Problem werden. So erfreulich die Ausstellung als Ganzes Ist, so un befriedigend muß sie bleiben, sobald man Ihre pro blematischen Selten gewahrt, wozu noch erwähnt werden muß, daß eine kunterbunte Hängung nicht jedermanns Sache Ist, auch wenn sich die Verantwortlichen davon einen didaktischen Effekt versprechen. — Vor dem Kata log sei gewarnt; Er ist kein „nützlicher Begleiter", sondern ein katastrophales Erzeugnis, das an Unübersichtlichkeit seinesgleichen sucht. Curt Grütz im acher Frühe Ikonen. Sinai—Griechenland—Bulgarien—Jugosla wien. Text von Kurt Weltzmann, Manolls Chatzldakls, Krsto MIatev, Svetozar Radojcic. Verlag Anton Schroll, Wien und München 1965. CVI Textselten, zahlreiche Farbund Schwarz-Weiß-Tafeln auf 220 Selten. S 590.—. Dieses aufsehenerregende Buch Ist aus österreichischer, jugoslawischer, bulgarischer, schweizerischer und französi scher Zusammenarbeit hervorgegangen und dürfte wohl die erste Veröffentlichung sein, die In breiterer überschau die Entwicklungsgeschichte der Ikonenmalerei von ihren Anfängen über die byzantinische Perlode hinweg bis zu den regionalen Sonderungen in Bulgarien und Jugosla wien berücksichtigt. Ausgeschlossen blieben Rußland, dessen religiöses Kunstschaffen Innerhalb des kulturellen Ostblocks stets eine Sonderstellung eingenommen hat, und — leider — auch Rumänien, dessen Ikonenkunst im Westen, will man von der sehr unzulänglichen Veröffent lichung der Bestände der Sammlung Rleder In Morcote absehen, kaum bekanntgeworden Ist. „Frühe Ikonen": Dieser Titel Ist an sich unrichtig. Irre führend und durchaus unnotwendig; der Titel der Origi nalausgabe hatte schlicht und einfach „Ikone so Balkana", Balkanlkonen, gelautet, und war dem wahren Sachverhalt wesentlich nähergekommen. Es geht unseres Erachtens nicht an. In den Begriff „früh" Kunstwerke des 17. und 18. Jahrhunderts einzuordnen (wie das In den Kapiteln „Bulgarien" und „Jugoslawien" geschieht), die ses Epitheton kommt Im Rahmen dieser Publikation einzig
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