Christliche Kunstblätter, 104. Jg., 1966, Heft 3

deutung erlangen als Selbstdarstellung und Selbstvollzug der Kirche, die aus dem Paschamysterium lebt. Die Einführungen, die der Liturgischen Konstitution folgen, hat Bischof Volk, Vor sitzender der Liturgischen Kommission Deutschlands, für seinen Klerus gehalten. Franz Schmutz Liturgie und Kirehenraum Herbort Muck, Die Gestaltung des Kirchenraumes nach der Liturgiereform. Heft 12 der Reihe „Lebendiger Gottesdienst". Veriag Regensberg, Münster 1966. DM 11.50. Diese Publikation des Leiters des Instituts für Kirchenbau und sakrale Kunst der Wiener Kunstakademie bietet Architekten, Seelsorgern und allen für den Kirchenbau Verantwortlichen eine zuveriössige Information über die Foigerungen, die sich aus der Liturgiekonstitution für die Gestaltung des gottes dienstlichen Raumes ergeben. Bevor Pater Muck über die einzelnen Funktionsorte der Liturgie spricht, geht er auf die grundsätzlichen Aniiegen der Reform ein, die sich auch in der Raumgestait auswirken sollten. Aus der Erkenntnis des Gemeinschaftscharakters der Liturgie ergibt sich, daß die Kirche ein Raum der Einheit in Christus sein soil; der Wunsch nach der aktiven Teiinahme des ganzen Volkes führt zum Verlangen nach einem Aktionsraum zum Mitvolizug. Daraus ergibt sich, daß einerseits Räume von übertriebener Stimmung und theatroiischer Inszenierung, andererseits auch das vieifach angestrebte Zweiraumgefüge der Grundkonzeption der erneuerten Liturgie widersprechen. Anzustreben sind viel mehr die Einheit von Raumgestait und Bauform, Einfachheit und menschiicher Maßstab. Im einzelnen werden die Funktionsorte der Liturgie durchbe sprochen: der Vorsitz, der Bereich des Wortgottesdienstes, die Mensa und ihre Lage, der Ort des Tabernakels, Sängerplatz und Orgel, die Taufstelle, die Orte der Andacht des einzelnen und die Räume der Vorbereitung. Auf das Problem der Ver schiedenartigkeit der Versammlungsordnung bei der Wortver kündigung und Mahlfeier wird eigens eingegangen. Zahl reiche Funktionsschemata (die nicht als Grundrisse mißzuverstehen sind) verdeutlichen das Gemeinte. Leider ist die Be bilderung des Bändchens sehr spärlich — hier gaben wohl fi nanzielle Erwägungen den Ausschlag. Ein letzter Abschnitt gilt der Neuordnung alter Kirchen. Da die wichtigsten Stellen daraus in diesem Heft wiedergegeben sind, erübrigt es sich, darauf näher einzugehen. — Aus der ganzen Publikation spürt man, daß hier ein Praktiker für die Praxis spricht. Darum wird diese Handreichung auch so will kommen sein —. Daß die eigentliche Aufgabe der Gestaltung damit erst beginnt und daß dem Architekten und dem Künstler ein weites Gebiet schöpferischer Freiheit geschenkt ist, ver steht sich von selbst. G. R. Malerei der Gegenwort Anton Henze, Dos christliche Thema In der modernen Malerei. F.-H.-Kerle-Verlag, Heidelberg 1965. 122 Textseiten, 28 Text abbildungen, 192 Tafeln mit teils farbigen Abbildungen auf Kunstdruck. DM 48.—. Dieses Buch war eigentlich längst fällig und wir freuen uns darüber. Anton Henze folgt der biblischen Thematik von der Schöpfung durch dos ganze Alte und Neue Testament bis zur Auferstehung und Geistsendung und zum Themenkreis der Apokalypse. Anschließend werden noch einige Sonderthemen dargestellt, wie das Heiligenbild und die „Kathedrale". Die thematische Folge bedingt die Gegenübersteilung von Werken der verschiedensten Richtungen, wodurch das Werk an Einheit lichkeit verliert, aber an Lebendigkeit gewinnt. Es wird keine bestimmte Richtung ausgeschlossen, aber Im allgemeinen ein durchaus strenger Qualitätsmaßstab angelegt. Neben den deut schen Expressionisten findet man Chagall, Rouault, Manessier, Leger, Lurcat, Sutheriand, aber auch die Werke der „Naiven". Man bedauert nur, daß nicht angegeben wird, wo sich die einzelnen Werke befinden. Dem Biidteil ist eine kurze, auf das Wesentliche sich beschränkende Einführung beigegeben. In einem vorausgehenden Abschnitt legt Henze die Prinzipien dar, von denen er ausgeht. Er grenzt die Begriffe: religiöse, sakrale, christliche und kirchliche Bilder voneinander ab. Das Religiöse findet der Autor — hierin Georg Simmel folgend — in jedem guten Werk von Menschenhand, in dem eine erzeugende apriorische Energie, die religiös ist, wirksam wird. Zum Wesen des christlichen Bildes gehört dagegen das christliche Thema. Henze greift hier auf Wackenroder zurück und weist darauf hin, wie modern dessen Forderung an den Betrachter ist, das Bild zu vollenden. Den Hinweis auf die dialogische Struktur des Bil des halten wir für sehr wichtig. — Wesentlich weniger be friedigt uns, was Henze über das sakrale und das kirchliche Bild sagt („Das kirchliche Bild ist das sakrale Bild des Chri sten"). Wir glauben nicht, daß man diesen Begriff vom Themati schen und Funktionellen allein fassen kann. Nicht ganz konsequent scheint uns die Aufnahme einiger ab strakter Werke in diesen Band. Wo ist hier das christliche Thema? Damit wird aber eine tieferliegende Problematik offenbar, der Henze ausweicht. Die meisten hier publizierten Bilder stammen von Malern, die vor 1900 geboren sind. Können abstrakte Maler christliche Themen darstellen und wie? Oder öffnen sich hier ganz neue und andersartige Möglichkeiten, die durchaus legitim, aber mit den bisherigen Begriffen nicht zu fassen sind? Einen Hinweis gibt Henze mit dem, was er das „bewohnbare kirchliche Bild" nennt (er denkt dabei etwa an die Taufkapelle von Audincourt), aber der Hinweis bleibt iso liert und wird nicht durchdacht. So entläßt dos Buch den Leser mit dem Bewußtsein, wieviel offengeblieben ist. Uns allen aber bleibt die Frage, wie wohl die Entwicklung weitergehen wird. G. R. Erich Meckel, Dos graphische Werk. Zusammengestellt von Annemarie und Wolf-Dieter Dube. Verlag Ernst Rathenau, New York 1965. Auslieferung durch den Veriag Ernst Hauswedeli, Hamburg 36. Auflage: 600 numerierte Exemplare. Zwei Bände DM 180.—. Für jeden Sammler und Wissenschaftler, der sich mit dem deutschen Expressionismus beschäftigt, ist das vorliegende Oeuvre-Verzeichnis der gesamten Graphik Erich Heckeis bis 1963 ein unentbehrliches Nachschlagewerk. Band I umfaßt die Holzschnitte, Band 2 die Radierungen und Lithographien. Die Zusammenstellung besorgte das Ehepaar Dube; Frau DubeHeynig hat sich bereits durch den Band über die Graphik Ernst Ludwig Kirchners im Prestel-Veriag einen Namen gemacht. Die beiden Bände veranschaulichen in instruktiver Weise den Entwicklungsgang Heckeis. Die Holzschnitte der frühen Jahre (1903 bis 1907) wachsen in unverkennbarer Weise aus dem Schwarz heraus, das fast immer dominiert und der Stoff zu sein scheint, aus dem Welt gebildet ist. Um 1908 erreicht Heckel die volle Meisterschaft (Die Betende, Dube 155). Immer deut licher tritt nun das Element der Spannung, des Kampfes der Gegensätze in den Vordergrund. Nun ist es nicht mehr nur der Gegensatz der Geschlechter, in jeder menschlichen Beziehung wird das Dramatische, das Kämpferische gesehen (Gegner, 236); auch die Natur ist von Spannungen erfüllt (Landschaft auf Alsen, 251). Das findet seine Entsprechung im Formalen, wo immer mehr spitze und eckige Formen auftreten, was Heckeis Graphik bis 1913 in eine stets größere Nähe zu Kirchner treibt. In diesen Jahren entstehen die großen Meisterbiätter: Fränzi liegend (188), Mädchen mit Turban (211), Stehende (234), Weiße Pferde (242), Geschwister (260), Der Mann (262), Hockende (263), Beim Vorlesen (272), Mädchen mit hohem Hut (Radierung 114). Dann bricht die harte und brutale Welt des Krieges in das Werk ein; als letzte Ver dichtung entsteht 1919 der große Holzschnitt „Männerbiidnis" (318). Nachher scheint die Kraft der Verdichtung abzunehmen; naturalistische Details lenken immer mehr die Aufmerksamkeit auf sich; um 1930 entstehen fast peinliche Blätter. Dennoch findet sich auch im Spätwerk noch manch erstaunliches Blatt, zuletzt 1962 der Holzschnitt „Im Gebirge" (438). Wir glauben, daß gerade dieses Oeuvre-Verzeichnis dazu beitragen wird, das Urteil über einzelne Blätter und ganze Perioden im Schaf fen Heckeis zu klären. Das dürfte nicht sein geringstes Ver dienst sein. G. R. Sammlung Sprengel. Ausstellungskatalog. Kunstverein Hannover 1965. DM 25.—. Moderne Kunst ist Heiligkeit, Freude, Fülle und Reichtum: wer es nicht glaubt, wer bisher nur die dunkle Seite an ihr gesehen hat, der möge sich mit der Sammlung Sprengel auseinander setzen. Das Kennzeichnende an ihr ist die Welte des Horizonts. Wohl gibt es Schwerpunkte: Nolde, Klee, Picasso, aber um diese Mitte gruppiert sich eine Fülle von Werken, die völlig undogmatisch gesammelt wurden. Hier dominieren nicht Rich tungen, sondern einzig das Bild als Bild. Maßstab sind nicht irgendwelche „Ismen", sondern die formalen Qualitäten. Und wenn man ein Einheitsprinzip sucht, so ist es das genannte: Moderne Kunst ist hier als positive Kraft begriffen und bejaht. Ein Akt der Revolte steht am Anfang: Als Bernhard Sprengel 1937 die Ausstellung „Entartete Kunst" gesehen hatte, begab er sich zu Günther Franke und erwarb seine ersten zwei Aquarelle von Emil Nolde. Der Weg führte bald zum Künstler selbst, und es entstand „eine von beiden Seiten getragene Freundschaft". Nach dem Kriege wurde die Sammlung ständig erweitert; die wichtigsten Bilder wurden bei Ketterer in Stuttgart und bei Kornfeld in Bern erworben. Immer wieder wurden schwächere Werke abgestoßen, um bessere zu gewinnen. So entstand eine Privatsammiung zeitgenössischer Kunst, die in Deutschland ihres gleichen sucht: Der Katalog weist 309 Gemälde und Plastiken und 438 graphische Blätter aus, unter denen sich zahlreiche Werke ersten Ranges befinden. Ein privates Hobby? Wir glau ben nicht. Sammler wie Sprengel haben dazu beigetragen, daß viele Vorurteile gegen die moderne Kunst in Deutschland abgebaut worden sind. G. R. Max Peter Mooss, Dos Apokalyptische In der modernen Kunst. Verlag Bruckmann, München 1965. Die moderne Kunst ist unbequem. Sie zwingt zur Auseinander-

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