Christliche Kunstblätter, 104. Jg., 1966, Heft 3

BERICHT Internationale Kirchenbauausstellung Die internationale Kirchenbauausstellung, die im April in Wien zu sehen war und am 8. Duni im Linzer Bau zentrum eröffnet wurde, verdient eine gründliche Aus einandersetzung, da sie das erste derartige Unternehmen in ganz Europa darstellt. Ausstellungen ähnlicher Art hat ten sich bisher immer auf ein Land beschränkt, wie etwa die Münchner Aussteilung i960; „Kirchenbau der Gegen wart in Deutschland." Die Architekten Spalt und Kurrent, die die Aussteilung zusammen mit Pater Herbert Muck — der für den liturgischen Teil verantwortlich zeichnet — aufgebaut haben, haben bei der Auswahl der 200 wich tigsten internationalen Beispiele einen strengen Quaiitätsmaßstab angelegt. Besonders bemerkenswert scheint uns, daß auch die — hierzulande noch viel zuwenig bekannten — bedeutenden amerikanischen Bauten ein bezogen wurden. Die Ausstellung ist übersichtlich aufgebaut. Dem Besucher werden zuerst einige bedeutende christliche und außer christliche Sakralbauten der Vergangenheit in Erinnerung gerufen — schon dadurch wird ein Maßstab geschaffen. Ein zweiter Teil, der alten (Holz, Lehm, Naturstein) und neuen Materialien (Glas, Stahl, Beton) gewidmet ist, soll für diese wichtigen Probleme die Augen öffnen (die mei sten Besucher werden ihn allerdings zuletzt betreten haben). Der Hauptteil ist den ausgeführten Bauten unse res Jahrhunderts gewidmet. Jeder Bau ist durch eine Außen-, eine innen-, eine Detailaufnahme und den Grund riß repräsentiert. Ordnungsprinzip der ganzen Ausstellung sind die Grundrisse: Kirchen gerichteter und zentrierter Ordnung und mögliche Synthesen bzw. völlig freie Grund risse. Gewissermaßen ausgesondert sind die zwei „In seln", wo die österreichischen Beispiele gezeigt wer den. Wenn hier auch nicht der gleiche strenge Maßstab angelegt wurde wie sonst, so ist doch zu hoffen, daß gerade einige Wettbewerbsprojekte aus Jüngster Zeit (etwa von Gsteu, Uhi, Domenig und Huth, Lackner und Hufnagl) zu lebhaften Diskussionen führen werden. Zum Faszinierendsten gehören die zahlreichen Modelle (vor allem das großartige Modell der Kirche am Steinhof, das der Unitarierkirche von Wright und das von Ronchamp). in der Mitte der Ausstellung steht der liturgische Teil, der allerdings nach unserem Dafürhalten zu kurz gekom men ist und auch mit dem Ganzen der Ausstellung in kei nem organischen Zusammenhang steht. Hier hätte man eine klare Herausarbeitung der prinzipiellen theologi schen Anliegen erwartet, also des Bauens für die Ge meinde und für die erneuerte Liturgie (was sind die we sentlichen Forderungen der Erneuerung?); ebenso hätte auf den unauflöslichen historischen Zusammenhang zwi schen der liturgischen Bewegung und dem neuen Kir chenbau hingewiesen werden müssen, ohne den der moderne Kirchenbau nicht verstanden werden kann. Die Frage, wie sich die Gemeinde Christi heute selbst ver steht, bleibt völlig offen, und doch ist sie die zentrale Frage, um die sich alles dreht. In Zusammenhang damit steht unser zweiter prinzipieller Einwand: der Besucher, und das ist ja nicht nur der Fach mann (wobei gesagt werden muß, daß sehr viele Theo logen von der Architektur und sehr viele Architekten von der Liturgie wenig verstehen), verläßt die Aussteilung einigermaßen verwirrt, weil ihm einerseits zu viel gebo ten, andererseits aber kein Richtmaß an die Hand gege ben wird. Es wird nicht anschaulich gemacht, wohin die Entwicklung geht — in der Architektur und in der Liturgie. Gerade das aber hätte man sich von einer solchen Aus stellung erhofft. Es lohnt sich nur deshalb, solche Einwände zu erheben, weil die Ausstellung ein hohes Niveau hat und damit auch hohe Ansprüche stellt. Sicher ist es gelungen — und das soll zum Schluß dankbar vermerkt werden — deutlich zu machen, daß der Kirchenbau heute wieder eine der schönsten Aufgaben für den Architekten gewor den ist und daß es in ihm eine Fülle formaler Möglich keiten gibt. Die Kirche hat fast allen bedeutenden Archi tekten der letzten Jahrzehnte Aufträge gegeben und da mit unter Beweis gestellt, daß sie gewillt ist, einen anderen Weg zu beschreiten als im 19. Jahrhundert. Das ist ein Zeichen für ihre ungebrochene Vitalität. Die Ausstellung ist in Linz bis zum 13. August geöffnet. G. R. BUCHBESPRECHUNGEN Liturgiewissenschaft Emil Joseph Lengeling, Die Konstitution des Zweiten Vatikani schen Konzils Uber die heiiige Liturgie. Lat.-deutscher Text mit Kommentar. Reihe „Lebendiger Gottesdienst" 5/6. 390 Seiten, Verleg Regensberg, Münster 1964. DM 14.50. Der Münsterer Liturgiewissenschaftier hat uns mit diesem Band eine hervorragende Unterlage für das Verständnis der Konstitution und für die nun durchzuführende liturgische Reform geschenkt. Die wichtigsten Einführungsschreiben Papst Pauls VI. und der Bischöfe Deutschlands, Österreichs und der Schweiz leiten den Band ein. Dann ruft der Verfasser die wichtigsten Etappen der Liturgischen Bewegung, die umfassende Forschungsarbeit der Liturgie wissenschaft, die Reformansätze bei den Päpsten in Erinnerung und gibt einen Einblick in die Arbeit der Vorbereitungskommis sion. Das Hauptstück bildet der Text der Konstitution mit dem Kommentar zu den einzelnen Abschnitten. Besonders dankbar ist man für den Kommentar zu den notwendigerweise knappen theologischen Aussagen der Konstitution. Es werden die Motive freigelegt und man erfährt die eigentliche Tendenz der liturgi schen Erneuerung. Umwege bleiben erspart, und der Aus blick wird freier für den, der sich dem Kommentator anver traut. Franz Schmutz Hermann Volk, Theologische Grundlagen der Liturgie. 123 Seiten, Matthias-Grünewaid-Veriag, Mainz 1964. Die Tragweite der liturgischen Reform ist gewaltig; ihre Aus maße und Auswirkungen sind noch nicht absehbar. Zunächst muß in das Bewußtsein gehoben werden, was in den nächsten Jahren und Jahrzehnten verwirklicht werden soll. Um diese theologische Besinnung auf das Wesen der Liturgie geht es in diesem Bändchen. Die Liturgie soll wieder ihre volle Be-

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