Platzverluste nicht In Kauf nehmen und muß die Einbuße an Plätzen im Bereich des neuen, volksnahen Altars Irgenwie wettzumachen suchen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Widmung des alten Presbyterlums. Bei Kapitel- und Klosterkirchen bleibt dort das Chorge stühl, und der Bischofsthron kann die Stelle des alten Altars vor dem Retabel einnehmen. Bei Pfarrkirchen kön nen dort die Taufe, eine Schola oder allenfalls auch zu sätzliches Gestühl oder der Platz für Kinder eingerich tet werden. Sind dort Plätze für Gläubige vorgesehen — eventuell auch als eigener Bereich für Werktagsgottes dienste — dann ist dofür Voraussetzung, daß man ohne Uberquerung oder Durchschreitung des vorgezogenen Altarbereichs dahin geiangen kann. Erhöhte Chöre kom men für Sitzplätze nicht in Frage. Sie können aber Vor tragskreuz, Leuchter, Ambo, Spieltisch einer kleinen Or gel und Plätze für Ministranten aufnehmen. 6. Deutliche Aufgliederung der Funktionsorte Unsichere und schwimmende Verhältnisse entstehen dann, wenn man bei räumlicher Auseinandenlegung liturgische Orte von unterschiedlicher Bedeutung oder Aufgabe nicht entschieden genug voneinander absetzt. Dann wird die Ordnung nicht mehr ablesbar. Obwohl auch die seitliche Auselnanderlegung — etwa zwischen Mensa und Pult oder zwischen Mensa und einem Sakramentshaus — deutlich sein muß, um wlrkungsvoile Spannung zu errei chen, genügt da weit weniger Abstand als bei axialer Reihung. Am günstigsten wirkt oft eine gewisse Anord nung im Dreieck, weil hier die Funktionsorte deutlich auseinandertreten und zugleich die räumliche Tiefe ab lesbar wird, die sie einschließen. Der Versuch einer An ordnung im Dreieck soll jedoch nicht zur Auselnanderreißung von Vorsitz und Ambo auf einander gegenüber liegende Selten im Altarraum führen. Das Durchgehen vor oder hinter der Mensa von den Sitzen zum Pult wirkt in den meisten Fällen ungünstig. Jedenfalls, wenn ein Tabernakelplatz in nicht alizu großem Abstand sich axial hinter der Mensa befindet, müßten Vorsitz und Pult auf die gleiche Seite verlegt werden, um das Vorbeigehen vor dem Tabernakel zu vermeiden. Die Notitiae (1965 7/8 S. 240) kritisieren am Beispiel der neugebauten Kirche in Waldkreibung die zu geringe Distanz des Ta bernakelpfeilers von der Mensa und verweisen ausdrück lich auf den unguten Umstand, daß die Assistenz ouf dem Weg zu den Sitzen verhältnismäßig nahe am Tabernakel vorbeigehen muß. Die Einrichtung eines Tabernakelortes axial hinter der Mensa wird bei einer gewissen Erhöhung des Tabernakeipiatzes als Möglichkeit eines Ausweges zwar ge nannt (Notitiae 1965, 5 n. 10), wirkt jedoch, wie bereits erwähnt, in den meisten Fällen auf Grund der räumlichen Gegebenhelten ungünstig. Mensa und Tabernakel schie ben sich für den Betrachter aus dem Volksraum ineinan der, die erstrebte Differenzierung der Kultmysterlen (Diekmann) wird nicht sichtbar, der Priester steht zwi schen beiden Orten gleichsam eingespannt und der Tabernakel erscheint hinter oder über Ihm wie ein Rucksack oder wie etwas Bedrückendes. Meist wird der Platz des Tabernakels seitlich im Altarbereich oder an einer anderen hervorragenden Stelle — etwa einem vorn liegenden Seitenaltar — zu suchen sein. Das er wähnte Dreieck der Anordnung greift dann in den Volksraum herein. Ähnlich wie im Falle des Hauptaltars können Im Be darfsfall auch bei Nebenaltären die alten Mensen unter erhaltenswerten Retabeln herausgelöst werden. So las sen sich der Ambo und der Tabernakel oder Taufstein oft am überzeugendsten vor den vordersten Seltenaltä ren einrichten. Die alten Altarbilder werden dann In ihren Rahmen auf Konsolen gesetzt und eventuell höher ge stellt. 7. Schöpferische Ergänzungen Eine gute Neuordnung erfordert dos Zusammenwirken der Kunstzweige. Nach allen Funktlons- und Ordnungs überlegungen muß zuletzt ein Künstler bzw. Architekt die Gestaitung verantwortlich In die Hand nehmen. Wo schwierige Aufgaben zu lösen sind, empfiehlt sich die Ausschreibung eines Wettbewerbes. Dies ist vor allem jetzt angebracht, wo geeignete Formen für die Gestal tung des Vorsitzes, des Ambo, der Mensa, des Taber nakelplatzes usw. erst gefunden werden müssen. Hier liegen große Aufgaben für die besten Talente und diese müssen dafür gewonnen werden. Bei der Freistellung alter Retabeln, die am Sockel er gänzt werden müssen, und bei der Gestaltung der er wähnten liturgischen Orte, soll man auf Imitationen verzichten und dem Bildhauer unserer Tage dos Ver trauen schenken. Er Ist es, der berufen ist, mit dem Architekten zusammen auch dem Tabernakelpfeiler, zu mal in stark profilierten und plostisch geformten Räu men wie denen der Barockzelt, die Ihm gemäße neue Form zu geben. Zu Nachahmungen sind wir, die wir nicht mehr aus dem Stilgefühl jener Zelt schaffen, nicht fähig, und alle Versuche dieser Art hoben sich nach kurzer Zeit als billiges Machwerk enthüllt. Nur echte künstleri sche Leistung kann einen Beitrag liefern, der dem alten Raumgefüge einer tracfitionsrelchen Kirche gemäß Ist. Solche schöpferische Leistung setzt jedoch voraus, daß die Gegenwart nicht verleugnet, sondern aus Ihren Möglichkeiten heraus das Beste versucht wird. Ergebnisse von bleibendem Wert sind nicht aus der Routinearbeit, sondern nur aus dem Ringen um Gestaltung zu erwarten. Die erwähnten Aufgaben sind darum dem schöpferischen Menschen anvertraut (vgl. Konst. 122, 123). Bei aller Sorge um die Bewahrung des christlichen Kul turerbes muß man doch aus der Geschichte selbst auch die Lehre ziehen, daß Anpassungen in der räumlichen Anordnung von Zeit zu Zeit notwendig sind. Es Ist nicht so, daß das Bauwerk In allen Zügen seiner Raumord nung etwas Absolutes und Unantastbares bedeutet. Der Bau ist zeitbedingt, auch wenn wir Ihn zu erhalten suchen. Unbedingt jedoch ist der Anspruch des Lebens, dem das Bauwerk dient. Wo er sich nicht durchsetzt, kann das ein Zeugnis von Lebensschwäche isein. Hier ist eine Grenze, die auch der Denkmalpfleger anerkennen muß. Außer, er wollte dieses Leben nicht bejahen bzw. Ihm bewußt wehren. Ein Bauwerk nur mehr als denkmalwürdiges Monument betrachten, heißt Ihm den Totenschein ausstellen. Der Bau ist zugleich Wohnung, Lebensraum. Das Gebäude der Kirche ist vom Leben der Kirche erfülit. Es Ist Monument und Wohnung, denkmalwertes Objekt und Lebensraum zugleich. Dos Leben der Kirche, das die traditionsreichen Dome und Kirchenbauten schuf, Ist erste legitime Instanz In allen Frogen der Raumordnung. Der Biau Ist nicht um seiner selbst willen da. Er dient dem Leben der Kirche, für das er geschaffen wurde.
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