Christliche Kunstblätter, 104. Jg., 1966, Heft 3

Altar zur Gabenibereitung und sucht dafür um so mehr durch die Gestaltung des Opferganges u. a. den Kon takt zu sichern. Kardinal Lercaro hat in dem Brief an Bischof Volk unter Pt. 6 nachdrücklich auf die gelegent liche Notwendigkeit solcher Beschränkung hingewiesen, wenn andernfalls nur unvernünftige Lösungen oder ein unersetzlicher Schaden an erhaltungswürdigen Kunstwer ten zu befürchten wäre (Brief v. 30. 3uni 1965. Eine mög liche Anordnung dieser Art zeigt die Abb. in: Der große Entschluß 20. 3g. 3uni 1965, Bildseite 1 unten, nach 8. 408). In eng gebauten oder künstlerisch besonders wertvollen alten Pfarrkirchen Wird man sich oft mit der erwähnten Vorziehung des Wortgottesdienstes behelfen müssen. In Ordenskirchen oder Pfarrkirchen mit einer größeren Zahl von Geistlichen ist die wenigstens fallweise erwünschte Konzelebration der Anlaß, einen Voiksaitar einzurich ten, selbst wenn gewisse Nachteile für den Altbestand damit in Kauf genommen werden müßten. Hier kann es um Fragen der Seibstverwirklichung einer Ordens- oder Priestergemeinschaft im Gottesdienst gehen, denen so schwerwiegende Bedeutung zukommt, daß denkmaipflegerische Gesichtspunkte dann nicht zum Hindernis werden dürfen. Auf die Beratung durch den Denkmalpfleger bleibt man jedoch auch in diesem Fall angewiesen, wenn er nur zu einer verständnisvollen Mitarbeit gewonnen werden kann. Auch das Pontifikaiamt sucht den Altar im Voiksraum, und wo es sich am Voiksaitar nicht gut entfaltet, ist dos meist deshalb der Fall, weil dort nicht die Voraussetzun gen geschaffen wurden und weil man es noch versäumt hat, einen eindeutig vorgezogenen Mittelpunkt zu schaf fen. Dos feierliche Hochamt des Bischofs ist die entfaltete Voiiform der Messe. Es sucht den vorgezogenen Altar, weil gerade hier die so bedenkliche Tendenz zur „Verfeierlichung" immer wieder droht und zu einer vom Volk gelösten „Klerusfeier" führen kann, wos dem Grund anliegen der Konstitution des Konzils über die neue Liturgie widerspricht. Auch nach Höhe des Podiums und Stufenmaß ist möglichst eine Beziehung der vorgezogenen Mensa auf die Maß verhältnisse im Raumhintergrund zu suchen. Die erforder liche Höhe für das vorgezogene Altarpodium liegt meist bei drei bis vier Stufen über dem Niveau des Voiksraumes. 'Es empfiehlt sich, eine Zeitlang mit Provisorien Erfah rungen zu sammeln, die jedoch bald in eine fixe Aus führung zu verwandeln sind. Die Pro^'isorien sollen so eingerichtet werden, daß in jeder Phase der Neuordnung die Würde des Raumes gewahrt bleibt. Man darf schon sehen, daß es sich um ein Provisorium handelt, ober auch dieses muß in der Art der Gestaltung, in der Wohl des Materials, in der Einfügung ins Raumbild, in der Sorg falt der Proporlionierung angemessen sein. Die Beizie hung eines Architekten ist in jedem Fall unerläßlich. Die vorgezogene Mensa soll den Kommunionschranken nicht zu nahe kommen. Es wirkt ungünstig, wenn sie aus der Entfernung gesehen zu stark in einer Linie mit den Kommunionbänken erscheint. Eine Beeinträchtigung ihrer Bedeutung als sammelnder Mittelpunkt der Gemeinde ist die Folge. Meist ist deshalb bei Neuordnungen eine Vorsetzung oder wenigstens teilweise Beseitigung der alten Kommunionschranken an der Vorderseite erforder lich. Aus dem gleichen Grund ist auch eher eine dem Quadrat genäherte Form der Mensa von geringer Brei tenausdehnung vorzuziehen. S. Freistellung erhaltenswerter Retabel Grundsätzlich sucht man zu erhalten, was ein „aus einem Guß" geschaffener, wertvoller Altbestand ist. Meist je doch hat schon dos 19. 3ahrhundert an den älteren Altaraufbauten starke Veränderungen vorgenommen und die Einheitlichkeit des alten Konzeptes gestört. Die er wähnte Sorge, den neuen Aitortisch als Mittelpunkt fühlbar zu machen, läßt es häufig wünschenswert er scheinen, dort, wo alte kostbare Retabel erhalten werden müssen, nur den alten Aufbau zu belassen, die alte Mensa jedoch abzutragen. Den Altaraufbauten der Ba rockzeit fehlt meist ein durchgestalteter Sockel, weshalb es Aufgabe des Bildhauers sein wird, die Gestaltung solcher freigestellter Retabel bis zum Boden herab zu ergänzen. Vom Boden aufragende Leuchter mit einem Vortrogskreuz können in geeigneter Weise die Uberlei tung von der vorgezogenen neuen Mensa zum Bildhintergrund herstellen. Auch konsekrierte Altäre sind durch die Dahrhunderte hindurch häufig umgeformt oder abgebrochen worden. Sie dürfen abgebout bzw. verändert werden, wenn dies für eine bessere Ordnung im gesamten Kultroum erfor derlich ist. Durch die Weihe wird nämlich in erster Linie der Kirchenraum dem Volk Gottes übergeben, dos in der Neutestomentiichen Ordnung der eigentliche Träger der verheißenen Heiligkeit ist (vgl. Mt. 16, 18, 1 Cor. 3, 16 f, 1 Petr. 2, 5). Die Weihe einzelner Orte hat ihren Sinn nur im Zusammenhang mit dem Kuitraum der lebendigen Kirche, weshalb solche Orte auch verändert oder besei tigt werden können, wenn das Volk Gottes in seinem Kultvoilzug dadurch behindert wird. 4. Zur Sinndeutung des Bildhintergrundes Wir sprachen von Anordnungen, bei denen über eine größere Entfernung die neue, vorgezogene Mensa vor einem alten Retabel an der Abschlußwand steht. Der Bildaufbau läßt in seiner Rolle als Hintergrund eine sinn volle theologische Deutung zu. Die vorgezogene Mensa als Mitte des Opfergeschehens und Mahles ist oft nur Funktionszentrum, weshalb auch diese Mensa nicht unnö tig monumental und übersteigert aussehen soll. Sie soll sich im Raum behaupten, ist aber nicht immer auch das Richtungsziel des Raumes. Auf dieses hin ist der Altar bereich in solchen Fällen nur „Schwelle" (Rudolf Schwarz). Über das Funktionszentrum hinweg geht der Bück weiter zu dem Roumteii, der Hinweis sein kann für das Kom mende, hinter allem Geschehen Bleibende, auf die voll endete Ordnung der Endzeit, Ausbück auf die Parousie als endzeillicher Offenbarung des Herrn und seiner Hei ligen. in dieser Bedeutung lassen sich alte, von der vorgezo genen Mensa gelöste Altaraufbauten und Wandbilder verstehen, wo ihr Wert oder ihre Rolle in der Raument wicklung die Erhaltung rechtfertigt. Sinn und Wirkung be stimmen sich dann weniger vom ikonographischen Thema her, das uns vielleicht nicht mehr entspricht, als vielmehr von der Gesamtwirkung dieser Farbwand bzw. Säulensteüung und Rahmenarchitektur im Hintergrund des zu rückliegenden Raumabschiusses. Diese Sinndeutung sucht einer alten, dem historischen Raum entsprechenden religiösen Vonsteiiung gerecht zu werden. Wenn künstlerischer Wert des Retabeis und Raumkonzept die Erhaltung des alten Bildaufbaues nicht fordern, dann ist seine Beseitigung sinnvoller. Für eine ansprechende Entfaltung der liturgischen Feier ist die

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