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christliche kunstblätter 3/1966 neuordnung alter kirchen
49 Münchner Tagung über die Ordnung des Kirchenraumes Günter Rombold 50 Theologische Prinzipien des Kirchenbaues Günter Rombold 55 Erneuerte Liturgie in alten Kirchen Herbert Muck S] 40 Die Neuordnung des Domes zu Münster Anton Henze 62 San Stefano Rotondo als Kirche der Begegnung Emil Steffann 63 Neugestaltung St. losef in Stuttgart-Feuerbach Hans Werner Merkle 64 Die Zisterzienserkirche in der Mehrerau bei Bregenz Kolumban Spahr 66 Drei Kirchenneuordnungen in Oberösterreich Erich Widder 67 Neuorientierung kirchlicher Denkmalpflege Erich Widder 70 Die Neuordnung alter Kirchen Franz Dambeck Bericht: 74 internationale Kirchenbauausstellung Günter Rombold 74 Buchbesprechungen Die Anschriften der Mitarbeiter: Prof. Dr. Franz Dambeck, München 22, Christophstraße 1 Dr. Anton Henze, Rom, Via dei Casaietto 143 b Dr. Herbert Muck S3, Wien i, Dr.-ignaz-Seipei-Piatz 1 Hans Werner Merkle, Stuttgart-Möhringen, Koiböckerstraße 69 Dr. Emil Steffann, 532 Bad Godesberg-Mehlem, im Rosenberg DDr. Kolumban Spahr, Kloster Mehrerau bei Bregenz Dr. Erich Widder, Linz, Baumbachstraße 26 Titelbild: Eucharistiefeier In München, St. Michael Wir danken dem Paulus-Verlag Recklinghausen für die freundliche Abdruckgenehmlgung des Textes von Anton Henze aus dem Band „Der Dom zu Münster". — Der Beitrag von Herbert Muck bildet einen Abschnitt In der soeben Im Verlag Regensberg, Münster, erschienenen Hand reichung: „Der Kirchenraum" (vgl. dazu unsere Besprechung S. 75). —- Die Aufnahmen dieses Heftes stammen von Foto HIrmer, München (Otto beuren), Johannes Stelner, München (Seckau), Erich Müller, Kassel (Mün ster), Helmut Häusle, Bregenz (Mehrerau), Gottfried Planck, Stuttgart (Stuttgart-Feuerbach) und Dr. Erich Widder (Grein, SIpbachzell und Neu kirchen bei Lambach). Thema des nächsten Heftes: Moderne Kunst In Österreich Eigentümer und Herausgeber: DIözesan-Kunstverein, Linz, Herrenstr. 19 Verlag und Druck: Oö. Landesverlag, Linz, Landstr. 41 Redaktion: DDr. Günter Rombold, Linz, Bockgasse 3 Gestaltung: Johannes Schreiber Einzelpreis des Heftes S 28.—, DM 4.60, sfr 4.60
i CHRISTLICHE KUNSTBLÄTTER Eigentümer und Herausgeber: Dlözeson-Kunstverein, Linz an der Donau, Herrenstrcße 19. — Verlag und Drude: Oö. Londesverlag, Linz. — Schriftleiter: Dr. G. Rombold, Linz, Bockgasse 3. Für die Diözese St. Pölten: Konsistorialrat 3. Schwendeman, St. Pölten, Domplatz 1. — Der 3ahr- , oo p\kj j /n j zfi «e oo r\K,l IX elr IX PlnToth Ii innen gang besteht aus'4 Heften. Preis des Einzelheftes: öS 28.—, DM 4.80, sfr 4.60. Jahresbezugspreis: öS 98.—, DM 16.—, sfr 16.—. Einzahlungen erbeten auf Postscheckkonto Wien 42.243, für das deutsche Bundesgebiet auf Postscheckamt München, Konto Nr. 120.657, für die Schweiz auf Postscheckamt Zürich 80-38623, für Luxemburg auf Postscheckamt Luxembourg 261-28.
KRITIK Der französische Fauvismiis und der deutsche Frühexpressionismus Die unter diesem Titei laufende Ausstellung Im Münchener Haus der Kunst (26. März bis 15. Mal 1966) war zuvor für zwei Monate In Paris. Das dortige Echo auf diese erste Konfrontation der Fauves mit den Werken deutscher Expressionisten bis 1910 war beachtlich und aufschluß reich. In der Tot Ist die Begegnung das Interessanteste Ergebnis des ganzen Unternehmens, denn weitgehend bedeutete der expressive Farbenrausch der Deutschen für das französische Publikum eine Entdeckung; für die Besucher In Deutschland wiederum Ist der unmittelbare Vergleich mit der sensiblen französischen Kolorlstik mög lich, die vor allem deutlich macht, auf welcher Breite sich In unserem Nachbarland der Durchbruch zur Farbe ols Ausdrucksmittel vollzog. Doch Ausdruck Ist nicht gleich „Ausdruck"! Es zeigt sich, daß auf beiden Selten und zur gleichen Zelt hinter der gemeinsamen Hinwendung zur Farbe eine von Grund auf verschiedene Idee, ein gänz lich anderes Lebensgefühl stehen. Den Expressionisten wird die ungemischte Farbe zum Organen für die Gestal tung elementarer Kräfte; den Fauves wird sie zum Ver mittler eines auf Harmonie gerichteten Daseinsgefühls. Eine Befreiung aus festgefahrenen Bahnen akademischer Auffassung war beides, gewiß; idoch Im Grunde stehen sich hektischer Ausbruch emotionaler Prägung und sen sible Verinnerllchung gegenüber, und gerade das Ist der zu beachtende prinzipielle Unterschied, den es zu sehen gilt, wenn die äußere Erscheinungsform einen gemein samen geistigen Grund suggeriert. Leider wurde die Auswahl von etwa 270 Werken nicht so getroffen, daß ein objektives Erkennen des historischen Sachverhaltes ohne weiteres möglich wäre. Bei den Franzosen, zusammengestellt von Bernard Dorival, domi nieren durch vorzügliche Auswahl Marquet und Dufy, Braque und van Dortgen, obwohl nicht einzusehen Ist, warum letzterem so reichlich Platz eingeräumt wurde. Ebenso unklar bleibt, warum Rouault nicht vertreten Ist, denn er gehört als Zeltgenosse schließlich dazu, zumal man nicht nur (die leuchtende Farbigkeit zum alleinigen Kriterium erheben kann. Problematisch bleibt die Kollek tion von Matlsse. Sicher Ist es ein Ereignis zu nennen, endlich einmal so berühmte Bilder wie „Luxe, calme et volupte" (1904) und „Le Luxe I" (1907) sehen zu können; Jedoch die übrigen vermögen nicht, die überragende Rolle zu dokumentieren, die Matlsse tatsächlich In dieser Epoche gespielt hat. Ihm gegenüber bleibt Braque doch ein sehr gleichförmiger Maler, bei dem es Innerhalb einer recht begrenzten Palette später nur noch Akzentverschie bungen gab. — Von den Deutschen, zusammengestelit von Leopold Reldemelster, Ist Schmidt-Rottluff am besten repräsentiert, auch „Der gläserne Tag" von Hecke! ist ein Höhepunkt. Wie enttäuschend ober Wirkt die Gruppe der KIrchner-Blider! Wer nicht In der Lage Ist, sie In Gedanken mit besseren Beispielen aus der Zelt zu er gänzen, kommt leicht zu einem Fehlurteil. Fragwürdig mutet es auch an, wenn zwei späte Bilder von Marc einer Epoche zugeschlagen werden, mit der sie gar nichts zu tun haben, lawlensky, Pechstein und Otto Müller kommen In den gewählten Beispielen profiliert heraus, doch das Ist ja bei den mittleren Talenten immer leichter. Um wieviel schwieriger es Ist, Malern wie Nolde oder Kandlnsky mit wenigen exemplarischen Werken ein Gesicht zu geben, das zeigt sich hier und wird für zu künftige Ausstellungen zum fost unlösbaren Problem werden. So erfreulich die Ausstellung als Ganzes Ist, so un befriedigend muß sie bleiben, sobald man Ihre pro blematischen Selten gewahrt, wozu noch erwähnt werden muß, daß eine kunterbunte Hängung nicht jedermanns Sache Ist, auch wenn sich die Verantwortlichen davon einen didaktischen Effekt versprechen. — Vor dem Kata log sei gewarnt; Er ist kein „nützlicher Begleiter", sondern ein katastrophales Erzeugnis, das an Unübersichtlichkeit seinesgleichen sucht. Curt Grütz im acher Frühe Ikonen. Sinai—Griechenland—Bulgarien—Jugosla wien. Text von Kurt Weltzmann, Manolls Chatzldakls, Krsto MIatev, Svetozar Radojcic. Verlag Anton Schroll, Wien und München 1965. CVI Textselten, zahlreiche Farbund Schwarz-Weiß-Tafeln auf 220 Selten. S 590.—. Dieses aufsehenerregende Buch Ist aus österreichischer, jugoslawischer, bulgarischer, schweizerischer und französi scher Zusammenarbeit hervorgegangen und dürfte wohl die erste Veröffentlichung sein, die In breiterer überschau die Entwicklungsgeschichte der Ikonenmalerei von ihren Anfängen über die byzantinische Perlode hinweg bis zu den regionalen Sonderungen in Bulgarien und Jugosla wien berücksichtigt. Ausgeschlossen blieben Rußland, dessen religiöses Kunstschaffen Innerhalb des kulturellen Ostblocks stets eine Sonderstellung eingenommen hat, und — leider — auch Rumänien, dessen Ikonenkunst im Westen, will man von der sehr unzulänglichen Veröffent lichung der Bestände der Sammlung Rleder In Morcote absehen, kaum bekanntgeworden Ist. „Frühe Ikonen": Dieser Titel Ist an sich unrichtig. Irre führend und durchaus unnotwendig; der Titel der Origi nalausgabe hatte schlicht und einfach „Ikone so Balkana", Balkanlkonen, gelautet, und war dem wahren Sachverhalt wesentlich nähergekommen. Es geht unseres Erachtens nicht an. In den Begriff „früh" Kunstwerke des 17. und 18. Jahrhunderts einzuordnen (wie das In den Kapiteln „Bulgarien" und „Jugoslawien" geschieht), die ses Epitheton kommt Im Rahmen dieser Publikation einzig
und alleine den Sinai-Ikonen zu, also Stücken des 6. bis frühen 13. Jahrhunderts, Will man den Begriff „früh" ganz orthodox interpretieren, müßte man ihn sogar auf die Produktion der Zeit vor dem Bilderstreit einschränken (726 bis 843). Aber iassen wir uns durch die schiefe, wohl dem Willen zur Unterstreichung eines für unsere eigene Zeit sehr spezifischen Hanges zu allem „Frühen" entsprungene Titelgebung nicht irritieren, freuen wir uns an einer Ver öffentlichung, die in kaum mehr zu überbietender techni scher Voiikommenheit eine Fülle von Material bringt, das neben Bekanntem auch viel Unbekanntes, ja Sensa tionelles zu bieten hat. Wahrhaft sensationell ist die Begegnung, die uns der Autor des ersten Beitrages, Kurt Weitzmann, mit den vor kurzem aufgefundenen, 1956 und 1958 von G. und M. Sotiriou erstmals veröffentlichten Sinai-Ikonen vermittelt. Vier dieser Ikonen stammen aus der Zeit vor und un mittelbar nach dem Bilderstreit; es handelt sich um Schöpfungen, deren Entstehungsort in Byzanz selbst zu suchen ist und nicht etwa im Katharinenkloster. Unsere Kenntnis der pröikonokiastischen Kunst wird durch diese Werke ganz wesentlich erweitert, kannte man doch bis vor wenigen Jahrzehnten insgesamt nur vier Arbeiten jener Periode — Arbeiten, die im 19. Jahrhundert vom russischen Archimandriten Prophyrius Uspensky aus dem Sinaikloster nach Kiew gebracht worden waren! Die ganz frühen Konstantinopier Ikonen beweisen zweier lei: erstens die Tatsache, daß sie in technischer wie auch in formaler Hinsicht durchaus aus der Tafeimaierei der römischen Kaiserzeit abgeleitet werden können und zweitens, daß in ihnen bereits fast aile Merkmale dessen enthalten sind, was man an den Ikonen als typisch und spezifisch empfindet. Die Maitechnik ist die der Enkaustik, der Farbauftrag ist pastos, der Pinseistrich kann daher unmittelbar gesehen und erlebt werden. Die formale Gesinnung ist in ihrem dynamischen, „barocken" Pathos durchaus aus der hellenistischen Tradition abzuleiten. Stilistisch haben diese „Hauptstadt"-lkonen fast gar nichts mit den sogenannten „Mönchsikonen" selbst zu tun, die im Sinaikloster und öhnlichen Zentren entstanden sind und von denen einige wichtige Beispiele erst unlöngst von Heinz Skrobucha in „Meisterwerke der Ikonen malerei" veröffentücht wurden (Recklinghausen 1961). Das, was für Ikonen typisch ist, lößt sich auch an diesen ganz frühen Arbeiten leicht definieren: es ist der Hang zur Frontalitöt und zur Symmetrie, dem sich auch Themen unterwerfen müssen, die an sich zur Dynamik, zu szeni schem Ablauf dröngen (wie etwa die Auferweckung des Lazarus). Was diese frühen Ikonen — auch die der nachikonoklastischen Epoche — von den Produkten späterer Jahrhun derte unterscheidet, ist der Charakter relativer Spontaneitöt und malerischer Lebendigkeit; es finden sich in diesen Arbeiten noch viele „impressionistische" Elemente, in der Binnenzeichnung genau so wie in der Lichtbehandlung der Gesamtkompositionen. „Mittelalterlich", d. h. unkörperlich, vom iinearen Gerüst bestimmt, „verformelt" und zeichenhaft werden die Ikonen erst in Byzanz im Verlauf des 12. und vor allem des 13. Jahrhunderts, wobei letzteres Saekulum von starkem motivlichem und auch stilistischem Eindringen westlicher, „frönkischer" Elemente bestimmt ist (Eroberung von Konstantinopei durch die Kreuzfahrer 1204). Summa summarum lößt sich aber gerade von den byzantinischen und griechischen Ikonen (unter „griechischen Ikonen" versteht man die Produktion in der Zeit nach der Erobe rung Konstantinopels durch die Türken, wobei den Arbei ten aus dem venezianischen Kreta besonderes Gewicht zukommt) eindeutig feststellen, daß sie in viel geringerem Ausmaß jenem Abstraktiansprozeß unterworfen waren, der für die Ikonen Rußlands von Anfang an so bezeich nend ist; in der Kunst der Ikonen im Mittelmeerraum hat die Tradition der Antike wirklich bis an die Schwelle der Gegenwart ungebrochen und wahrhaft „vital" weiter gelebt. Wöhrend die Autoren Weitzmann und Chadzidakis in ihrer Darstellungsweise im wesentlichen bei form- und entwicklungsgeschichtlichen Problemen verharren konn ten und sich damit begnügen durften, die stilistischen Merkmale einzelner Perioden und Schulen herauszuarbei ten, waren Miatev (Bulgarien) und Radojcic gezwungen, außerkunsthistorischen Momenten, vor allem aber der sich aus der historischen Situation ergebenden Problema tik relativ viel Raum zu geben. Die ölteste erhaltene bulgarische Ikone, eine glasierte Keramikarbeit und damit ein regionales Spezifikum und Unikum, stammt aus dem 9./10. Jahrhundert, eine kon tinuierliche Entwicklung ist an erhaltenen Beispielen erst seit dem 13. Jahrhundert faßbar. Uns will es scheinen, als zeichneten sich die bulgarischen Ikonen durch be sondere seelische Verhaitenheit und eine gewisse for male Schwere aus. Sie sind, wenn man diesen Ausdruck mit besonderer Behutsamkeit anzuwenden wagt, „böueriicher" und a priori von einer expressiven Antikiassik, die bei den byzantinisch-griechischen Beispielen nicht festzustellen ist. Will man schließlich versuchen, ein Kollektivurteil über die Ikonenkunst in Jugoslawien zu föllen, muß man stets die ungeheuer große landschaftliche und historisch-politi sche Vielfalt Im Auge behalten, die die Entwicklung dieses als Staat so jungen Gebildes bestimmt. Hier wöre die Titelgebung „Ikonen aus Jugoslawien" prinzipiell richtiger gewesen. Trotz aller Vielfalt glauben wir den noch, ein tertium comparationis ausfindig gemacht zu haben: es ist ein bis an die Grenze der Zerreißung der Form gesteigertes, glutvoll-leidenschaftliches Lebens gefühl von mitreißender und überzeugender Kraft, das einen mit gelegentlich erschreckender Heftigkeit an springt. Wer jemals die Fresken von Sv. Kliment in Ohrid oder Staro Nagoricane, Werke der Meister Mihail und Eutichij (A. 14. Jh.) gesehen hat, wird verstehen, was wir meinen. — Das Buch ist so angelegt, daß den relativ kurzen Text einleitungen mit knappen Literaturangaben und Bild beschreibungen jeweils der Bildteil des betreffenden Landes folgt. Am Schlüsse des Gesamtwerkes befindet sich ein erweiterter Katalog, in dem in ausführlicherer Form auch die nichtkünstlerischen Probleme um die ein zelnen Stücke behandelt werden. Diese Publikation von Schroll lößt hoffen, daß es bald zu einer synoptischen, breit angelegten und ausführlich zu sammenfassenden Abfassung einer Geschichte der ge samten Ikonenkunst kommen möge, die (neben der Ent wicklung in Rußland) und den hier behandelten Balkanlöndern beispielsweise auch die Geschehnisse in Klein asien, in Kreta, in Süditalien und Venedig abzuhandeln hötte. ErnstKöller
Münchner Tagung über die Ordnung des Kirchenraumes Günter Rombold Vom 18. bis 20. April 1966 veranstaltete die Liturgische Kommission bei der Fuldaer Bischofskonferenz in Ver bindung mit der Arbeitsgemeinschaft der Diözesanbau referenten und Diözesanbaumeister in München eine geschlossene Studientagung über die Ordnung des 'Kirchenroumes. Die Tagung wurde von Bischof Volk aus Mainz geleitet. Bischof Volk hielt auch das erste Hauptreferat „Gottes dienst im Lichte des Konzils". Er wies auf, daß die Litur gische Konstitution durch die übrigen Konzilsdokumente gestützt wird, wie auch sie umgekehrt — als erstes ver öffentlichtes Dokument — den übrigen Texten spürbare Hilfe geleistet hat. Darum Ist sie nur Im Zusammenhang mit den anderen Konzilsdokumenten voll verständlich. Da die zentrale Aussage des Konzils die Konstitution über die Kirche ist, sprach Bischof Volk zuerst über die Kirche, wie sie sich im Konzil selbst versteht. Die Kirche bezeichnet sich selbst als ein Mysterium. Dieses Myste rium bleibt nicht unbezeugt, sondern tritt auf in Zeichen. Ihr Geheimnis ist im Zeichen gegenwärtig und wird durch das Zeichen gegenwärtig gemacht. Zusammenhang wird deutlich als Form des Heiles. Gnade ist Bund, Heil Ist Bund, also Zusammenhang: „relatio est ultlma perfectio" (Thomas). — Die Kirche wird aber nicht nur beschrieben als Mysterium und Sakramentum, sondern auch als das gegliederte Gottesvolk. Gegliedertes Gottesvolk bedeu tet, daß nicht alle die gleiche Funktion haben, daß viel mehr die Kirche verschiedene Ämter und Aufgaben in sich birgt. Diese hierarchische Gliederung bedeutet aber nicht Trennung, sondern Dienst aneinander. Vor allem sind der Geistliche und der Laie einander zugeordnet im Ganzen der Kirche. — Schließlich wies Bischof Volk noch auf die eschatologische Dimension der Kirche hin. In ihr erfahren wir das Kommen Christi. Im zweiten Teil des Referates sprach Bischof Volk über den Gottesdienst als Selbstdarstellung der Kirche. Gerade in der Liturgie wird die Kirche deutlich als Mysterium, in ihr handelt Gott an uns; der Gottesdienst enthält unsere Antwort; in Christus wendet sich die versammelte Gemeinde für alle Menschen, ja für den ganzen Kosmos an den himmlischen Vater. Dabei muß Christus Raum gewinnen in uns. — Die Kirche kommt hier in der Liturgie zusammen als das gegliederte Gottesvolk. Dabei ist sowohl die Einheit als auch die Differenzierung zu sehen. Die Einheit des Gottesvolkes hat selbst eine geistliche Funktion. Alle Getauften sind für die Liturgie qualifiziert. Hier im Gottesdienst findet die christliche Gemeinschaft ihre Mitte. — Schließlich hat der Gottesdienst auch einen eschatologischen Charakter. Der Gottesdienst soll frei lich nicht den Himmel auf die Erde zaubern, sondern ein Hinweis sein für das, was kommen soll. Am Schluß machte Bischof Volk noch einige direkte Aus sagen über den gottesdienstlichen Raum. Dieser Raum wird durch die Konsekration ausgesondert. Der Bischof gab seiner Überzeugung Ausdruck, daß es einen Unter schied zwischen Heiligem und Profanem gebe. Wir wollen keine reine Wortkirche; die Kirche soll ouch außerhalb des Gottesdienstes ihre Zeichenhoftigkeit bewahren. Wir müssen auch der Gefahr der Blldlosigkeit entgehen. Das zweite Hauptreferat von Domkopitular Ernst Tewes, München, beleuchtete die postorole Seite des Kirchen baues: „Für wen bauen wir Kirchen?" Der Referent trug sein Anliegen in thesenartiger Form vor. In einer ersten These wurde festgestellt, daß der Wohnort auch heute noch der primäre Bezug des Menschen sei. Die Bindung an die Familie ist die stärkste menschliche Bindung. Wenn auch die Territorialgemeinde durch die neue Lebensform in gewisser Weise relativiert worden ist, so hat die Ortskirche doch ebenso eine neue Bestätigung gefunden. — 2. These: Die Kirche soll nicht städtebauliche Dominante sein, aber ihren Öffentlichkeitsanspruch gel tend machen. Dieser Öffentlichkeitsanspruch ist nicht an eine bestimmte Gesellschaft gebunden. Er besteht — heute mehr denn Je — im Zeugnisgeben in der Menschen freundlichkeit. Daher muß eine Kirche von innen nach oußen gebaut werden. — 3. These: Die Kirche soll heute nicht mehr Thronsaal Gottes sein, wie im Barock, sondern das Haus der versammelten Gemeinde. Sie ist die Stätte der Begegnung mit dem Herrn im Wort, in der Eucharistie, im Gebet. — 4. wurde die Frage nach dem Sinn, dem Recht und den Formen des Sakralen gestellt. Kann es eine Kirche im Wohnhaus geben? Wird dadurch die Spaltung zwischen dem Alltags- und dem Sonntags christen überwunden? Kann es Kirchen als Klubräume geben, in denen im Anschluß an das Gemeindegespräch die Eucharistie gefeiert wird? — 5. These: Der Kirchenbau hat der Gemeindebildung zu dienen, vor allem am Stadtrand. Die Menschen von heute In ihrer Angefochtenheit und Verdrießlichkeit sollen hier Stille und Geborgen heit erfahren, um mit ihren personalen Kräften zu Gott zu gelangen. Dazu kann der Raum helfen. Der zweite Tag wurde mit einer Fahrt zu vier neuen Kirchen in München eingeleitet: St. Helena (Hansjakob Lill), St. Matthlas (Alex, von Bronco), St. Karl Borromäus (Herbert Groethuysen) und Maria Ward (Tosef Wiedemann). Das Referat am Nachmittag dieses Tages hielt Dr. Günter Rombold unter dem Titel „Gemeinde, Liturgie und Kir chenbau". Der erste Teil wird in diesem Heft in etwas abgeänderter und erweiterter Form abgedruckt, wobei die Frage nach dem Sakralen und dem Profanen aus geklammert bleibt, da sie eine umfangreichere Abhand lung verdient. Nach den grundsätzlichen Ausführungen über die theologischen Prinzipien des Kirchenbaues ging der Referent auf die gegenwärtigen Tendenzen der Architektur ein und behandelte In einem zweiten Teil noch drei Einzelprobleme: Altar, Bereich des Wortes, Ort des Chores. Die anschließende Hauptdiskussion, bei der Kordinai Döpfner anwesend war, drehte sich vor ollem um die grundsätzlichen theologischen Probieme, wobei sich zeigte, wie sehr gerade die Architekten an ihrer Lösung interessiert sind. Besonders iebhoft wurde
das Problem des Sakralen und des Profanen diskutiert. Bischof Volk warf die Froge auf, ob es Im christlichen Verständnis nur eine Heiligung von Personen gebe. Heinrich Kahlefeld versuchte darauf eine Antwort vom Neuen Testament her, Indem er zeigte, daß es in ihm keine Sachopfer, keinen Altar Im alttestomentllchen und paganen Sinn und keinen vermittelnden Priester gebe. Es gehe also nicht um eine physische Heiligung, sondern um die Heiligung des Menschen. Alles andere sei Inter pretation. Bischof Volk machte den Unterschied zwischen einer sanktlflkatorlschen und einer konsekratorlschen Helligkeit. Abschließend stellte er heraus, worin sich alle Diskussionsteilnehmer einig waren: Im Primat der Heili gung des Menschen. Das letzte historisch fundierte Referat der Tagung von Unlv.-Prof. Dr. Emil Lengeling, Münster, galt der „Bedeu tung des Tabernakels Im katholischen Kirchenraum". Es ging Ihm darum, Ziel und Sinn der Aufbewahrung des Allerhelllgsten herauszuarbeiten und die neue Rechts lage begreiflich zu machen. Der Referent beleuchtete das Problem vom Theologischen, Historischen und Juridi schen her. Vom Theologischen her: „Der erste und ur sprüngliche Zweck der Aufbewahrung des Sakramentes Ist die Spendung der Wegzehrung. Nebenzwecke sind die Austeilung der Kommunion außerhalb der Messe und die Anbetung des Herrn Jesus Christus." Vom Histo rischen her: „Ort und Form der eucharlstlschen Auf bewahrung hoben Im Lauf der Geschichte außerordent lich oft gewechselt. Das hängt auch mit dem jeweils vor herrschenden Zweck der Aufbewahrung zusammen." Vom Juridischen her: „Die römische Gesetzgebung hat seit dem 16. Jahrhundert den mit dem Altar fest verbundenen Tabernakel vorgeschrieben, allgemein allerdings erst seit 1917 (GIG)." Sehr spät hat sich erst die Auffassung durch gesetzt, der Hochaltar der Kirche solle den Tabernakel tragen. Durch das Konzil Ist eine neue Rechtslage ge schaffen worden. Aus dem Gesagten zog Prof. Lengeling Folgerungen für die Praxis. Er wies darauf hin, wie gefährlich eine vor schnelle Fixierung Im gegenwärtigen Zeltpunkt wäre. Es gelte vor allem, die rechten Grenzen der eucharlstlschen Verehrung Innerhalb der übrigen Aspekte des Kirchen raumes zu sehen. Sie Ist bevorzugt Im Vergleich zur Heiligenverehrung, nicht aber zum Altar selbst. Die opti male Lösung dürfte eine Sakramentskapelle sein. An dieses Referat schloß sich die Schlußdiskussion an. Zu Beginn gab Prälat Dr. Johannes Wagner, Trier, einen wichtigen Hinwels auf die „missa normative". Während In der bisherigen Gesetzgebung Immer das Pontlflkalamt als Norm gegolten habe, sei nun die Messe, an der sich das Volk aktiv mit Gesang beteilige, normgebend. Dies sei die „mIssa In cantu" mit dem Priester an der Spitze, mit dem Lektor, wenigstens einem Ministranten und wenigstens einem Kantor („psolmlsta"). Immer mehr er weise sich, daß dazu auch noch die Rolle des Diakons wesentlich sei. Hinter dieser neuen Form der „mIssa normotlva" stehe dos in der Liturgischen Konstitution klar formulierte Prinzip der Rollenverteilung beim Gottes dienst. In der Folge wurden noch Einzelprobleme des Kirchenbaues diskutiert. Bischof Volk schloß die Tagurrg, von der sicher wichtige Impulse für den Kirchenbau In Deutschland ausgehen werden. Man darf den Wunsch äußern, daß solche Tagungen regelmäßig stattfinden mögen. Theologische Prinzipien des Kirchenbaues Günter Rombold Im letzten Heft unserer Zeitschrift wurden gegensätzliche Tendenzen Im Kirchenbau aufgezeigt und damit sozu sagen ein Fächer der Stile aufgeblättert. Soll das nun heißen, Im Kirchenbau sei alles möglich, dies sei der Tummelplatz aller ehrgeizigen Architekten, die hier Ihre ausgelassensten Formspiele vorführen? Oder gibt es Gesetzlichkeiten vom Wesen der Aufgebe her? Gibt es Prinzipien, die das Wesen der christlichen Kirche be stimmen und damit auch das Maß geben, ob ein Architekt der Aufgabe Kirche gerecht geworden ist oder nicht — bei oller Anerkennung verschiedener formaler Lösungs möglichkelten? Wir sind der Überzeugung, daß es solche theologische Prinzipien des Kirchenbaues gibt. Im Grunde sind es nur zwei: die Gemeinde und die Liturgie. Aber daraus lassen sich weitreichende Folgerungen ableiten. Prinzip Gemeinde Die Gemeinde Ist früher als der Kirchenbau. Im Neuen Testament wird die Gemeinde als das Haus Gottes be zeichnet. „Wir sind der Tempel des lebendigen Gottes" (2 Kor 6,16). „Wißt Ihr nicht, daß Ihr ein Tempel Gottes seid und daß der Geist Gottes In euch wohnt?" (1 Kor 3,16; ähnlich 6,19). Paulus wendet sich gegen die heid nische Auffassung, der Gott habe im Tempel seine Wohnung genommen: „Der Gott, der die Welt und alles, was In Ihr Ist, geschaffen hat, der Herr des Himmels und der Erde, er wohnt nicht In Tempeln, die von Händen gemacht sind..." (Apg 17,24). Im Anschluß an diese
Stelle sagen noch um 200 Minucius Felix und Tertullian, bei den Christen gebe es weder Aitar noch Tempei'. Ebenso setzt sich das Neue Testament damit aber auch vom Aiten Testament ab: Der Vorhang des Tempeis ist zerrissen, an seine Steliie ist etwas anderes getreten. „Der Tempei ist die Kirche selbst, die Gemeinschaft der Gläubigen. Die Übertragung der Attribute des Tempeis — Haus Gottes, Haus des iebendigen Gottes, Heiiigkeit — auf die Gemeinschaft und die Gläubigen geschieht bei Paulus als etwas ganz Natürliches; er betrachtet diesen Punkt als erreicht und ganz seibstverständlich^." Die Würde der Gemeinde als Haus Gottes gründet nicht in ihr selbst. Sie ist Haus Gottes, weil sie der fortlebende Christus ist. Wenn einem kiar Ist, was der Tempei im Alten Bund bedeutet hat, begreift man erst die Kühnheit des Herrenwortes bei Matthäus: „Hier ist ein Größerer ais der Tempei" (Mt 12,6). in die Tiefe führt das Logion, das uns Johannes berichtet: „Zerstört dieses Heiligtum, und in drei Tagen werde ich es wieder aufbauen" (Joh 2, 19), das der Evangeiist interpretiert: „Er meinte aber den Tempei seines Leibes" (Joh 2,21). Yves Congar, der dem Mysterium ides Tempels eine umfangreiche Studie ge widmet hat, kann zusammenfassend sagen: „Tatsächiich, Jesus hat auf seine Person das aite Priviieg des Tempeis übertragen, der Ort zu sein, an dem man die Gegenwart und das Heil Gottes finden kann, der Ausgangspunkt, von dem aus sich aile Heiiigkeit mitteilt^." Man kann nicht genug betonen, wie wichtig es Ist, daß an die Stelle des alttestamentlichen Tempels die Person Jesu als Ort der Gegenwart Gottes getreten ist. Dieser Christus ist aber für uns nicht nur eine historische Persön lichkeit, er Ist heute noch gegenwärtig In seiner Ge meinde: „Wo zwei oder idrei in meinem Namen ver sammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen' (Mt 18,20). im Gesagten gründet auch der Primat der Personen vor den Dingen im Christentum. Wenn hier von der Gemeinde als dem Hause Gottes die Rede Ist, so ist damit natürlich nicht die politischjuridische oder auch kirchiich-kanonistische Verwaitungseinheit gemeint, sondern die Gemeinde im theologischen Sinn. Sie ist eine Heiisgemeinde, Gemeinde der von Christus Erlösten, die vom Heiligen Geist geleitet sind. Sie Ist die Gemeinde derer, an die das Wort des Herrn ergeht, und die dieses Wort mit gutem und bereitem Herzen aufnehmen. Sie ist die Gemeinde derer, die sich zur Liturgie versammeln, bei der Christus In Ihrer Mitte In besonderer Welse gegenwärtig ist, gemäß der Ver heißung bei Matthäus. Sie ist ihrer 'Berufung nach Bruder gemeinde, in der die Gottesliebe als Nächstenliebe wirksam wird. Natürlich muß der Je einzelne glauben, hoffen und lieben. „Aber alle diese Akte können nach christlichem Verständnis nur Im mütterlichen Schoß der Gemeinde, jedenfalls aber in einem gewissen Sinn nur durch sie hindurch vollzogen werden^." Die Gemeinde Christi realisiert und konkretisiert sich immer an einem bestimmten Ort und Ist daher zunächst Orts- oder Einzeigemeinde. Diese bleibt natürlich immer auf das Ganze bezogen, ober in ihr nimmt die Gesamt kirche Gestalt an. „Jede Ortsgemeinde partizipiert In irgendeiner Welse an den wesentlichen Eigenschaften und Prädikaten der Gesamfgemeinde. Diese Partizipation ober ist zugleich Wesensaussage von der konkreten Orts gemeinde und Forderung an sie^." Jede Ortsgemeinde wird das Wesen der Kirche auf je eigene Welse zur Aus prägung bringen. Kirche ist kein uniformer Block, kein Kollektiv; in ihr wird das tElgenständige nicht ausgelöscht, sondern zur Entfaltung und Vollendung gebracht. Die Realisierung und Aktualisierung der Gemeinde ge schieht in einer bestimmten Zeit, zu einer je eigenen Stunde. Wenn das Christentum auch sein Eigenstes nicht preisgibt, so findet es doch in jedem Volk und zu jeder Zelt seinen besonderen Ausdruck. Die Kontinuität in den Prinzipien und die Fähigkeit der Anpassung im einzelnen schließen sich nicht aus. Wäre dos Christentum eine starre Lehre, so hätte es keine lebendige, geschichtsmächtlge Kraft'. Christus nimmt durch die Kirche Gestalt an — auch heute. Nichts anderes hat Guardini gemeint, wenn er gesagt hat: „Die Kirche erwacht in den Seelen." Aus dem Gesagten ergeben sich wichtige Konsequenzen für den Kirchenbau. Wenn die Gemeinde das eigentliche Haus Gottes Ist, so wird das steinerne Haus erst durch sie zum Haus Gottes- gemacht. Der Kirchenbau darf dann nicht losgelöst von der Gemeinde gesehen werden; er ist primär nicht ein Monument der Ewigkeitssehnsucht des Menschen, wie man vielleicht die Kathedralen des Mittel alters sehen kann — ob zu Recht oder Unrecht, das bleibe dahingestellt — auch nicht primär ein Kunstwerk, wie ihn manche Ästheten des 19. Jahrhunderts beurteilten, schließlich auch nicht nur Funktionsraum der Liturgie, wie es heute manche wahrhaben möchten. Unsere Kirchen müssen Räume für die Gemeinde sein. Das schließt die Forderung noch gemeinschaftsbildenden, bergenden, „stillen" Räumen ein. Gerade im Erspüren und Verwirklichen solcher „Raumquailtäten" zeigt sich die eigentliche Begabung des Architekten'. Um Miß verständnissen vorzubeugen, mag freilich angemerkt werden, daß es nicht ausgeschlossen werden soll, daß es neben dem Gemeinderaum Anräume oder Raumteiie für den einzelnen Beter gibt, Stätten der Andacht und der Versenkung. Der einhellige Raum ist immer ein Extrem fall — gewöhnlich wird die Gemeinde differenzierte Räume brauchen. Wenn unsere Kirchen für die Gemeinde gebaut werden, dann ist die kosmische Symbolik im Kirchenbau sekundär. Der Kosmos wird durch die Gemeinde geheiligt, nicht umgekehrt. Wenn es im Epheserbrief heißt: „Durch die Kirche wird jetzt den Mächten und Gewalten in den Himmein die vielfältige Weisheit Gottes bekannt" (Eph 3, 10), so sieht Heinrich Schlier darin schon angedeutet, „daß die Einbeziehung des Alls in das Pleroma Gottes als solches nur über die Kirche und in Ihr über den einzelnen geht, der «ich in dieser Stätte der Fülle Christi von der Fülle Christi in das Pleroma Gottes einholen läßt'". Im christlichen Kirchenbau muß diaher der 'Primat des Menschen vor 'den Dingen und so auch vor jeder kos mischen Symbolik gelten. Damit wird 'solche kosmische Symbolik nicht völlig abgelehnt, aber sie ist sekundär gegenüber dem Menschen. Wenn Sie so übermächtig wird, daß der Mensch förmlich nur noch als Glied des Kosmos erscheint, dann kann man sich fragen, ob hier das eigentlich Christliche, das Personale, nicht zugunsten eines mythisch-kosmisch Sakralen aufgegeben ist. Es wurde gesagt, daß sich 'die Kirche in der Orts- oder Einzeigemeinde realisiert. Daraus ergibt sich für den Kirchenbau, 'daß er zunächst Haus der Einzeigemeinde zu sein hat, in der freilich die Kirche als Ganzes präsent Ist. Wiederum stoßen wir lauf die Tatsache, daß der Kirchen bau primär Versammlungscharakter hat und erst sekundär — und nicht mit Notwendigkeit — Symboicharakter. In
der Kirche versammelt sich diese konkrete Gemeinde. An lihr und in ihr und darum auch an dem Bau, in dem sie sich wiedererkennt, wird deutlich, was Gesamtkirche ist, Kirche 3esu Christi. — Daraus ergibt sich ferner, daß Kirchenbauten verschieden sein müssen, je nach der Verschiedenheit der Gemeinde, die sich in ihnen ver sammelt. Anders ist also die Landkirche als die Stadt kirche, anders die Pfarrkirche als die Studentenkapeiie, anders die Kirche in einem Missionsiartd, in einem Land, wo das Christentum „herrscht" oder in einem Land, wo zwar der Großteil der Menschen getauft ist, sich aber nur ein Bruchteii zur Gemeinde zugehörig fühlt. Die Kirche Christi, so hoben wir gefunden, aktualisiert sich zu einer Je eigenen geschichtlichen Stunde. Eine Kirche im dritten, elften oder zwanzigsten Jahrhundert wird daher anders aussehen, und manche Gemeinde kann sich heute mit einer Kirche, die um 1890, ja vieiieicht gar mit einer Kirche, die 1930 gebaut wurde, mächt mehr identifizieren. Jede Zeit hat ein Recht auf eine eigene Gestalt des Kirchenraumes. Darum gibt es auch ein Recht der Neuordnung alter Kirchen, das in der Kirchen geschichte immer wieder in Anspruch genommen wurde. Sinn dieser Neuordnung kann freilich nicht sein, daß Modisches an Stelle des Echten gesetzt wird, sondern nur, daß etwas für unsere Zeit und unser Empfinden Echtes an Steile von etwas nach unserem Empfinden Unechtes gesetzt wird. Und dort, wo wir dem ganz Großen begegnen, äst sicher jene Demut am Platz, die einen Thomas Schwanthaler bewogen hat, den PacherAitar in St. Woifgang zu erhalten und seinen eigenen Altar an einer untergeordneten Steile im Kirchenraum aufzustellen: Etwas gerade im Barock Ungewöhnliches und Unerhörtes. Welche Gestalt nimmt die Kirche in unserer Zeit an? Das ist eine Frage, die uns alle bewegt. In weiten Teilen der Welt wird immer mehr aus einer „Voikskirche" (also einer Gemeinschaft, die das ganze Volk umfaßt) eine „Gemeindekirche", eine Kirche, die sich in einer pluraiistischen Gesellschaft mit vielen Weitanschauungen be haupten muß, eine Kirche, die sich nicht mehr darauf verlassen kann, zu „herrschen", die vielmehr starke, lebendige Zellen in ihren Einzelgemeinden schaffen muß, um die Gesellschaft wie ein Sauerteig zu durchdringen. Auch aus dieser Situation ider Kirche von heute ergeben sich Konsequenzen für den Kirchenbau. So ist es die Frage, ob eine Gemeinde, die eine Minderheit, wenn auch eine aktive Minderheit in einem Lande darsteiit, sich in ihren Kirchenbauten ebenso repräsentativ geben kann, wie es etwa die Kirche im Mittelaiter getan hat. Das betrifft die Stellung der Kirche im Stadtbild. Karl Ledergerber hat bereits vor Jahren die Auffassung ver treten, daß der stadtüberragende Turm ein romantischer Traum vom Mittelaiter der Kathedralen sei» — ganz davon abgesehen, daß es absurd ist, wenn unsere Kirch türme versuchen, mit Hochhäusern und Wolkenkratzern zu wetteifern. Eine Kirche kann in der Stadt von heute nur durch Qualität, nicht aber durch protziges Auftreten konkurrieren. Damit kommen wir auch zu einer isehr ernsten Frage an uns, die wir im Zeitalter des sogenannten „Wirtschafts wunders" leben: ist der KircherVbau der Gemeinde von heute Gestoitwerdung jener Kirche, in der den Armen die frohe Botschaft verkündet wird? Oder bauen wir Wirtschaftswunderkirchen? Armut ist nicht Armseligkeit, ober sie ist ganz gewiß nicht Protzentum. Wohl hat auch Jesus die Verschwendung der Sünderin gerechtfertigt, die das kostbare öi über ihm ausgegossen hat. Aber das war das Einmalige und nicht das Aiitögliche. Darum Christi Wort: „Wenn sie dieses Salböl über meinem Leib ausgoß, hat Sie es für mein Begräbnis getan." (Mt 26,12) Gewiß sollen wir Gott das Beste, zu dem wir persönlich fähig sind, geben: das Höchste an Qualität; ober das muß nicht das Teuerste im Material sein. Wir können ja Gott nichts schenken, was er nicht schon besäße, nichts, als das eigene Herz, das sich in Freiheit erschließt und sich Gott auch versagen kann. Prinzip Liturgie Liturgie ist personale Begegnung des Menschen mit Gott in der kirchlichen Gemeinschaft, der Gemeinde. Die Initiative zu diesem wie zu jedem Dialog zwischen Gott und Mensch geht von Gott aus. Gott spricht sein Wort, das unser Dasein erhellt — wir antworten darauf. Christus wird gegenwärtig in seiner Gemeinde — wir finden ihn dort. Er wird gegenwärtig im Sakrament — wir empfan gen ihn. In der Liturgie dürfen wir nicht nur ein Handein der Kirche sehen: Zuerst handelt Gott an uns. Liturgie meint nicht nur die heilige Messe. Sie umschließt auch die Sakramente, Sakramentalien, öffentlichen Gebete und das Stundengebet. Sie alle stimmen in ihrer Zeichenhaftigkelt überein. „Sie sind sinnfällige Zei chen heiliger, geistiger, unsichtbarer Dinge, die an sich dem Bereich unserer Sinne entzogen Sind'"." Dos heißt: Sie haben olle sakramentalen Charakter. Dabei sind aber sehr wohl primäre und sekundäre Zeichen zu unter scheiden, solche, die ihrer Natur nach auf die verborgene Gnodenwirkiichkeit hinweisen, und solche, die nur einer menschlichen Übereinkunft entspringen. Die ersteren sind ursprünglich und ihrem Wesen noch verständlich, darum auch bleibend, ihrer Zeichenhaftigkelt nach echte Sym bole; die letzteren sind abgeieitet, auf Erklärungen an gewiesen und haben allegorischen Charakter. Eine wich tige Aufgabe der liturgischen Erneuerung wird es sein, die eigentlichen sakramentalen Handlungen ihres ge schichtlichen Beiwerks zu entkleiden urrd in ihrer wesen haften Struktur freizulegen. Zusammenfassend können wir die Liturgie mit Voggagänl definieren als „Inbegriff der sinnfälligen, wirksamen Zeichen der Heiligung und des Gottesdienstes »der Kirche"". Zentraler liturgischer Vorgang ist die heilige Messe. Sie ist der Irtbegriff der Liturgie, weil sie der wirksamste Ausdruck der Heiligung ist, die der Mensch empfängt, und der Verehrurrg, die er Gott darbringt. Die Liturgie der Messe blickt zurück auf den Tod des Herrn: „Der Becher des Segens, den Wir segnen, Ist er nicht Teilhabe am Blute Christi? Das Brot, das wir brechen, Ist es nicht Teilhabe am Leibe Christi?" (1 Kor 10,16). Die Liturgie der Messe bückt aber auch hin auf die Wieder kunft des Herrn: „Sooft Ihr dieses Brot eßt und den Becher trinkt, verkündigt Ihr den Tod des Herrn, bis er kommt" (1 Kor 11,26). In der Messe feiern wir den Ur sprung und die Vollendung des Heils. Sie bildet „In dieser Zeit zwischen der ersten und zweiten Ankunft Christi dos Zentrum, wo unter dem Schleier wirkkräftiger Zeichen olle Phasen des Mysteriums Christi, der Heiisgeschichte, des Mysteriums der Kirche, aufleben und zusammen laufen"". Von der Froge noch dem Wesen der Liturgie äst die Frage noch ihrer Gestalt abzuheben. Davon hat meines Wissens
Romano Guardini als erster gesprochen. Er sagt: „Tra gende Grundgestait der Messe ist dos Mahl. Dos Opfer tritt in ihr nicht ais Gestalt hervor, sondern steht hinter dem Ganzen, nicht als Gestalt, sondern als Wirklichkeit, als Quelle, als Voraussetzung"." Wenn wir von der Gestait der Messe sprechen, so meinen wir ihre sichtbare Erscheinungsform. Jesus hat sein Abschiedsmahl in der überlieferten Form des jüdischen Mohies gefeiert. Dabei lag man nach antiker Sitte zu Tische. Jesus führte ais Hausvater den Vorsitz. Sehr schön sogt Heinrich Kahiefeid; „Hier bildet der Tisch die Mitte des Geschehens. Ihn umschließt der Ring der Feiernden. Dessen Anfang urvd Ende liegt beim Housvater, der im Namen aller den Lobspruch spricht. Der Lobspruch bezieht sich auf das Brot oder den Becher in seiner Hand über dem Tisch. Aber er steigt ous dem Ring um den Tisch nach oben auf zum ,König des Himmels'. Hier sind die primären sakramentalen Zeichenvorgänge, dos Gebet Jesu über Brot und Wein und die Austeilung und dos Essen und Trinken der heiligen Speise aufs engste verwoben mit den sekundären Momenten der Ordnung um den Tisch. Das Ganze bildet eine geschlossene Gestalt, die sich selbst interpretiert, und keiner architektonischen oder darstellerischen Hilfe — etwa durch eine Kuppel über dem Ort des Altares, die als Himmelsgewölbe verdeut licht wäre — bedarf"." Je größer die Gemeinde wunde, um so weniger war es möglich, am Tische zu sitzen'. Man stand auf und trat vom Tisch zurück; die Meßliturgie spricht von den „Circumstontes". Mit der Trennung der Kirche von der Synagoge und mit der Verlegung der Eucharistiefeier in die Morgenstunden wurde mit dieser ein Wortgottesdienst verbunden, der ihr vorausging. Es ist nun wichtig zu betonen, daß dieser Wortgottesdienst an sich eine andere Struktur und auch eine andere Gestalt hat Wie die Eucharistiefeier. Es handelt sich hier um ein Gegenüber von Bischof bzw. Presbyter und Gemeinde. Der Bischof führt in der Gemeindeversammlung den Vorsitz von seinem Präsidium aus. Nach dieser kurzen Darlegung des Wesens und der Gestalt der Liturgie noch ein Bück auf ihre Geschichte. Die Schiichtheit und der personale Charakter der ur sprünglichen Liturgiefeier wird im Laufe der Geschichte immer mehr von zum Teil schwer verständlichen Riten verdeckt. Mit der Einstufung der Bischöfe in die Beamten hierarchie unter Konstantin gehen die Ehrenrechte der Beamten auf sie über, so etwa dos Vorantragen von licht und die Proskynesis (der Kniefaii). in Byzanz wird der Gottesdienst mit stets größerem Glanz gefeiert, „der Klerus erscheint in prächtigen Gewändern, es wird Licht und Weihrauch aufgeboten, ein äußeres Zeremoniell mit Verbeugung und Proskynesis beginnt Sich zu entfalten. Formen breiten sich aus, wie sie bei festlichen Gelegen heiten das Auftreten des Kaisers und seiner höchsten Beamten umgoben"." Immer mehr wird Distanz zwischen das hi. Geheimnis und das Volk gelegt und damit das Eigentliche der Liturgie, die personale Begegnung zwi schen Gott und seinem Volke, erschwert. Chrysostomus spricht vom „schrecklichen Opfer", von der „schaurigen Stunde", da das Geheimnis vollzogen wird, vom „schreck lichen und furchtbaren Tisch"". In der Folge werden die Chorschranken erhöht, schließlich bildet sich in der Ost kirche die Ikonostase. In der Westkirche bahnt sich eine solche Entwicklung erst später an. Sie ist typisch für das Mittelalter. Nachdem die fremde Sprache schon eine erste Schranke des Mißverstehens zwischen Priester und Volk gelegt hatte, wird dies noch durch den Lettner architektonisch verfestigt. Die Rituolisierung der Messe führt zu einer Vermehrung der Kniebeugungen und Kreuzzeichen, was dem gotischen Prinzip der Wieder holung entspricht. Dos Trienter Konzil hat wohl manche Auswüchse beseitigt, aber den Grundcharakter der Messe, wie sie sich im späten Mittelalter darbot, nicht verändert. Diese Situation wurde immer drückender empfunden und führte Anfang dieses Jahrhunderts zur Liturgischen Bewegung, deren legitimes Anliegen durch die Liturgische Konstitution des ii. Vaticonums aufgenom men und zu einer Sache der Gesamtkirche gemacht wurde. Man kann nun die Liturgische Erneuerung nicht mehr als „Mode" abtun. Es handelt sich vielmehr darum, daß wir wieder zum Ursprünglichen und Wesentlichen vorstoßen. Um dos zu verdeutlichen, soll hier auf einige wichtige Aussagen der Liturgischen Konstitution besonders hin gewiesen werden: 1. Der gemeindliche Charakter des Gottesdienstes wird hervorgehoben. Christus ist nicht nur unter den eucharistischen Gestalten, sondern auch in der brüderlichen Gemeinde gegenwärtig (Nr. 7). Daraus ergibt sich 2. der Wunsch nach der tätigen Teilnahme des ganzen Volkes. Dos wichtige Prinzip der „Rollenverteilung" sieht vor, daß jedes Glied der Gemeinde die Teile und nur die Teile des Gottesdienstes betet oder singt, die ihm zukommen. Der Muttersprache soll ein gebührender Raum zugeteilt werden (Nr. 54). Es soll zu einem Dialog zwi schen Priester und Volk kommen. Im Hinblick auf diesen Dialog ist auch die Ermögiichung (nicht Vorschrift) der Ceiebratio versus populum zu sehen, die ohne Zweifei die dialogische Struktur des Gottesdienstes deutlicher macht. 3. Der früher meist als „Vormesse" bezeichnete Teil des Gottesdienstes hat eine Rangerhöhung erfahren. Den Gläubigen soll die Schatzkammer der Bibel weiter auf getan werden, so daß innerhalb einer bestimmten Zahl von Jahren die wichtigsten Teile der Hl. Schrift dem Volk vorgetragen werden (Nr. 51). 4. Bs wird grundsätzlich die Berechtigung einer Vielfalt in der Liturgie anerkannt und dem Prinzip Ausdruck ver liehen, daß die Liturgie an die verschiedenen Gemein schaften, Gegenden und Völker — besonders in den Missionsgebieten — angepaßt werden soll (Nr. 37). Solche Änderungen sollen freilich überlegt und sorgfältig geprüft werden". Weiche Folgerungen ergeben sich aus dem Gesagten für den Kirchenbau? Es sind nach unserer Uberzeugung hauptsächlich folgende zwei: 1. Der Wunsch noch einer Sammlung der Gemeinde um den Altar. Das ist wesentlich mehr als die schon lange erhobene Forderung noch Sichtbarkeit des Aitares von allen Plätzen der Kirche aus (die schon die Barockzeit anerkannt hat, womit die in liturgischer Hinsicht bereits wesentlich über den mittelalterlichen Kirchenbau hinaus ging). „Tätige Teilnahme" ist mehr als ein Zuschauen und Zuhören. Mit Recht hält Herbert Muck das Zweiraumgefüge (Chor — Schiff) für problematisch". Die Ent wicklung geht auch 'immer mehr weg vom schmalen, längsgerichteten „Wegraum" zu Kirchenbauten, die über einem quadratischen, querrechteckigen oder mehr oder wenig freien, aber zur Sammlung der Gemeinde bei tragenden Grundriß erbaut werden.
2. Der Wunsch nach einer Verdeutlichung der Struktur des Wortgottesdienstes durch Hervorhebung des Vor sitzes und eine sorgfältige Planung anderer Orte, wie des Ambo und des Platzes für die Schola und die Orgel. Wir können hier auf Einzelprobleme nicht eingehen und verweisen auf die Literatur'', möchten aber doch auf die grundsätzliche Schwierigkeit hinweisen, die beiden For derungen nach einer Sammlung um den Altar und nach einem Gegenüber Im Wortgottesdienst miteinander in Einklang zu bringen. In Parenthese sei angemerkt, daß es interessant zu beobachten Ist, daß man bei vielen Kirchenbauten der ausgehenden Antike versucht hat, diese Schwierigkeit durch eine Ortsveränderung zu lösen. Der syrische Kir chenbau hat das Präsidium des Bischofs mitten in der Kirche auf dem Bema; am Anfang der Eucharistiefeier begibt sich der Bischof zum Presbyterium, zur Apsis, wo sich der Altar befindet. Im Gegensatz dazu befand sich in den nordafrikanischen Kirchen der Altar in der Mitte der Kirche, während sich das Präsidium In der Apsls befand. Hier stieg also der Bischof mit seiner Assistenz am Beginn der Eucharistiefeier vom stark erhöhten Ort der Wortverkündigung in das Schiff der Kirche herab und feierte die Eucharistie inmitten des Volkes". Eine solche Ortsveränderung wird heute nur in besonde ren Fällen möglich und wünschenswert sein (man denke an die Studentenkapeile in Wien, Peter-3ordan-Straße von Ottokar Uhl). Bei allen anderen Kirchen wird es vieler Überlegungen bedürfen, bis die je richtige Lösung gefunden ist. 3. Wenn auch die Feier der Eucharistie der Gipfel der Liturgie ist, so Ist er doch nicht ihr einziger Ausdruck. Daher müssen in den Kirchen auch die Orte für die anderen Sakramente, besonders für die Taufe und die Buße, vorgesehen werden. Überdies steht der Kirchen raum auch dem einzelnen Beter offen, der hier Stätten der Andacht sucht. Aus all dem ergibt sich — wenigstens für die Pfarrkirche — der Wunsch nach dem differenzier ten Kirchenraum. 4. Immer häufiger wird die Frage nach dem Verhältnis der eucharlstischen Frömmigkeit zur sakramentalen An betung gesteilt. Die Liturgische Konstitution gibt keine eindeutige Antwort darauf. In der heutigen Theologie stellt sich das Problem iSO dar; Kein ermstzunehmender Theologe will die sakramentale Anbetung abschaffen, wohl ober treten führende Theologen für eine Verdeut lichung der Verschiedenheit der beiden Äußerungen der Liturgie ein, also des Geschehens während der Messe und der Anbetung außerhalb der Messe. Das führt zu dem Wunsch nach einer räumlichen Auseinanderlegung. 3. A. 3ungmann sagt dazu: „Man kann für die Messe eine Behinderung durch den Tabernakel auf dem Altar fest stellen, weil die Feier der Eucharistie durch die schon am Anfang vorhandene Gegenwart des Sakramentes in der Klarheit ihres Verlaufes beeinträchtigt wird"." Ais Ideal kann wohl die Feier der Eucharistie im Hauptraum, die Verehrung des Sakramentes in einem zum Hauptraum hin offenen, intimeren Raumtell bezeichnet werden. Gemeinde und Liturgie Um Mißverständnisse zu vermeiden, soll abschließend noch die Frage nach dem Verhältnis der beiden Prin zipien zueinander einer Antwort zugeführt werden. Die Reihenfolge, in der die beiden Prinzipien hier behan delt wurden, ist nicht als eine Rangordnung zu verstehen. Nur glauben wir, daß man zuerst über die Gemeinde sprechen muß, weil sie der Träger der Liturgie ist. Beide Prinzipien sind wesenhaft miteinander verknüpft. Ist doch „die Liturgie der Gipfel, dem dos Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle, aus der oll Ihre Kraft strömt" (Lit. Konst. Nr. 10). Wir glauben allerdings nicht, daß man beide Prinzipien auf ein einziges zurückführen kann. Denn einerseits „er schöpft 'sich in der heiligen Liturgie nicht das ganze Tun der Kirche; denn ehe die Menschen zur Liturgie hintre ten können, müssen sie zu Glauben und Bekehrung geru fen werden ... Denen ober, die schon glauben, muß sie (die Kirche) immer wieder Glauben und Buße verkünden und sie überdies für die Sakramente bereiten. Sie muß sie lehren, alles zu halten, was immer Christus gelehrt hat, und sie ermuntern zu ollen Werken der Liebe, der Frömmigkeit und des Apostolates. Durch solche Werke soll offenbar werden, daß die Christgläubigen zwar nicht von dieser Welt sind, daß sie aber Licht der Weit sind und den Vater vor den Menschen verherrlichen." (Lit. Konst. Nr. 9.) Eine Gemeinde, die zwar in der Kirche zusammenkäme, um die Liturgie zu feiern, diese Liturgie aber nicht als Auftrag verstände, die ganze Welt zu heiligen, wäre nicht die Gemeinde 3esu Christi. Darum kann die Gemeinde auch nicht Im Bau der Kirche allein ihre Aufgabe sehen, sie wird auch nicht nur ein ganzes Seelsorgezentrum schaffen, um anderen Aufgaben gerecht zu werden, Sie wird versuchen, die ganze Welt zu heili gen und zu gestalten, sie christlicher und damit mensch licher zu machen. Umgekehrt kann aber auch die Liturgie nicht auf die Gemeinde zurückgeführt werden. Wie wir gesehen haben, ist sie nicht nur und nicht einmal primär „Tun der Ge meinde". Vielmehr ist sie Handeln Gottes an uns und übersteigt damit alle menschlichen Kategorien um ein Unendliches. In ihr feiern wir das Pascha^Mysterium Christi und werden so In die Erlösung durch sein Blut hineingenommen. Ohne alle falsche „Sakralisierung" — die Abgrenzung einer sakralen Sphäre von einer pro fanen ist durch das Christentum grundsätzlich in Frage gestellt — sollte der Kirchenbau auch auf diese Dimen sion des liturgischen Geschehens verweisen. Anmerkungen: ^ F. Minuciüs, Octavius 32, 1; Tertuilian, De spect. 13. ' Yves Congar, Das Mysterium des Tempels, Salzburg 1960, 144. 8 Ib. 133. * Ferdinand Klostermann, Prinzip Gemeinde, Wien 1965, 20. 5 Ib. 76. « John Henry Newman, Development of Christian Doctrine. ' Günter Rombold, Raumqualitäten, Christi. Kunstblätter 102 (1964), 89 f. ® Heinrich Schlier, Epheserbrief, Düsseldorf 1958, 99. » Karl Ledergerber, Religion und Kunst in der Verwandlung, Köln 1961, 112. Cyprian Vogagglnl, Theologie der Liturgie. Einsiedein 1959, 29. " Ib 32. Vgl. zum Ganzen auch E. 3. Lengellng, Liturgie, in: Hand buch theologischer Grundbegriffe, München 1963, Band II, 75—97. 12 Vagaggini, Opus cit. 118. 12 Romano Guardini, Besinnung vor der heiligen Messe, Mainz 1939, 74. 1* Heinrich Kahlefeld, Christus und der Altar, in: Christi. Kunst blätter, Heft 3/1957, 7. 15 Josef Andreas Jungmann, Missarum solemnia, 5. Aufl., Wien 1962, Band I, 51. 1" Zitiert nach Jungmann, Opus cit., I, 50. 1' Vgl. dazu den besten deutschen Kommentar zur Konstitution von Emil Joseph Lengelinq, 2. Aufl., Münster 1965. " Herbert Muck, Die Gestaltung des Kirchenraumes nach der Liturgie reform, Münster 1966, 11. 1' Vgl. Herbert Muck, Opus cit. Dort wird auch die wichtigste Litera tur angeführt. 2" Johannes Wagner, Locus quo ecciesia congregatur, in: Lit. Jahr buch, 12. Jg. (1962), 161—174. Zahlreiche Grundrisse bringt Otto Nuß baum, Der Standort des Liturgen am christlichen Altar vor dem Jahre 1000, Bonn 1965, Band II. 21 Josef Andreas Jungmann, Glaubensverkündigung im Lichte der Froh botschaft, 125 ff. Derselbe, Geist und Leben, 33. Jg. (1960), 184—191.
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