Christliche Kunstblätter, 97. Jg., 1959, Heft 4

der Kaiser. Der Kaiser konnte im Gottesdienst gewisse Vorrechte genießen, was aber nicht, wie man öfters lesen kann, einer diakonaien Stellung des Augustes entspricht. Er konnte auch unter Umständen in Kirchen beratungen eingreifen, wie es Karl der Große tot. Das alles fußt aber auf seiner imperialen Stellung als Vertreter des V/eltenkönigs. Er ist ja auch der Ver teidiger und Vorkämpfer des Reiches Christi auf Erden. Diese Zusammenhänge sollten in den Bildern und Gegenständen, die mit dem Kaiser zusammenhängen, immer wieder gezeigt werden. Das hohe Mittelalter wurde nicht müde, in vielen, oft variierenden Darstel lungen von dieser Grundidee der kaiserlichen Sen dung zu künden. Daher greifen bei den Darstellungen und bei den Zeremoniclgeräten rund um den Kaiser kult V/eltliches und Kirchliches, antike Tradition und theologisch genau durchdachte Symbolik ineinander, daher stehen Helm und Lorbeerkranz und \A/eihrauchfaß und Vortragekreuz dicht nebeneinander. Darum gibt es aber auch liturgische Geräte aus kostbarem Material, die zum Kaiserkult gehören. Es muß aber auch gesagt werden, daß diese Hoch spannung der kaiserlichen Idee nicht von Dauer war. Schon im 12. Jahrhundert ist von der variierenden Schöpferkraft, die noch die Kunst um das ottonische Kaisertum beseelte, in dieser Hinsicht wenig mehr zu merken. Es mußte auch einmal zum Konflikt zwischen den beiden höchsten Gewalten auf Erden, zwischen Papst und Kaiser kommen. Letztlich war der Investitur streit diese grundsätzliche Entscheidung, aus der das Papsttum siegreich hervorging. Der Niedergang des Kaisertums war die vielleicht nicht sofort deutlich spürbare, auf die Dauer aber unausweichliche Folge. BERICHTE Franz Juraschek Der VIII. Internationale Frühmittelalter-Kongreß 1959 in Verona, Vicenza, Brescia In der Reihe der Kongresse, welche mit der DreiländerTagung 1949 in Linz an der Donau ihren Ausgang genom men hoben, lud Italien nun zum zweiten Male rund 100 Forscher aus Europa und den USA zu einer Arbeits tagung ein; sie sollte diesmal den Problemen des Fußboderimosoiks und der Stuckornamentik gewidmet sein. Man hätte mit solcher Einengung der Studienobjekte viel leicht eine sehr einseitige Schau durch die Brille des Spe zialisten befürchten können. Neuerlich erwies sich bei die ser Raffung des Thematischen die außerordentliche, stets befruchtende Lebendigkeit, welche den Kongressen der Frühmittelalter-Forschung eignet. Von wo immer man an eine Frage aus dieser Zeitperiode herantritt, zwangsläufig führt der Denkmälerbestand dazu, daß nicht nur das Bau werk, nicht nur die Bauornamentik, die Malerei, die Pla stik, nein, daß gleichzeitig auch das ganze kulturelle und kirchliche Leben, die Wirtschafts- und Verkehrsbedingun gen der Landschaft, die Rechtsverhältnisse und ein viel fältig verflochtenes Netz an Beziehungen zwischen den Nachbarn miteinbezogen ist. Gerade für die österreichische Forschung ergab sich so eine Fülle von neuen Perspektiven, wie sie die Ähnlich keit der historischen Entwicklung im Räume entlang der Brennerstraße beiderseits der Alpen bedingt und begün stigt hat. Schon dies erfreute uns, daß der Kongreß in Oberitalien genau so wie der vorangegangene 1958 in Wien und Körn ten überwiegend das 8. Jahrhundert in den Blickpunkt unserer Diskussionen gerückt hat und daneben auf die in Fundamenten aufgefundenen oder zum Teil noch stehen den Denkmäler der ausgehenden Spätantike verwies. Aus gleicher Gegenüberstellung waren wir Österreicher zu der Überzeugung gekommen, daß die Stammeskunst der Baiern — ungeachtet der sonstigen Einflüsse von Osten, Süden und Norden — wesentlich auf den ihnen noch be kannten Zeugen der provinzial-römischen Kultur eigen willig weiterbaute. Zu ganz ähnlicher Überlegung waren hier nun die italienischen Kollegen gekommen. Santo Stefano in Verona ist ein großräumiger Saalbau des 5 Jahrhunderts, der durch Umbauten in langobardischer, ottonischer und romanischer Zeit seine heutige, immer noch imponierende Gestalt mit dem Bischofsthron im oberen Chorumgang erhielt. Ist dieses Denkmal, so umstritten es auch mancherlei blieb, schon länger aus der Literatur bekannt, so haben jüngste Grabungen im Dombereich völlig unerwartete Aspekte der frühchristlichen Basilika aufgedeckt. Durch glückliche Fügung und das besondere Geschick der Aus gräber wurde es trotz völliger überbauung des Terrains gleichwohl möglich, die rund 70 m lange antike Kathedrale S. Mario Matricolare grundrißlich zu rekonstruieren. Ein reicher Bestand an erhaltenem Fußbodenmosaik (neben Reslen dekorativer Wandmalerei) fügte sich als erwünsch tes Material den Diskussionen dieses Kongresses glück lich ein. Ein weiteres Fußbodenmosaik, dos seine Inschriften zu einem wichtigen historischen Dokument erheben, hat man in großer Ausdehnung auch unter SS. Feiice e Fortunoto,

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